Börsen-Boom durch KI? Wann treibt Künstliche Intelligenz die Kurse von Aktien?

Palantir +1.000%, AppLovin +670%, Nvidia +460%. Viele Aktien, die an der Börse am stärksten mit Künstlicher Intelligenz in Verbindung gebracht werden, glänzten in den vergangenen drei Jahren mit atemberaubend hohen Renditen. Seit der Einführung von ChatGPT Ende 2022 scheint die Fantasie der Finanzmärkte rund um KI fast grenzenlos zu sein. Aber ist KI wirklich der nächste Börsen-Boom? Und welche Aktien profitieren in besonders hohem Maße von Künstlicher Intelligenz? In diesem Beitrag findest Du Antworten auf diese und weitere Frage rund um die Auswirkungen von KI auf die Börsenkurse.

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☝️ Das Wichtigste in aller Kürze

  • Künstliche Intelligenz ist ein Sammelbegriff für Technologien, die es Maschinen ermöglichen sollen, menschenähnliche Fähigkeiten zu entwickeln.
  • KI-Modelle werden heute auf Grundlage des maschinellen Lernens sehr großer Datenmengen trainiert.
  • Eine genaue Definition von KI-Aktien gibt es nicht. Auch Unternehmen außerhalb der Informationstechnologie können dazu zählen.
  • Die Börsen wurden in den vergangenen beiden Jahren vor allem durch die Kursgewinne der sogenannten „Magnificent Seven“ nach oben getrieben.
  • Zwischen den großen Technologiekonzernen ist ein Investitionswettlauf um die technologische Führungsposition bei KI-Anwendungen ausgebrochen.
  • Gegenwärtig gibt es keine Anzeichen für eine systematische Überbewertung von KI-Aktien an der Börse.

Die Stunde Null im November 2022

Es ist noch keine drei Jahre her. Im November 2022 sorgte das erst sieben Jahre zuvor gegründete Technologieunternehmen OpenAI für ein mediales Erdbeben, das weit über die Grenzen der Tech-Szene hinaus zu spüren war. Die Veröffentlichung des Chatbots ChatGPT kann man mit Fug und Recht den offiziellen Beginn des KI-Zeitalters nennen. Zwar forschen Unternehmen und akademische Institutionen schon seit mehreren Jahrzehnten an Künstlicher Intelligenz, aber mit der Einführung von ChatGPT wurde zum ersten Mal eine praktische Einsatzmöglichkeit von KI vorgestellt, die das Potenzial besitzt, das Arbeits- und Privatleben von Milliarden von Menschen zu revolutionieren.

Wie von Geisterhand recherchierte und geschriebene Texte sind jedoch nur die kleine Spitze einer gewaltigen Lawine an Einsatzmöglichkeiten von KI. Innerhalb von nicht einmal drei Jahren hat Künstliche Intelligenz so gut wie alle Industrien durchdrungen. Sie ermöglicht Sprachassistenten in allen Lebenssituationen, sie steuert Autos autonom durch den Verkehr, sie hilft bei der Wirkstoffforschung in der Pharmaindustrie, sie unterstützt bei der Bilderanalyse in der Medizin, sie personalisiert Werbung im Internet und sie stellt Empfehlungslisten für Produkte, Musik und Videos zusammen (um nur einige wenige Anwendungsbeispiele zu nennen).

Was ist eigentlich Künstliche Intelligenz?

Wie die Bezeichnung bereits zum Ausdruck bringt, handelt es sich bei Künstlicher Intelligenz um einen Sammelbegriff für Technologien, die es Maschinen ermöglichen sollen, menschenähnliche Fähigkeiten zu entwickeln. Sie sollen also in die Lage versetzt werden, wie ein Mensch Sinneseindrücke zu erfassen, zu verarbeiten und zu begreifen und auf dieser Grundlage eigenständig zu handeln, zu entscheiden und zu lernen.

Während KI in der Frühphase vor allem auf Grundlage programmierte Abläufe gelernt hat, wurde in den vergangenen Jahren das sogenannte „maschinelle Lernen“ immer wichtiger. Dabei erzeugt eine KI auf Basis riesengroßer Datenmengen (Big Data) Wissen aus Erfahrung. In der Praxis lernen KI-Modelle durch die ständige Wiederholung von Aufgaben und Beispielen, die Struktur von Daten zu erfassen und darüber Dinge bzw. Wissen zu verallgemeinern. Ihre Algorithmen bauen statistische Modelle auf, die sie in der Folge auf andere Aufgaben übertragen können.

Was sind KI-Aktien?

Eine genaue Definition bzw. Abgrenzung von KI-Aktien gibt es nicht. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Aktien von Unternehmen, die sich auf die Entwicklung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz spezialisiert haben. Viele Anleger machen den Fehler, KI nur als Teilbereich der Informationstechnologie zu sehen und deshalb nur IT-Unternehmen als KI-Aktien zu sehen.

Aber die Tragweite von Künstlicher Intelligenz geht weit über den IT-Sektor hinaus. KI kann in allen Bereichen des täglichen Lebens eingesetzt werden. Vor allem in Sektoren, in denen sehr viele Daten vorhanden sind, wie beispielsweise im Gesundheitswesen, der Pharmaindustrie oder der Finanzbranche, gibt es zahllose Möglichkeiten für den gewinnbringenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Aber auch in Branchen mit sehr komplexen technologischen Herausforderungen, beispielsweise der Automobilindustrie und der Robotik, spielt KI eine entscheidende Rolle.

Vor diesem Hintergrund können inzwischen sehr viele Wertpapiere als KI-Aktien im weiteren Sinne bezeichnet werden. Wie groß die Bedeutung und der Einfluss Künstlicher Intelligenz auf eine Aktie ist, musst Du im Einzelfall selbst klären.

Wie treibt KI die Kurse von Aktien?

Zu den größten Profiteuren des KI-Booms an den Börsen zählten zweifellos die sogenannten „Magnificent Seven“. Hinter diesem Begriff verbergen sich sieben der größten Technologieunternehmen der Welt, die da sind: Alphabet, Amazon, Apple, Meta Platforms, Microsoft, Nvidia und Tesla.

Der Börsenwert dieser „Glorreichen Sieben“ ist im Zweijahreszeitraum von Anfang 2023 bis Ende 2024 um sage und schreibe 150% auf fast 18 Billionen US$ gestiegen. Zugegebenermaßen eine ziemlich abstrakte Zahl. Um sie besser greifbar zu machen: Diese Summe entspricht in etwa der gesamten Wirtschaftsleistung der Eurozone.

Aber auch die Kurse zahlreicher weiterer Aktien haben in den vergangenen zwei Jahren massiv von der Ausbreitung Künstlicher Intelligenz profitiert. Wie im letzten Abschnitt dargestellt, handelt es sich dabei nicht nur um Unternehmen aus der IT-Branche.

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Die Glorreichen Sieben im Rampenlicht

Die Magnificent Seven stehen zweifellos im medialen Rampenlicht bei der Berichterstattung über KI. Kaum eine Woche vergeht ohne eine KI-Neuigkeit von einem der genannten Technologiekonzerne.

Wenn es den Inbegriff einer KI-Aktie gibt, dann ist es fraglos die Nvidia-Aktie. Der Chipkonzern hat in den vergangenen Jahren die technologische Führungsrolle bei der Entwicklung von Hochleistungshalbleitern für den Einsatz für KI-Anwendungen übernommen. Schätzungen zufolge stammen derzeit über 80% der in den modernsten Rechenzentren verbauten Chips von Nvidia.

Neben Nvidia sind es die Technologiegiganten Alphabet und Microsoft, die Künstliche Intelligenz am sichtbarsten im Alltag einsetzen. Beide Konzerne setzen KI als Unterstützung in ihren Suchmaschinen und sonstigen Software-Produkten ein. Auch bei Amazon, Apple und Meta Platforms kommt KI bereits in zahlreichen Anwendungen zum Einsatz. Und Tesla nutzt KI nicht nur, um autonom fahrende Autos auf die Straße zu bringen, sondern auch, um humanoide Roboter zu konstruieren.

Ein Investitionswettlauf ist in vollem Gange

Seit Anfang 2025 ist der KI-getriebene Börsen-Boom allerdings merklich abgekühlt. Der Grund: Viele Experten befürchten, dass Technologiekonzerne zu viel in die Technologie in Form von Forschung und Entwicklung sowie den Bau gewaltiger Rechenzentren investieren.

Diese Sorge vor Überinvestitionen ist angesichts der kolportierten Investitionssummen in Künstliche Intelligenz nicht ganz von der Hand zu weisen. Alleine die vier Technologiekonzerne Alphabet, Meta Platforms, Microsoft und Nvidia wollen in den kommenden Jahren mehr als 300 Milliarden US$ in neue Datenzentren investieren. Alphabet-Chef Sundar Pichai brachte es mit folgenden Worten auf den Punkt: „Das Risiko einer Unterinvestition ist für uns dramatisch größer als das Risiko einer Überinvestition."

Beim KI-Boom handelt sich demnach um ein Wettrennen, bei dem sich Konzerne über massive Investitionen eine Führungsposition erkaufen wollen, die ihnen andere Unternehmen zukünftig nicht mehr streitig machen können. Diese Strategie mag aufgehen, aber nicht zwingend. Ihr Erfolg hängt von zwei Faktoren ab:

Zum einen müssen sich die getätigten Milliardeninvestitionen in Künstliche Intelligenz selbstverständlich lohnen. Das bedeutet, dass Unternehmen darüber Produkte oder Leistungen schaffen, für die Kunden bereit sind, Geld auszugeben. Oder sie erhöhen zumindest die Bindung von Kunden an ihr Unternehmen. Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen. Bislang sind fast alle KI-Anwendungen kostenlos.

Zum anderen darf es keine technologischen Neuerungen geben, die die KI-Milliardeninvestitionen mehr oder weniger obsolet machen. Ein Schockmoment in diesem Zusammenhang ereignete sich erst im Januar 2025. Ein chinesisches Startup namens DeepSeek veröffentlichte zum Jahresbeginn ein KI-Sprachmodell, das angabegemäß mit deutlich geringeren Ressourcen auskommt als Wettbewerbssysteme wie ChatGPT.

Diese Nachricht erzeugte Schockwellen an den Börsen und schickte die Kurse von Technologieaktien in den Keller. Viele Pessimisten sahen sich darin bestätigt, dass vor allem US-Konzerne unnötigerweise viel zu viel Geld in die Erweiterung ihrer Recheninfrastruktur investierten. Ob DeepSeek tatsächlich mit geringeren Rechenressourcen auskommt als andere KI-Modelle, ist bis heute Gegenstand hitziger Debatten und lässt sich kaum unabhängig prüfen.

Sind KI-Aktien überbewertet?

Aufgrund der starken Kursentwicklung von KI-Aktien in den vergangenen drei Jahren treibt viele Anleger die Sorge um, dass es sich bei Investments in Künstliche Intelligenz an der Börse inzwischen um eine Blase handelt. Erinnerungen an die sogenannten „Dot-Com“-Blase zu Beginn der Jahrtausendwende werden dabei wach. Seinerzeit schossen die Kurse von Technologieunternehmen auf Basis des Internet-Hypes durch die Decke, um danach in einem fatalen Crash zu enden, der viele Anleger um ihre Ersparnisse brachte. Viele Anleger befürchten deshalb, dass die KI-Blase in ähnlicher Weise zerplatzen wird.

Diese Sorge ist jedoch nicht angebracht, und zwar aus einem wesentlichen Grund, der die jetzige Situation vom Dot-com-Crash vor 25 Jahren unterscheidet. Fast alle Unternehmen, deren Aktienkurse in jüngster Vergangenheit durch die KI-Euphorie nach oben getrieben wurden, haben etablierte Geschäftsmodelle und verdienen gutes Geld. Das gilt vor allem für die weiter oben beschriebenen Magnificent Seven. Schätzungen zufolge erwirtschafteten diese sieben KI-Spitzenreiter im vierten Quartal 2024 einen atemberaubend hohen Nettogewinn von rund 130 Milliarden US$. Ihre Nettogewinnmarge lag bei fast 26%. Im Gegensatz zur Jahrtausendwende, als der Hype um Technologieaktien im Wesentlichen von jungen und unprofitablen Unternehmen getragen wurde, basiert der Börsen-Boom durch KI auf den soliden und äußerst profitablen Geschäftsmodellen von Tech-Großkonzernen.

Ein weiteres Argument, dass Anlegern die Sorge vor einer KI-Blase an der Börse nehmen sollte, ist die Unternehmensbewertung der meisten Technologiekonzerne. Diese liegt im Durchschnitt erheblich unter den Werten zu Zeiten der Dot-com-Blase. Am besten lässt sich das am Beispiel von zwei der größten und ältesten Technologiekonzerne darstellen: Microsoft und Oracle. Während die beiden Technologieurgesteine zur Jahrtausendwende zeitweise mit dem 150-Fachen (Oracle) bzw. 70-Fachen (Microsoft) ihres Unternehmensgewinns bewertet waren, liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis beider Konzerne aktuell bei ca. 35. Mit Tesla ist derzeit lediglich eines der Unternehmen der Magnificent Seven Gruppe sehr ambitioniert bewertet.

Künstliche Intelligenz wird weiter ein Kurstreiber sein

Künstliche Intelligenz durchdringt gegenwärtig mit atemberaubend hoher Geschwindigkeit unsere Arbeits- und Lebenswelt. Es gibt kein Unternehmen und keine Branche, die von den Möglichkeiten der KI unberührt bleibt. Selbst äußerst kreative Tätigkeiten, von denen man bislang dachte, sie wären Menschen vorbehalten, können bereits in weiten Teilen von KI-Systemen übernommen werden. Vor allem in Situationen, in denen es darum geht, die richtigen Rückschlüsse aus großen Datenmengen zu ziehen, ist Künstliche gegenüber menschlicher Intelligenz klar im Vorteil.

Trotzdem steckt Künstliche Intelligenz erst in den Kinderschuhen. Die heutigen KI-Anwendungen stellen nur die Spitze eines Eisbergs dar, dessen Größe niemand auch nur annähernd abschätzen kann. Demzufolge klaffen die Schätzungen des Marktpotenzials von KI verschiedener Experten sehr weit auseinander.

Klar ist nur, dass Künstliche Intelligenz in vielen Bereichen disruptive Veränderungen auslösen wird. Der Mensch wird in den kommenden Jahren bei vielen Tätigkeiten die Arbeit Computersystemen oder (humanoiden) Robotern überlassen. Unternehmen, die bei diesen disruptiven Veränderungen technologische Führungsrollen übernehmen, werden auch weiterhin einen Boom an der Börse erleben.