Chinas Wirtschaft bröckelt: Wie stark bedroht die Krise die Aktienmärkte?

Nach vier Jahrzehnten rasanten Aufstiegs steckt China in einer Wirtschaftskrise. Die zweitgrößte Volkswirtschaft schwächelt: Wachstum sinkt, Konsum lahmt, Bevölkerung schrumpft, Immobilienmarkt wankt – und der Handelskrieg mit den USA verschärft die Lage. Was bedeutet dies für Chinas Zukunft und seine Aktienmärkte? Hier erfährst du, warum die chinesische Wirtschaft bröckelt und welche Folgen das hat.

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☝️ Das Wichtigste in aller Kürze

  • Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft ist von über 8% pro Jahr zu Vor-Corona-Zeiten auf unter 5% gefallen.
  • Aufgrund des zu niedrigen Inlandskonsums befindet sich die chinesischen Wirtschaft inzwischen in einer Deflation.
  • Die größte langfristige Herausforderung Chinas ist die niedrige Geburtenrate und die starke Überalterung der Gesellschaft.
  • Die Krise des chinesischen Immobilienmarkts ist immer noch nicht ausgestanden.
  • Ein Handelskrieg mit den USA könnte für die Wirtschaft und Börsen Chinas verheerende Folgen haben.
  • Die chinesischen Aktienmärkte haben sich im internationalen Vergleich in den letzten Jahren sehr schwach entwickelt.

Jede Menge Schwierigkeiten und Herausforderungen

Die chinesische Wirtschaft steht immer noch vor Schwierigkeiten und Herausforderungen. Die Weltwirtschaft schwächelt und die geopolitischen Konflikte verschärfen sich. Der Handelsprotektionismus verschärft sich. Und auch die Inlandsnachfrage ist unzureichend.

Viel besser als Kang Yi, der Leiter des Nationalen Statistikbüros Chinas, lässt sich die Misere der chinesischen Wirtschaft nicht auf den Punkt bringen. Seit der Corona-Pandemie ist der Faden des ewig starken Wirtschaftswachstums gerissen. Inzwischen muss sich die Staatsführung in Peking mit Wachstumsraten von rund 5% zufriedengeben.

Die Ursachen für die anhaltende Schwäche der chinesischen Wirtschaft sind vielfältig. Sie reichen von einem zu geringen Inlandskonsum über den Rückgang der Bevölkerung und die Krise am Immobilienmarkt bis zu den neuen Handelskonflikten. In diesem Beitrag erfährst Du, was im Einzelnen in Chinas Wirtschaft schiefläuft und wie sich diese Fehlentwicklungen auf die chinesische Börse auswirken können.

Ein zu geringer Konsum

Über Jahrzehnte glänzte die Wirtschaft Chinas mit atemberaubenden Wachstumsraten von 8% und mehr. Doch seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist alles anders. 2024 ging das Wirtschaftswachstum der asiatischen Wirtschaftsmacht auf knapp 5% zurück. Für 2025 gehen Experten von einem weiteren Rückgang auf ca. 4,5% aus.

Offizielle Statistiken der Volksrepublik sind bekanntermaßen mit Vorsicht zu genießen. Manch China-Experte geht davon aus, dass das tatsächliche Wirtschaftswachstum des Landes 2 bis 3% unter den von der Regierung veröffentlichten Zahlen liegt.

Fakt ist, dass das Wirtschaftswachstum Chinas seit Jahren bröckelt, und Besserung ist nicht in Sicht. Schätzungen zufolge werden die Wachstumsraten der Wirtschaft in den kommenden fünf Jahren weiter auf ca. 3% fallen.

Ein besonders gefährlicher Faktor im Zusammenhang mit der chinesischen Wachstumsschwäche ist das Vorhandensein einer Deflation. 2024 fiel das Preisniveau Chinas das zweite Jahr in Folge und stellt damit den längsten Preisrückgang seit den 1960er-Jahren dar. Hauptursache für die Deflation ist die Struktur der chinesischen Wirtschaft.

Über Jahrzehnte hat das Land auf Investitionen und Exporte als Wirtschaftsmotor gesetzt und dabei die Inlandsnachfrage als Wachstumstreiber vernachlässigt. Diese Politik hat China zwar zu einer industriellen Großmacht gemacht, aber nun scheint sie sich zu rächen.

In vielen Sektoren herrschen Überkapazitäten, die Jugendarbeitslosigkeit ist mit ca. 15% erschreckend hoch, der Immobiliensektor ist zu einem Problemfall geworden (mehr dazu später) und nun zeichnet sich auch noch ein Handelskrieg mit den USA ab.

Die Reaktion auf diese Entwicklungen ist, dass die chinesischen Konsumenten ihr Geld zusammenhalten und zu wenig konsumieren. Im zweiten Halbjahr 2024 ging der sogenannte „Einkommenszuversichtsindex“ der chinesischen Zentralbank, ein Gradmesser für die Konsumstimmung im Land, auf 45,6% zurück. Zur besseren Einordnung: Das sind 4,4 Prozentpunkte weniger als im ersten Quartal 2022, als die Zentralregierung in Peking strengste Kontrollen zur Eindämmung des Corona-Virus verhängte und die Wirtschaft in eine Art Schockstarre versetzte.

Gleichzeitig stieg die Sparquote in China im vergangenen Jahr auf 55%, 11,2 Prozentpunkte mehr als 2023 und damit auf den höchsten Stand seit 1952.

Bislang ist es der chinesischen Zentralregierung trotz zahlreicher Maßnahmen zur Ankurbelung des Inlandskonsums nicht gelungen, die deflationäre Entwicklung zu stoppen. Solange die chinesischen Konsumenten nicht das Gefühl haben, dass sich ihre wirtschaftlichen Aussichten verbessern und die Preise nicht weiter zurückgehen werden, dürfte Peking damit kaum Erfolg haben.

Zu wenige Kinder und zu viele Alte

Das langfristig wahrscheinlich gravierendste Problem der chinesischen Wirtschaft ist die Bevölkerungsentwicklung des Landes. Über Jahrzehnte war China das mit Abstand bevölkerungsreichste Land der Welt. Doch die jahrzehntelange Ein-Kind-Politik der Regierung hat inzwischen massive Folgen für die Bevölkerungsstruktur des Riesenreiches. Seit 2022 schrumpft die Bevölkerung Chinas. In den beiden vergangenen Jahren hat das Land rund sechs Millionen Einwohner verloren und wurde 2024 von Indien als bevölkerungsstärkstes Land der Welt abgelöst.

Die Geburtenrate Chinas ist erschreckend niedrig. Mit 6,39 Geburten pro 1.000 Einwohnern erreichte sie 2023 einen neuen Negativrekord. Die Dramatik der Bevölkerungsentwicklung zeigt ein Blick in die Zukunft. Bis 2050 wird Chinas Einwohnerzahl Schätzungen zufolge um 160 Millionen zurückgehen.

Längst hat Chinas Staatsführung dieses Problem erkannt. Die strikte Ein-Kind-Politik wurde bereits vor Jahren abgeschafft, aber die jungen Generationen des Landes reagieren darauf nicht wie gewünscht mit der Gründung größerer Familien. Das liegt im Wesentlichen an zwei gesellschaftlichen Trends: Zum einen konzentrieren sich auch in China immer mehr Frauen in jungen Jahren auf ihre Karriere und verschieben die Familiengründung auf einen späteren Zeitpunkt. Zum anderen hat sich das Leben in den chinesischen Ballungsräumen in den letzten Jahrzehnten so stark verteuert, dass sich viele Paare schlichtweg nicht mehr als ein Kind leisten können.

Gleichzeitig überaltert Chinas Bevölkerung mit rasantem Tempo. Liegt der Anteil der Über-60-Jährigen gegenwärtig bei knapp unter 15%, wird er bis zum Jahr 2050 auf über 30% der Bevölkerung ansteigen.

Diese Bevölkerungsentwicklung stellt gleich eine doppelte Krise für China dar: einerseits für die Wirtschaft und andererseits für den Sozialstaat. Die geringe Zahl an jungen Menschen wird in den kommenden Jahren eine veritable Krise auf dem chinesischen Arbeitsmarkt auslösen.

Im Gegensatz zu Deutschland, den USA und anderen Wirtschaftsmächten verzichtet China bislang auf Einwanderung als Mittel, um den drohenden Arbeitskräftemangel auszugleichen. Bislang war das kein großes Problem für die chinesischen Wirtschaft, aber es wird in den kommenden Jahren zu einem. Dem Land bleibt letztlich nur die Wahl, eine Vielzahl von Tätigkeiten zu automatisieren oder doch Zuwanderung zu erlauben, um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren.

Mindestens genauso kritisch dürfte die Bevölkerungsentwicklung für Chinas Rentensystem und Gesundheitswesen werden. Die massive Alterung der Bevölkerung wird die Renten- und Krankenkassen des Landes vor gewaltige finanzielle Herausforderungen stellen. Einige China-Experten gehen davon aus, dass die Rentenkassen bereits in zehn Jahren in Finanzierungsschwierigkeiten stecken werden.

Ein instabiler Immobilienmarkt

Die unheilvolle wirtschaftliche Entwicklung befeuert in Kombination mit dem Bevölkerungsrückgang einen weiteren Krisenherd Chinas, und zwar den Immobilienmarkt. Mit einem BIP-Anteil von ca. 30% ist er eine der tragenden Säulen der chinesischen Wirtschaft.

Über Jahrzehnte boomte Chinas Baubranche. In atemberaubendem Tempo schossen Hochhäuser und Neubausiedlungen wie Pilze aus dem Boden. Doch das Tempo war vielerorts zu hoch und überschuldete Bauträger konnte ihre Finanzierungen nicht mehr bedienen. Die Folgen sind bekannt: Viele Bauprojekte wurden nicht fertiggestellt, die Immobilienpreise fielen, an der Börse kollabierten die Aktienkurse von Immobilienkonzernen und Millionen von Chinesen verloren einen Großteil ihrer Ersparnisse. Diese Faktoren wirken sich bis heute negativ auf die Kauflaune der Konsumenten aus.

Seit Jahren versucht die chinesische Zentralregierung diese Abwärtsspirale zu durchbrechen, indem sie Milliardensummen in den Immobilienmarkt pumpt und viele Regularien in Bezug auf den Kauf und Verkauf von Immobilien aufweicht. Bislang zeigten diese Bemühungen allerdings nur geringe Erfolge.

Und nun auch noch Zölle aus den USA

Bereits im Wahlkampf kündigte Donald Trump die Einführung von Zöllen an. Doch die Schärfe der Handelspolitik des neuen US-Präsidenten überraschte selbst Fachleute. Trump führte Ende März 2025 einen Mindestzoll in Höhe von 10% für alle Länder der Welt ein und überzog die meisten Staaten mit deutlich höheren Zusatzzöllen. Sein Ziel: die negative Handelsbilanz der USA mit vielen Ländern auszugleichen.

Als Hauptgegner machte Trump China aus, das Land, mit dem die Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten das größte Handelsdefizit haben. 2024 importierten die USA Waren im Wert von fast 300 Milliarden US$ mehr aus China, als sie dorthin exportierten.

Um dieses Handelsdefizit auszugleichen, erheben die USA seit April 2025 Zölle auf chinesische Waren in Höhe von 145%. Bei elektronischen Geräten, die für die USA eine handelsstrategische Bedeutung haben, wurde der Zollsatz auf 20% reduziert. Ob es bei diesen Zöllen in Zukunft bleiben wird, kann Stand heute niemand sagen. Zu erratisch ist die Handelspolitik der Trump-Administration.

In diesem Zusammenhang interessant: Die aktuellen politischen Spannungen sorgen für massive Umschichtungen am Kapitalmarkt – unser exklusiver Report „Danke, Trump“ analysiert, welche europäischen Unternehmen davon enorm profitieren werden.

Für Chinas Wirtschaft und Börse, die größtenteils von der Exportorientierung der Unternehmen des Landes leben, stellen die neuen US-Zölle eine riesige Gefahr dar. Das chinesische Wirtschaftsmodell basiert bis heute darauf, dass das Land die verlängerte Werkbank der Welt ist. 20% des chinesischen Bruttoinlandsprodukts werden vom Export getragen. Mit einem Anteil von rund 15% an den Gesamtexporten sind die USA der wichtigste Handelspartner Chinas. Ein „Wegfall“ dieses Handelspartners hätte gravierende Folgen für Chinas Wirtschaft.

Gleichzeitig steigt auch der Druck vonseiten der Europäischen Union auf die asiatische Wirtschaftsmacht. Während die EU über Jahrzehnte angesichts der guten Geschäfte, die europäische Unternehmen im Reich der Mitte machten, beide Augen vor staatlichen Subventionen und Dumpingpreisen chinesischer Produkte verschloss, ist dieser Kuschelkurs inzwischen zu Ende. Auch Brüssel vertritt inzwischen wesentlich nachdrücklicher seine wirtschaftlichen Interessen gegenüber Peking. Auch dies könnte die Wirtschaft Chinas in den kommenden Jahren zusätzliches Wachstum kosten.

Die chinesische Börse schwächelt seit langem

Die Krise der chinesischen Wirtschaft zeigt sich schon seit langem an den internationalen Finanzmärkten. Der Hongkonger Hang Seng Index als internationales Barometer für die Börse Chinas notiert gegenwärtig (Stand Ende April 2025) auf dem Niveau von Mitte 2015. Im Klartext: In den vergangenen zehn Jahren hat die chinesische Börse keine Kursgewinne mehr verzeichnet. Das ist im internationalen Vergleich mit den wichtigsten Indizes Europas, Amerikas und Asiens ein Armutszeugnis. Seit Anfang 2024 befindet sich der Aktienmarkt Chinas zwar wieder in einem Aufwärtstrend, aber die Kursschwankungen chinesischer Aktien sind sehr hoch und haben sich durch den Handelskonflikt mit den USA noch verschärft.

Wie die Zukunft der chinesischen Aktienmärkte angesichts der aktuellen Krise der chinesischen Wirtschaft und der globalen Handelskonflikte aussehen wird, lässt sich derzeit nur schwer vorhersagen. Sollten sich die USA und China in ihrem Handelskonflikt auf einen Abbau des US-Handelsdefizits verständigen können und die USA im Gegenzug ihre Zusatzzölle zurücknehmen, dürften die Kurse chinesischer Aktien mit Kurssprüngen reagieren.

Dies wird aber voraussichtlich nur eine kurzfristige Reaktion bleiben. Langfristig entscheidet die Gesundheit der chinesischen Wirtschaft über das Wohl und Wehe der Aktienmärkte. Und in dieser Beziehung steht der Zentralregierung in Peking noch sehr viel Arbeit bevor.

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