Mistrades an der Börse: Wieviel Zeit bleibt, um den Fehler zu beheben

Es geschieht selten, hat aber mitunter weitreichende Folgen: ein Mistrade. Wie gehen Marktteilnehmer, Broker und Börsenbetreiber mit Fehlern um, die sich durch menschliches Versagen eingeschlichen haben? Dieser Frage gehen wir im heutigen Wissensbeitrag nach.  

stock.adobe.com/AnuStudio

Menschliches Versagen an der Börse  

Unter einem Fat-Finger-error (zu Deutsch: „Dicke-Finger-Fehler“) versteht man die fehlerhafte Eingabe auf der Computertastatur bei der manuellen Erfassung von Börsengeschäften.  

In den meisten Fällen handelt es sich bei den Tippfehlern um Zahlendreher, nicht marktgerechten Preisen oder einer Null zu viel. Gerade letzteres führt regelmäßig zu Mistrades, bei denen höhere Beträge angegeben werden, als vom Anleger beabsichtigt wurden.  

In diesem Zusammenhang interessant: Der Kapitalmarkt erlebt derzeit eine massive Umschichtung, die kein Fehl-Trade ist – unser exklusiver Report „Europa schlägt zurück“ analysiert drei europäische Unternehmen mit vollen Auftragsbüchern, die jetzt besonders attraktive Einstiegschancen bieten.

Time is running  

Für den Fall, dass Anleger einen Mistrade auslösen, bieten Börsen eng umgrenzte Zeitfenster, um den fehlerhaften Handel zu korrigieren.  

An der New York Stock Exchange (NYSE) oder an der Technologiebörse NASDAQ müssen Trader innerhalb von 30 Minuten den Fehler melden. Daraufhin leitet die zuständige Aufsicht den Prüfungsprozess (request for review) ein und teilt dem Anleger zeitnah mit, ob die Order gecancelt wird.  

An der London Stock Exchange (LSE) gilt dasselbe Zeitfenster wie an den US-amerikanischen Handelsplätzen. In Singapur (SGX) hingegen haben Anleger 60 Minuten Zeit, um Mistrades zu kommunizieren.  

An der Frankfurter Wertpapierbörse wird Anlegern eine Frist von maximal 2 Handelsstunden eingeräumt, um einen Mistradeantrag zu stellen.   

Beispiele für Mistrades 

Obwohl es kontraintuitiv erscheint, dass im Zeitalter des computergestützten Börsenhandels menschliche Fehler eintreten, begegnet man dem Phänomen regelmäßig. Hierzu einige Beispiele: 

Im Jahr 2014 platzierte ein japanischer Broker buy orders für 42 Aktien in Höhe von 617 Milliarden Yen. Darunter waren mehrheitlich Blue Chips wie Toyota, Honda und Nomura. Die Korrektur der Order folgte wenige Stunden später. Wäre der Auftrag umgesetzt worden, entspräche das gehandelte Volumen der gesamten Wirtschaftskraft Schwedens.   

Eine weitere Episode ereignete sich 2018 bei der Deutschen Bank. Als institutioneller Anleger wollte die Bank ihren Verpflichtungen im Derivate-Geschäft nachkommen und Geld auf ihr Eurex-Konto bei der Deutschen Börse überweisen. Dabei wurden versehentlich 28 Milliarden Euro überwiesen – zum Zeitpunkt des Handelsgeschäfts mehr als die Marktkapitalisierung der Deutschen Bank.  

Ein drittes und letztes Beispiel illustriert die mögliche Tragweite eines fat-finger-errors. Dieses Mal handelt es sich um den südkoreanischen Elektronikhersteller Samsung. Bei der Auszahlung von Dividenden an 2000 Mitarbeiter, die am Aktienoptionsplan partizipierten, wurde nicht der fällige Betrag überwiesen, sondern 2,8 Milliarden Aktien übertragen. Dies entsprach zum Zeitpunkt des Handels der 30-fachen Marktkapitalisierung von Samsung. Die Firma reagierte umgehend und meldete den Fehler.  

Obwohl der Schaden erfolgreich begrenzt werden konnte, fiel die Aktie am Tag des Vorfalls um satte 11 Prozent. Die Finanzaufsicht kritisierte die Börse und erklärte, dass ein solcher Fehler die Reputation des koreanischen Kapitalmarkts beschädige. Last but not least: Der südkoreanische Pensionsfonds, der National Pension Service, stellte jegliche Handelsaktivität während des Vorfalls ein.   

💸 sharedealsPlus: Jetzt Mitglied werden!

Echte Expertise und konkrete Tipps: Hebe Dein Depot mit Deutschlands erfolgreichster Aktien-Community auf das nächste Rendite-Level und profitiere von wahren Börsenstars! Hier erfährst Du mehr.

Weitere Börsenlexikon-Artikel lesen

Spin-off: Warum Konzerne sich neu erfinden
Unternehmensausgliederung
Stock Split: Was hinter dem Boom der Aktienteilungen steckt
Reverse Stock Split: Warum Firmen Aktien bündeln
Nennwerterhöhung
Rising Stars: Der Aufsteiger unter den Anleihen
Rating-Upgrade
Angel Bonds: Was echte Qualitätsanleihen ausmacht
Fallen Angels: Wenn einst sichere Anleihen zu Junk Bonds werden
Sell in May and go away? Ist die „Börsenweisheit“ noch zeitgemäß?
Saisonalität
Der Buffett-Indikator – in aller Kürze erklärt
Aktienmarkt-Bewertung
Krieg und die Börse: So reagieren Märkte wirklich
Wenn Kanonen donnern
Fear and Greed Index erläutert: Timing-Tool für clevere Anleger
Börsenbarometer
Goldpreis-Explosion: Steht ein Superzyklus bevor?
Rohstoff-Investments
Call-Optionen: Rendite-Turbo oder Risiko-Falle?
Futures-Handel: So funktionieren die Derivate-Riesen
Terminbörse: Was du wissen musst – kurz & klar erklärt
Hexensabbat: Was Du über den Showdown an den Terminbörsen wissen musst
Europäische vs. amerikanische Optionen: Diese Ausübungstypen musst du kennen
In-the-money (ITM), at-the-money (ATM) und out-of-the-money (OTM) – was es bedeutet
Optionen
Short Straddle: Warum diese Börsen-Strategie Banken ruinieren kann
Long Straddle: Die Grätsche für Optionshändler
Protective Put: Optionsstrategie als Rettungsring im Börsensturm
Automatisierter Handel: Wie Bots die Börse erobern
Trend-Trading: Kurskanäle kennen und nutzen
Gap-Trading: Warum Trader auf Kurslücken setzen
January Barometer: Was steckt hinter der Börsen-Prognose?