Wir nähern uns mit großen Schritten dem Monatsende. In diesen letzten Handelstagen begegnet uns ein häufig untersuchtes Phänomen des Aktienmarktes: der end of the month effect. Was es mit dieser Kalenderanomalie auf sich hat, ist Thema des heutigen Wissensbeitrags.
Was ist der end of the month effect?
Der Monatsende-Effekt besagt, dass in den letzten Handelstagen des zu Ende gehenden Monats die Kurse von Aktien steigen und die Gewinne bis zum Beginn des neuen Monats weiterlaufen. Aus diesem Grund findet man gelegentlich die präzisere Bezeichnung „turn-of-the-month effect“.
Obwohl es keinen allgemein verbindlichen Konsens gibt, argumentiert eine Mehrzahl von Wirtschaftswissenschaftlern dafür, dass die ersten drei Handelstage des neu angebrochenen Monats statistisch relevant sind.
Kulturelle Gründe für den Effekt
Interessanterweise zählt der Monatsende-Effekt zu den stabilsten Mustern am Kapitalmarkt. Zu den möglichen Ursachen für dieses häufig wiederkehrende Phänomen werden zwei Begründungen herangezogen. Zum einen erhalten die meisten Menschen ihre Löhne für getane Arbeit sowie Zinsen auf Einlagen oder Dividenden am Ende des Monats ausgezahlt. Kurz: Die Liquidität der retail investors nimmt zu.
Zum anderen gibt es eine Reihe von Studien, in denen das Verhalten institutioneller Investoren untersucht wurde. In diesen Arbeiten wurde die Hypothese aufgestellt, dass mit der Bereinigung verlustbringender Positionen und dem Kauf von Gewinneraktien die Portfolios großer Pensions- und Hedgefonds restrukturiert werden. Dieser Vorgang wird auch als „window dressing“ bezeichnet und bedeutet wörtlich übersetzt „Schaufensterdekoration“.
Window dressing ist eine weit verbreitete Methode unter institutionellen Investoren, um die Portfolios von Investmentfonds vor der öffentlichen Berichterstattung aufzuhübschen. Um in der Metapher zu bleiben: Die Auslage des Schaufensters wird attraktiv dekoriert, ohne dass man das Geschäft dahinter erkennen kann.
Statistische Belege für den Effekt
Zieht man den industrielastigen Dow Jones als historisch belastbaren Index für die Belegung des Effektes heran, zeigt sich eine erstaunliche Entwicklung. Eine Entwicklung, die die beiden Ökonomen Lakonishok und Smidt in ihrer Studie für eine Zeitspanne von 90 Jahren nachwiesen. Zwischen 1897 und 1986 wurde der größte Teil des jährlichen Durchschnittsertrags (average annual return) am Ende und am Anfang eines Monats realisiert.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen die beiden spanischen Wirtschaftswissenschaftler Carshano und Tornero für den marktbreiten S&P 500. So bestätigten sie, dass „dass der Monatswechseleffekt (turn-of-the-month-effect) in S&P 500-Futures-Kontrakten der einzige Kalendereffekt ist, der statistisch und wirtschaftlich signifikant und über die Zeit anhaltend ist.“