Equinor-Aktie: Norwegens Goldesel schlägt Gazprom

28.10.22 um 13:20

Royal Dutch Shell (WKN: A3C99G) und BP (WKN: 850517)  gehören eindeutig zu den Gewinnern des europäischen Energie-Schlamassels. Weniger bekannt ist unter Anlegern, dass der skandinavische Öl- und Gasriese Equinor (WKN: 675213) in diesem Jahr mit seinen Monstergewinnen aus Anlegersicht sogar Gazprom (WKN: 903276) in den Schatten stellt.

Gas-Pipeline

Equinor, ehemals Statoil, ist ein norwegischer Öl- und Gasproduzent und auch das größte Unternehmen des Landes. Es zählt auf globaler Ebene zu den zehn größten Konzernen in der Branche und bringt inzwischen eine Marktkapitalisierung von rund 113 Milliarden US$ auf die Waage. Im Jahr 2021 belief sich die Öl- und Gasförderung auf etwa 2 Millionen Barrel Öläquivalent pro Tag.

Die heutige Vorlage von Rekord-Quartalsergebnissen des norwegischen Öl- und Gaskonzerns dürfte Anlegern und auch dem norwegischen Staat sowie seinen Bewohnern ein breites Lächeln ins Gesicht zaubern.

Das Beste an Equinor: Obwohl die Aktie seit Jahresbeginn bereits über +30% zulegen konnte, weist der Konzern noch immer eine aberwitzig günstige Bewertung auf.

Warum? Ganz einfach: Norwegen hält mit 67% den Großteil der ausstehenden Aktien von Equinor und profitiert außerdem von mehr als 70% Steuern auf die Gaseinnahmen. Das erweist sich gerade in diesen Zeiten mit Rekordpreisen, in Folge der drastischen Russland-Sanktionen der EU, als wahre Gelddruckmaschine.

Ironie: Nur Rekord-Gaseinnahmen machen Norwegen zum Öko-Staat

Schon jetzt rechnet Norwegen im kommenden Jahr mit mindestens 130 Milliarden € an Öl- und Gassteuern für seine Staatskasse, umgerechnet entspricht das einer Rekordsumme von fast 25.000 € je Einwohner. Kein Wunder, dass die Norweger es leicht haben, ihre grünen Energieprojekte voranzutreiben. So besitzt Norwegen bezogen auf seine kleine Bevölkerung von fünf Millionen Einwohnern die höchste Tesla-Dichte in Europa. Mit 65% E-Autoanteil bei allen verkauften Pkw führt Norwegen die Spitze der Energiewende an.

Legt die Wollmilchsau wieder ein Ei in den Korb der Anleger?

Die Gas-Krise verhalf Equinor zu exorbitanten Gewinnen und ließ Norwegen zum größten Gaslieferanten Europas aufsteigen. Allein im zweiten Quartal des Jahres konnte der Konzern einen spektakulären bereinigten Nettogewinn von 5 Milliarden US$ erzielen.

Nachdem der Druck auf dem Gasmarkt langsam etwas nachlässt und sich die Preise von ihren Rekordniveaus verabschieden, stellt sich die Frage, ob Equinor trotzdem an seine exzellente Performance anschließen kann.

Gaspreise auf dem Rückzug

Russische Gaslieferungen werden nur noch in geringen Mengen über die Ukraine und die Turkstream-Pipeline nach Europa geliefert. Trotz schwindender russischer Gaslieferungen sind die Benchmark-Preise für europäisches Gas deutlich von den Sommerhochs zurückgekommen und notieren in der Nähe von 100 € je Megawattstunde.

Grund dafür dürften wohl auch die hohen Füllstände der Gasspeicher sein. Die europäischen Gasspeicher sind derzeit zu über 90% gefüllt. Wichtig ist aber, den kontinuierlichen Gasfluss beizubehalten, denn volle Speicher allein können bei kalter Witterung nur wenige Wochen überbrücken.

Die Herausforderung dürfte wohl sein, die Speicher auch im nächsten Sommer wieder aufzufüllen, falls russische Lieferungen dauerhaft fernbleiben.

Schon jetzt rechnet die Bundesnetzagentur vor, dass selbst die ehrgeizigen 20% Verbrauchseinsparungen der deutschen Verbraucher für nächsten Winter nicht ausreichen würden, falls Nord Stream 1 weiter geschlossen bleibe und die Importe unzureichend ausfielen.

Die EU-weiten Rekordpreise treiben die Renditen der norwegischen Energiekonzerne auf Höchstwerte.

Equinors Gelddruckmaschine läuft auf Hochtouren

Equinor öffnete jetzt wieder seine Bücher für die neugierigen Augen der Kapitalmärkte. Auch im dritten Quartal des laufenden Jahres kann der Energieriese überzeugen.

Für die drei Monate bis Ende September steht ein bereinigter Nettogewinn von 6,7 Milliarden US$ zu Buche. Damit konnte sowohl das erste als auch das zweite Jahresviertel übertroffen werden. Gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht das Ergebnis sogar einer Steigerung von über 100%.

Der freie Cashflow war gegenüber dem zweiten Quartal geringer. Seit Jahresbeginn wurde von Equinor jedoch ein freier Cashflow von 21,7 Milliarden US$ generiert, etwa 32% mehr als im Vorjahreszeitraum.

Investoren erwartet nun eine Basisdividende von 0,20 US$ sowie eine außerordentliche Dividende von 0,70 US$ je Aktie. Das entspricht einer Quartals-Dividendenrendite von etwa 2,5% je Aktie. Würde das außergewöhnliche Ertragsniveau gehalten werden, könnten Anleger auf das Jahr hochgerechnet sogar mit 10% Dividendenrendite rechnen. Wobei anzumerken ist, dass die Analysten zurzeit mit ihren Schätzungen etwas zurückhaltender bleiben und die Dividendenrendite bei 6% erwarten.

Goldene Gans zur Witzbewertung

Equinor notiert aktuell bei einem EV/EBITDA von knapp 1, einem KGV von ~5 und einer geschätzten Dividendenrendite von rund 6% für das laufende Jahr.

Hinzu kommt noch ein weiteres Bonbon in Form von starken Aktienrückkäufen, die bis Januar 1,8 Milliarden US$ sowie im Gesamtjahr rund 6 Milliarden US$ ausmachen sollten. Das entspricht einer zusätzlichen Rendite von rund 6%, sodass die gesamten Kapital-Rückführungen an Aktionäre um 12% der Marktkapitalisierung liegen.

Aktie extrem günstig

Obwohl die Kursentwicklung bereits weit fortgeschritten ist, wird die Aktie im Vergleich zu anderen Unternehmen der Branche noch immer extrem günstig bewertet. Auch Titel aus dem Tech-Sektor notieren selbst nach den jüngsten Kurseinbrüchen bei einem Vielfachen dieser Bewertung. Mögliche Gründe könnten die langfristigen Erwartungen der Marktteilnehmer sein, die in Zukunft tiefere Preise für die fossilen Brennstoffe sehen. Da die Öl- und Gaspreise aber auch weiterhin ein Spielball der Politik sowie von Spekulanten bleiben, könnten auch in diesem Sinne Risiken verborgen sein.

Dennoch ist Equinor ein Gewinner der geopolitischen Spannungen und diese dürften noch länger anhalten als nur einen Winter. In Anbetracht dessen hat sich die Aktie noch nicht sehr stark bewegt. Ein Rückgang der Öl- und Gaspreise dürfte anhand der tiefen Bewertung ebenfalls eingepreist sein.

Erhebliches Aufwärtspotenzial

Aus meiner Sicht versteckt sich langfristig weiteres erhebliches Aufwärtspotenzial in der Aktie von Equinor. Der Vorstand setzt zudem alle nötigen Pläne für eine beschleunigte Energiewende um. Mit den Rekordeinnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft dürfte Equinor sogar früher zur Netto-CO2-Neutralität finden. Langfristig peilen die Norweger in diesem neuen Geschäftsfeld mindestens 12% Eigenkapitalrendite an.

Damit sollte die Aktie weiteren deutlichen Bewertungsspielraum bekommen. Meine Vermutung ist, dass langfristig sogar Umwelt- und ESG-Fonds wieder auf den Geschmack von Equinor kommen dürften.

PLUS-Leser machen ihr Vermögen mit Junior-Ölaktien

Für Anleger gilt bis auf Weiteres: Energieaktien bleiben ein wichtiger und fester Bestandteil in einem gesunden Portfolio.

Aktuell halte ich neben meinem Favoriten Africa Oil nach +181% Rendite in drei Jahren und im Anschluss an die 70% Dividendenausschüttung bei Capricorn Energy, von der meine Leser ebenfalls demnächst massiv profitieren, noch weitere mindestens fünf spannende Öl-Aktien auf Sicht der kommenden zwei Jahre für höchst aussichtsreiche Neuinvestments.

Meine Spezialität ist es, mit Weitblick stark unterbewertete Rohstoffaktien wie Capricorn zu finden und mein Geld dort zu investieren. Auch diese Transaktion, die ich seit 2020 verfolge, ging nun buchstäblich wie geplant auf.

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