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Wirecard: Paysafe-Crash führt zu halber Milliarde Euro Verlust

Marc Rendenbach / 15.12.16 / 10:25

Der Zahlungsdienstleister Wirecard (WKN: 747206) verlor in den letzten zwei Wochen mehr als 500 Mio. Euro Marktkapitalisierung. Verantwortlich dafür waren nicht nur Rückstufungen vereinzelter Analysten, sondern vor allem geäußerte Vorwürfe gegen den Wettbewerber Paysafe Group.

Unsere insgeheim vermuteten Befürchtungen zur Wirecard-Aktie in unserem letzten Bericht haben sich nur wenige Wochen später leider bestätigt. Wir schrieben: «Zatarra war auch nicht der erste und dürfte sicherlich nicht der letzte Kritiker gewesen sein, der das Geschäftsmodell von Wirecard in Frage stellt und auf die Möglichkeiten zur Verschleierung oder Verschönerung von Finanzergebnissen hinweist, die bei einem international operierenden Zahlungsdienstleitster naturgemäß vorhanden sind.»

Dass die Aktien von Wirecard extrem anfällig auf jede Expertenmeinung reagieren, die eine Zurückhaltung zeigt, ist weitläufig bekannt. Die jüngsten Analystenmeinungen wurden vom Markt deshalb mit höchster Skepsis aufgenommen. Doch der Grund für den Kurssturz war ein ganz anderer.

Paysafe Group PLC unter Beschuss  - mehr als 30% Kursverlust an einem Tag

Es meldeten sich wieder einmal selbsternannte Analysten zur Situation bei Paysafe Group PLC (WKN: A0B7QM) und sorgten dafür, dass diese Aktie vorgestern von 380p auf zeitweise unter 240p fiel, einem Dreijahrestief, bevor sich der Kurs am heutigen Donnerstag wieder über 320p stabilisieren konnte.

Der Kurssturz bei Paysafe wurde von anonymen Verfassern einer Studie – mutmaßliche Leerverkäufer kommen dafür in Frage – ausgelöst. Die Studie wurde unter dem Label "Spotlight Research" veröffentlicht. Der Vorwurf: Paysafecard würde gerne von obskuren Finanzanbietern genutzt. Der größte Kunde von Paysafe sei angeblich bet365, welcher allein für >50% der Umsätze verantwortlich sein soll. Ein Anbieter von teils illegalem Glücksspiel, der die strikteren Gesetze in Großbritannien umgeht, heißt es.

Die Spotlight-Studie wurde bereits von zahlreichen Foren und Seiten verlinkt und ist unter anderem bei Scribd auffindbar.

Wir beteiligen uns darum nicht am Aufruf zur Hexenjagd und verlinken die Studie explizit nicht weiter, stellen jedoch fest, dass diese Studie ganz ähnlich aussieht wie die Anfang des Jahres von Zatarra verfassten Wirecard-Anschuldigungen.

Darum besteht zumindest eine psychologische Brücke zwischen den Wirecard- und Paysafe-Aktionären.

Bei Wirecard-Anlegern erwachten deshalb erneute Befürchtungen, dass das gesamte "alternative Kartenbezahl-Business" vor drastischen Regulierungsmaßnahmen und Verboten stehen könnte und die Umsätze dort angesichts der Schwere aller Vorwürfe wie ein Kartenhaus zusammenbrechen könnten. Gerne genannte Schlagworte sind Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Glücksspiel oder Finanzwetten zum Beispiel Binäre Optionen.

Bisher betonten die Vorstände und das Management von Paysafe und Wirecard, dass an den genannten Vorwürfen kein wahres Wort dran sei und dies allein schon wegen der obskuren Form der anonymen Veröffentlichung erkenntlich sei.

Rückstufungen kostet Wirecard >500 Mio. Euro

Aber es ist natürlich so, wenn jemand Feuer schreit, dann rennen erst einmal alle zum Ausgang. Die letzten Tage und Wochen bescherten der Wirecard jedenfalls keine Weihnachtsstimmung, sondern einen deftigen Rückgang ihrer Marktkapitalisierung um mehr als 500 Millionen Euro.

Macquarie sprengt dem Fass den Boden aus. Deren zuständiger Analyst, Bob Liao, votiert nämlich in seiner Erststudie zum Unternehmen mit einem "Underperform"-Rating und nannte als Kursziel gleich mal 36,33 €. Als Grund für seine Skepsis führte er die bekannten Vorwürfe anderer Studien an und spielte damit auf die zu Jahresbeginn anonym veröffentlichten Anschuldigungen an.

Besonders ernst wird die Meinung von Analysten immer dann genommen, wenn sie von renommierten Banken stammen. Die US-Investmentbank Morgan Stanley drückt dabei ordentlich auf den Kurs, denn diese senkte ihr Rating von "Overweight" auf "Equal-weight" und das Kursziel noch dazu, von 55 auf nur noch 45 €. Nachdem der dortige Analyst, Andrew Humphrey, seine Aussage veröffentlichte, fiel die Wirecard-Aktie gleich 1 € tiefer.

Wir berichten weiterhin zeitnah im Live Chat von sharedeals.de über die tagesaktuelle Situation bei Wirecard.

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