Nio: Was Anleger vor den Zahlen am Mittwoch wissen müssen
Anleger haben sich zuletzt wieder verstärkt von der Nio-Aktie (WKN: A2N4PB) abgewendet und wollen vor den Jahreszahlen am Mittwoch offenbar nichts riskieren. Die aktuelle Bewertung des E-Auto-Titels ist jedoch mehr als einladend. Sollte man jetzt vor den Earnings zuschlagen oder lieber den nächsten echten Gradmesser abwarten?
Mit einer ungewöhnlichen Marketing-Strategie und dem Alleinstellungsmerkmal des Batterie-Tausch-Prinzips hat Nio sich im chinesischen E-Auto-Premium-Segment in wenigen Jahren eindrucksvoll etabliert. An der Börse hat das Unternehmen derzeit einen Wert von über 15 Milliarden US$.
Sofort Bestseller: Die neuen Limousinen ET5 und ET7
2022 war definitiv nicht das Jahr von Nio, da sich das Wachstum des noch recht jungen Herstellers deutlich verlangsamt hat. Im Januar waren die Auslieferungszahlen (ca.8.500) gegenüber dem Vorjahreszeitraum zwar ebenfalls um -11,9% rückläufig; im Ranking der chinesischen E-Auto-Start-ups ist das Unternehmen jedoch auf den zweiten Platz hochgerutscht – geschlagen nur von Li Auto mit rund 15.000 Verkäufen. So gesehen war der Start ins Jahr gar nicht so schlecht.
Ein weiteres positives Signal aus Nios Januar-Bericht ist, dass die Verkäufe von Limousinen – der neue Wachstumstreiber der Chinesen – wieder deutlich zugenommen haben. Mit der Einführung der Modelle ET5 und ET7 hat der Elektro-SUV-Bauer seine Produktpalette diversifiziert und ist damit ein nicht zu unterschätzendes Risiko eingegangen. Es hat sich offensichtlich aber gelohnt: Der Limousinen-Anteil an den Auslieferungen hat sich in den vergangenen sechs Monaten von knapp 30% auf fast 75% erhöht.
Exzellente Wachstumsaussichten
Obwohl Nio für die nächsten Jahre einen erheblichen Anstieg seiner Einnahmen prognostiziert (jährlich +38% im Schnitt), haben sich die Anleger in den letzten Monaten immer mehr von der Aktie des Herstellers abgewendet. Bei Preisen um 9,36 US$ ist das Unternehmen derzeit in etwa mit dem 1,0-fachen des prognostizierten Umsatzes bewertet. Damit kann das Nio-Papier quasi als Value-Titel betrachtet werden.
Auf dieser Grundlage ist die Aktie deutlich günstiger als die der anderen chinesischen und US-amerikanischen E-Auto-Bauer – und das, obwohl Nio in puncto Auslieferungen derzeit alle Rivalen außer Tesla, BYD und Li in den Schatten stellt.
Ein Risiko bei der Nio-Aktie besteht freilich darin, dass sich das Wachstum trotz der allgemeinen Wiederbelebung von Chinas Wirtschaft nicht so gut entwickelt wie erwartet. Der jüngst von Tesla angezettelte Preiskrieg und höhere Rohstoffkosten könnten außerdem Druck ausüben auf die Margen des Herstellers.
Ich bin allerdings optimistisch in Bezug auf die diesjährige Entwicklung bei Nio. Einen ersten echten Gradmesser dürften die Auslieferungszahlen für März liefern, nachdem die ersten beiden Monate des Jahres in China aufgrund des Neujahrsfests für die Hersteller immer schwächer laufen.
An der Seitenlinie bleiben
Positive Impulse für die Aktie erhoffen sich einige Anleger schon vom Jahresbericht, den das Unternehmen am Mittwoch vor Handelsbeginn vorlegen wird. Analysten erwarten im Schnitt ein ca. +40%iges Umsatzwachstum auf 50,8 Milliarden Yuan. Der Verlust wird dem Konsens nach von 3,5 auf 11,6 Milliarden Yuan ansteigen.
Grund dafür ist die außergewöhnlich aggressive und teure Marketing und F&E-Strategie des Unternehmens. Was sie ausmacht und wie sie sich nun auszahlen könnte, haben wir in diesem Artikel erklärt.
Auch beim Ausblick auf das laufende Jahr werden sich Anleger laut der Wall Street auf Verluste einstellen müssen, auch wenn sie geringer ausfallen sollen (8,4 Milliarden Yuan). Beim Umsatz gehen die Marktexperten erneut von einem dicken Plus aus (93,6 Milliarden Yuan).
Dass Nio bereits bei den Earnings am Mittwoch positiv überraschen kann, glaube ich aber eher nicht. Wer aktuell mit dem Gedanken spielt, bei dem Luxus-E-Autobauer einzusteigen, sollte den Titel daher vorerst noch auf der Watchlist halten.
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