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Twitter: Tolle Quartalszahlen, das Vögelchen fliegt wieder!

Marc Rendenbach / 23.04.19 / 21:30

Eines der umstrittensten Internetunternehmen ist schon seit einiger Zeit Twitter (WKN: A1W6XZ). Denn während viele Millionen Nutzer den Kurznachrichtendienst lieben, sehen andere den Sinn einfach nicht. Daran hat auch die inzwischen erfolgte Verdopplung der maximalen Nachrichtenlänge von ursprünglich 140 auf nunmehr 280 Zeichen nichts geändert. Wenn Sie sich übrigens fragen sollten, warum die maximale Nachrichtenlänge zuvor auf 140 Zeichen beschränkt war: ursprünglich konnte man den Dienst auch per SMS nutzen und inkl. Steuerzeichen waren in einer SMS nur 140 Zeichen möglich.

Aber sei es wie es sei, inzwischen ist Twitter diesen Kinderschuhen längst entwachsen und durchaus etabliert. Wobei es auch dabei deutliche Unterschiede gibt. Während der Kurznachrichtendienst in den USA nämlich intensiv genutzt wird, ist der Siegeszug von Twitter an Deutschland ein wenig vorbei gegangen. Woran das liegt, kann ich Ihnen leider auch nicht beantworten. Ebenfalls gerne nutzt man Twitter jedenfalls in der arabischen Welt. In China dagegen mögen die Menschen zwar durchaus den Dienst an sich. Allerdings dominiert hier der Konkurrent Weibo den Markt.

Denn wie schon in anderen Bereichen hat die Regierung den Markt gegenüber ausländischen Anbietern abgeriegelt, auch um die staatliche Zensur durchsetzen zu können. Für Twitter ist das unschön, aber bisher kam man auch ohne Zugang zum chinesischen Markt aus. Der bis dato noch fehlende Marktzugang könnte die Aktie jedoch in naher Zukunft weiter explodieren lassen. Vorausgesetzt ein Handelsabkommen zwischen den USA und China enthält auch eine Klausel zur Öffnung des dortigen Marktes. Ob es dann zum Kampf Twitter vs. Weibo kommen mag?

Das Szenario eines Handelsabkommens USA/China

Wenn dies der Fall wäre, wäre das auf jeden Fall sehr interessant. Denn zwar dominiert Weibo, dank der Unterstützung der chinesischen Regierung, aktuell den dortigen Markt in einer nahezu monopolartigen Weise. Allerdings hat Weibo – anders als Twitter – kaum Erfahrung was den Kampf gegen konkurrierende Unternehmen angeht. Insofern wäre dem Twitter-Management um CEO Jack Dorsey in diesem Fall durchaus zuzutrauen, dass man Weibo nicht nur auf deren Heimatmarkt attackieren, sondern am Ende vielleicht sogar besiegen kann.

Alternativ wäre natürlich auch ein, wie auch immer gearteter, Merger zwischen Twitter und Weibo denkbar. Aktuell beträgt der Börsenwert von Twitter ca. 30,5 Mrd. US-Dollar, der Börsenwert von Weibo dagegen nur ca. 16,0 Mrd. US-Dollar. Wenn es also zu einem Merger käme, würde dieser wohl unter Führung von Twitter stattfinden. Allerdings dürften sich die Kartellämter solche Pläne näher ansehen. Am Ende wäre jedoch durchaus eine Genehmigung möglich, schon um der Regierung weiterhin die Möglichkeit zur Zensur zu geben.

Vorgelegte Quartalszahlen überzeugen auf ganzer Linie

Schaut man sich die heute vorbörslich (auf Basis des US-amerikanischen Handels!) vorgelegten aktuellen Quartalszahlen an, so sind diese alles in allem sehr, sehr gut ausgefallen. So lag der Quartalsumsatz in Q1/2019 mit 787 Mio. US-Dollar deutlich über den Konsensschätzungen von 774 Mio. US-Dollar. Das Umsatzwachstum lag somit bei ca. +18,3%. Noch besser fiel jedoch der Gewinn je Aktie aus, der mit 0,37 US-Dollar (Konsensschätzungen: 0,15 US-Dollar) angegeben wurde. Schon dies hätte die Anleger durchaus begeistern können, aber...

Twitter im Browser (WWW)

Darüber hinaus konnte Twitter auch noch einen Zuwachs der monatlich aktiven Nutzer (Monthly Active Users, MAUs) vermelden. So legten diese um sage und schreibe neun Millionen zu, was deutlich über dem eigentlich erwarteten Rückgang von vier Millionen Nutzern lag. Damit gab es kurzfristig keinen einzigen Wermutstropfen mehr. Zuletzt war nämlich das (fehlender) Userwachstum immer das große Problem von Twitter. Denn leider schrumpfte die Userbase, was mittelfristig negative Auswirkungen auf die Werbeeinnahmen befürchten ließ.

Umsatz- und Gewinnentwicklung zuletzt

Schon ein kurzer Blick in die Bilanz zeigt, dass Twitter sehr solide durchfinanziert ist. So verfügt das Management über Cash/Cash-äquivalente Mittel von knapp 1,9 Mrd. US-Dollar sowie kurzfristige Geldanlagen in Höhe von mehr als 4,3 Mrd. US-Dollar. Demgegenüber stehen nur Schulden in Höhe von weniger als 3,4 Mrd. US-Dollar, wovon gut die Hälfte langfristige Verbindlichkeiten sind. Insofern waren die kumulierten Verluste der Geschäftsjahre 2015, 2016 und 2017 in Höhe von ca. -1,085 Mrd. US-Dollar auch unproblematisch.

Dies gilt umso mehr, da Twitter inzwischen hochprofitabel ist. Aber der Reihe nach. Zwischen 2015 und 2018 steigerte Twitter seinen Jahresumsatz von knapp 2,22 Mrd. auf ca. 3,04 Mrd. US-Dollar und somit um ca. +37,2% respektive ca. +11,1% p.a. Allerdings kam es dabei zwischenzeitlich, im Jahr 2017, auch mal zu einem kleinen Umsatzrückgang um ca. -3,4%. Zugleich entwickelte sich der Nettogewinn jedoch stetig positiv. So wurde aus einem Nettoverlust in Höhe von ca. -521 Mio. US-Dollar in 2015 letztlich in 2018 erstmals ein Nettogewinn in Höhe von knapp 1,21 Mrd. US-Dollar.

Mögliche Umsatz- und Gewinnentwicklung in Zukunft...

Somit überstieg der Nettogewinn des Jahres 2018 selbst die kumulierten Verluste der drei Vorjahre, was eine tolle Entwicklung darstellt. Natürlich muss man zukünftig jedoch weiterhin stark darauf achten, dass der Konzern möglichst viele aktive Nutzer hinzugewinnt. Optimal wären natürlich möglichst viele Nutzer vom Schlage Donald Trumps. Allerdings lässt sich auch die bestehende Nutzerbasis durchaus noch weiter monetarisieren, so dass das kurzfristige Wachstum recht gesichert erscheint.

So kalkulieren die Analysten im Durchschnitt für 2019e mit einem Jahresumsatz von 3,49 Mrd. sowie für 2020e mit einem Jahresumsatz von 3,99 Mrd. US-Dollar, was einem weiteren Umsatzwachstum von knapp +15% p.a. entspricht. Zugleich soll der Gewinn je Aktie in 2019e bei 0,86 US-Dollar sowie in 2020e bei 1,03 US-Dollar liegen. Dies ist zwar beides deutlich unter dem Gewinn je Aktie von 1,57 US-Dollar in 2018, allerdings gab es hier in Q3/2018 auch einen einmaligen positiven Sondereffekt.

Fazit: Fundamental günstig, charttechnisch mit Luft nach oben!

Trotzdem halte ich die Kalkulationen der Analysten für viel zu konservativ – und wurde dabei durch die heute vorgelegten Quartalszahlen ja quasi bestätigt. So halte ich in 2019e durchaus einen Jahresumsatz von ca. 3,54 Mrd. US-Dollar sowie in 2020e von gut 4,1 Mrd. US-Dollar für möglich. Auch den Gewinn je Aktie würde ich in 2019e schon weit über 1,00 US-Dollar und 2020e durchaus im Bereich von 2018 sehen. Somit würde Twitter ein Umsatzwachstum von ca. +15% p.a. sowie ein Gewinnwachstum von ca. +40% p.a. ausweisen.

Twitter App auf einem Smartphone

Dafür ist das aktuelle KGV 2019e von ca. 33 nicht zu viel. Aktien vergleichbar profitabel wachsender Unternehmen werden teilweise KGVs in Höhe der doppelten prozentualen Gewinnwachstumsgeschwindigkeit zugestanden, was im Falle Twitter ein KGV 2020e von bis zu 80 ermöglichen würde. Doch so hoch greife ich ja gar nicht. Ein KGV 2020e von rund 40 hielte ich aber schon für angemessen. Dies wiederum würde letztlich einem Kursziel in Höhe von 40x 1,57 US-Dollar und somit bis zu knapp 63,00 US-Dollar entsprechen.

Dies würde einem Kurspotenzial in Höhe von knapp +60% auf Sicht eines Jahres entsprechen, was unglaublich klingen mag. Allerdings hat die Aktie heute – dank der vorgelegten und vollständig überzeugenden Quartalszahlen – ein charttechnisches Kaufsignal durch Ausbruch aus der breiten Seitwärtsrange zwischen 26,00 und 37,00 US-Dollar generiert. Das kurzfristige Kursziel auf Basis dieses Kaufsignals liegt schon bei mindestens 45,00, später dann sogar 48,00 US-Dollar. Sollte die Aktie dies zeitnah erreichen, ist es bis zu den genannten 63,00 US-Dollar gar nicht mehr sooo weit.

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