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S&T: Geht es der IT-Firma wirklich so gut?

Simon Ruić / 21.03.22 / 12:20

S&T (WKN: A0X9EJ) kämpft seit Monaten mit massiven Vorwürfen des mit Anti-Wirecard-Wetten berühmt gewordenen Shortsellers Fraser Perring. Mit den heute veröffentlichten Jahreszahlen gibt die IT-Firma einen heiteren Geschäftsausblick, der den Aktienkurs am Vormittag um bis zu +14% auf 16,50 € ansteigen ließ. Bereits vergangene Woche machte der Titel einen +20%-Sprung, als der TecDAX-Konzern die Perring-Anschuldigungen für entkräftet erklärt hatte. Also alles wieder in Ordnung? Oder geht es der IT-Schmiede doch schlechter als bislang vermutet?

Quelle: shutterstock.com

S&T ist ein IT-Unternehmen mit Sitz im österreichischen Linz. Neben der klassischen Hard- und Software hat sich die Firma nach eigenen Angaben auf das „Internet der Dinge“ (IoT) spezialisiert. Der Börsenwert des Unternehmens liegt derzeit knapp über einer Milliarde €. Seit Veröffentlichung eines kritischen Shortseller-Berichts im Dezember sieht sich der TecDAX-Konzern mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert.

Rekord-Auftragsbestand und erhöhte Dividende

Am Montag veröffentlichte die österreichischen IT-Schmiede nun ihre Ergebnisse des vergangenen Geschäftsjahres. Kurzum: Wie erwartet steigen Umsatz und Auftragsbestand deutlich; trotz eines rückläufigen Gewinns soll die Dividende erhöht werden.

So hat S&T 2021 Aufträge in Höhe von 1,75 Milliarden € dazugewonnen – gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 30%. Bis zum Bilanzstichtag kletterte der Auftragsbestand auf ein Rekordniveau von 1,33 Milliarden € gegenüber 0,93 Milliarden € im Vorjahr.

Der Konzernumsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 7% auf 1,34 Milliarden €. Das EBITDA fiel jedoch um 3% auf 126 Millionen €, was einer Marge von 9,4% entspricht. Die Nettogewinne sanken im Vorjahresvergleich folglich ebenfalls von 55 auf 48 Millionen €. Ursächlich für die Reduktion seien den Angaben nach verzögerte Auslieferungen und Preiserhöhungen, die durch die globale Chipkrise ausgelöst worden seien.

Auf Basis der bisherigen Dividendenpolitik und aufgrund einer Liquidität von fast 300 Millionen € per Jahresende will S&T die Ausschüttung an Aktionäre dennoch erhöhen. So wird der Vorstand der Hauptversammlung eine Dividendenerhöhung von 0,30 auf 0,35 € vorschlagen.

Kurssprung dank starker Umsatz- und Ergebnisprognose

Ins neue Geschäftsjahr sei S&T mit drei Großaufträgen in Summe von über 200 Millionen € bereits stark gestartet, heißt es im Jahresbericht. Die Chipkrise will der Vorstand mit einem erhöhten Lagerbestand und mit Produkt-Redesigns noch besser in den Griff bekommen und plant ein organisches Wachstum von rund 12%. Folglich prognostizieren die Österreicher für 2022 einen Umsatz von mindestens 1,5 Milliarden €, die EBITDA-Marge soll bei etwa 10% liegen.

Angesichts des heiteren Ausblicks waren die Anleger im frühen Handel in Kauflaune: Die S&T-Aktie legte am Vormittag um +14% zu und notiert damit bei 16,50 €.

Fraser-Perring-Bericht widerlegt?

Bereits am vergangenen Dienstag kletterte der Titel zwischenzeitlich um fast +20% und dämmte damit die kriegsbedingten Verluste seit Ende Februar ein. Die Investoren der IT-Firma atmeten auf, weil die Wirtschaftsprüfer von Deloitte Untersuchungsergebnisse der Vorwürfe des Leerverkäufers Fraser Perring vorgelegt hatten, die S&T als fast vollständige Entlastung deutet.

Perrings Analysefirma Viceroy Research hat sich spätestens mit ihren Anti-Wirecard-Wetten eine Namen gemacht. Den Österreichern hatte Viceroy unter anderem vorgeworfen, Tochterunternehmen in einer außerbilanziellen Struktur zu verstecken, um Betrug zu verbergen.

Ende Dezember hatte die IT-Firma mit einer 13 Seiten langen Stellungnahme die Anschuldigungen zurückgewiesen und zusätzlich Deloitte eingeschaltet. Der Gutachter soll die hauseigene Analyse „in allen wesentlichen Punkten“ bestätigt haben, hatte das Unternehmen vergangene Woche erklärt.

Fragwürdige Akquisitionsstrategie

Bereits vor dem Perring-Bericht war S&T in Deutschland umstritten wie kaum eine andere Aktie. Im Wesentlichen dürfte das mit dem rasanten Wachstum der Unternehmens zusammenhängen – und der Frage, ob diese Entwicklung nachhaltig ist. So haben sich Umsatz und Gewinn innerhalb von einem Jahrzehnt mehr als verdreizehnfacht. Der Börsenwert legte sogar um mehr als das 20-Fache zu.

Das außerordentliche Wachstum ist jedoch zu einem bedeutenden Teil auf Zukäufe zurückzuführen. Teilweise kauften die Österreicher sich in mehrere Firmen in einem Jahr ein. Dabei hat S&T regelmäßig nur etwas mehr als die Hälfte eines Unternehmens übernommen, jedoch 100% der übernommenen Firmen konsolidiert, also Umsätze und Erträge in die eigene Bilanz eingerechnet.

Das ist zwar erlaubt, führt jedoch dazu, dass die IT-Firma in der Vergangenheit nur bedingt ein realistisches Bild ihrer Vermögensverhältnisse präsentiert hat. Es entsteht der Eindruck, dass der Vorstand versucht hat, seine Bilanzen mit minimalem Kapitaleinsatz aufzuhübschen, um überhaupt noch Wachstum zu zeigen.

Die Zahlen des Jahres 2020 legen diesen Verdacht zumindest nahe. Damals steuerten die in diesem Jahr gekauften Unternehmen rund 80 Millionen € zum Umsatzwachstum bei. Weitere 73 Millionen € hätten allein dadurch hinzugekommen können, wenn S&T den Umsatz von 2019 übernommenen Firmen für das gesamte Jahr 2020 im Konzernergebnis berücksichtigt hätte.

Die Rechnung unterstellt, dass die 2019 zugekauften Unternehmen 2020 in Summe denselben Umsatz gemacht haben wie im Vorjahr. In diesem Fall hätten die Übernahmen aus den beiden Jahren dem TecDAX-Konzern 2020 rund 153 Millionen € Umsatzwachstum beschert. S&T hatte jedoch nur 130 Millionen € ausgewiesen.

Zwei Schlussfolgerungen wären damit möglich: Die 2019 übernommenen Firmen sind – anders als unterstellt – 2020 doch geschrumpft. Oder aber der Umsatz im restlichen Konzern wäre 2020 gesunken. Beides stellte den Erfolg der Akquisitionsstrategie des Unternehmens grundsätzlich infrage.

Ein Paradies für Shortseller

Aus meiner Sicht ist die S&T-Aktie nicht umsonst ein Zocker-Liebling. Allein sieben große Fonds wetten seit Monaten darauf, dass der Aktienkurs der Firma abstürzt. Die Gebühr, die die Leerverkäufer zuletzt zahlen mussten, um die Aktie zu leihen, lag bei 15% pro Jahr auf das geliehene Volumen. Das ist enorm. Wer so viel Geld für Leerverkäufe einsetzt, muss fest daran glauben, dass die geshorteten Aktien deutlich überbewertet sind.

Auch wenn sich S&T rein rechtlich offenbar nichts zu Schulden kommen lässt: Es bleibt das berühmte Geschmäckle. Shortseller mögen solche Hinweise als Einladung sehen; ich für meinen Teil werde um die Aktie vorübergehend einen Bogen machen.

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