Mercedes-Benz-Aktie: Bald geht es ums Überleben

24.02.22 um 11:26

Mercedes-Benz (WKN: 710000) hat in seinem ersten Geschäftsbericht nach der Abspaltung der Truck-Sparte starke Zahlen vorgelegt. Ein eher vorsichtiger Ausblick hat den Anlegern jedoch einen Schrecken eingejagt: Die Mercedes-Aktie rutschte im frühen Handel um -5% auf 70,40 € ab. Die Stuttgarter bekommen ihre Abhängigkeit von der Chipindustrie nun langsam, aber sicher zu spüren.

Die Mercedes-Benz Group AG mit Sitz in Stuttgart konzentriert sich auf die Fertigung von Pkw und Vans. Nach der Abspaltung der Lkw-Sparte folgte per Anfang des Monats die Umbenennung der einstigen Daimler AG. An der Börse hat der Konzern seitdem einen Wert von rund 80 Milliarden €.

Starke Zahlen, vorsichtiger Ausblick

Dank eines guten Schlussquartals meldete Mercedes am Morgen bei seinen Jahreszahlen rundum starkes Wachstum. So legte der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 9% auf 168 Milliarden € zu. Unter dem Strich machte der Autobauer einen Nettogewinn von 23,4 Milliarden € – fast sechsmal so viel wie im Vorjahr.

Die bereinigte Umsatzrendite schnellte damit im Vorjahresvergleich von 6,9 auf 12,7% hoch. Aufgrund der hohen Überschüsse plant der Stuttgarter Konzern, eine deutlich höhere Dividende zu zahlen. So sollen die Ausschüttungen von 1,35 auf 5,00 € je Aktie steigen.

Beim Ausblick für das laufende Jahr zeigte sich das Mercedes-Management vorsichtig optimistisch. Der Absatz von Pkw und Vans sowie die daraus resultierenden Erlöse sollen demnach leicht steigen – trotz anhaltender Belastungen aus dem Chipmangel. Bei der Rendite im Autogeschäft planen die Stuttgarter mit 11,5 bis 13%.

Mercedes-CEO Ola Källenius sagte im Hinblick auf die Agenda 2022:

Neben dem Fokus auf Kosteneffizienz und Lieferketten-Management stehen nun drei strategische Prioritäten im Vordergrund: die Skalierung unserer Elektro-Offensive, die Beschleunigung unserer Car-Software-Pläne und der weitere Ausbau unseres Luxusgeschäfts.

Bestellstopps und längere Lieferzeiten

Die heitere Ergebnis-Präsentation des Vorstands kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lage am Automarkt angespannt bleibt – auch für Beschäftigte in der Branche und Kunden. Erste vergangene Woche gab es bei Mercedes in Deutschland den nächsten Bestellstopp: Nach der Geländewagen G-Klasse können Interessenten nun auch keine neuen E-Klasse-Limousinen mehr ordern.

Der Aussetzer, versicherte ein Unternehmenssprecher, sei jedoch nicht auf den Halbleitermangel zurückzuführen, sondern auf eine erfreulich hohe Nachfrage und einen anstehenden Modellwechsel. Die Darstellung überrascht insofern, als Mercedes in den vergangenen Monaten eher Probleme mit einer zu geringen als einer zu hohen Auslastung hatte. Immer wieder musste der Autobauer Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken.

Zuletzt hatten sich die Lieferzeiten auch bei anderen deutschen Herstellern immer weiter in die Länge gezogen. Volkswagen machte dabei kein Geheimnis daraus, dass die Engpässe auf den Chipmärkten derzeit das Vorgehen in den Werken diktieren.

Abhängigkeit von Nvidia

Die deutsche Autoindustrie ist sich im Grunde einig: Software und das damit verbundene Design von Computer-Prozessoren wird zum wichtigsten Faktor in der Branche. Die Konsequenz dieser Erkenntnis bekommt Mercedes nun zu spüren: Die über 135 Jahre alte Nobelkarossen-Schmiede ist nun auf Tech-Riesen wie Nvidia angewiesen.

Da der Chip-Hersteller am zentralen Punkt der Wertschöpfung steht, wird er sich nicht wie andere Zulieferer mit einer Rendite von 5% abspeisen lassen. Bei der Unabhängigkeit ist Mercedes zusammen mit BMW und Volkswagen damit den entscheidenden Schritt hinter dem E-Autopionier Tesla zurück, der seine Elektronikarchitektur jetzt ohne Nvidia entwickelt.

Was man dem damaligen Daimler-Management vor einem Jahrzehnt nun vorhalten muss: Der Autobauer hätte viel mehr Kompetenz als Software- und Chip-Designer aufbauen oder zukaufen müssen. Stattdessen wurde damals lieber beim Diesel getrickst.

Mercedes versteht seine Kunden in China nicht mehr

Trotz aktuell starker Zahlen ist die Ausgangslage für deutsche Autobauer daher schlecht. Selbst wenn Mercedes in fünf Jahren ohne Nvidia zurechtkommen sollte, wird Tesla wieder entscheidende Schritte voraus sein.

Gleichzeitig sind auch in China die goldenen Zeiten für deutsche Autobauer wohl vorbei, weil sie wesentliche Bedürfnisse der dortigen Kundschaft ignorieren. Heimische Marken machen Mercedes, BMW und VW die Absätze streitig, indem sie ihre Modelle üppig ausstatten und perfekt vernetzen. Die deutschen Hersteller fallen gegenüber Nio, Geely und Xpeng mit ihrer eher spröden Ausstattung ab.

Radikaler Wandel notwendig

Damit Mercedes-Benz mittelfristig eine Aufholjagd gelingen kann, müssen die Stuttgarter sofort radikal umdenken. Vielleicht müsste mal ein junges Genie aus der Softwareindustrie an die Spitze des Konzerns stoßen, damit Impulse zur rechten Zeit kommen. Langfristig geht es schließlich um nichts Geringeres als das Überleben der stolzen deutschen Automobilindustrie.

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