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LEONI: Droht dem Unternehmen wirklich die Pleite?

Marc Rendenbach / 15.05.19 / 14:52

Zu den größeren Verlierern am deutschen Aktienmarkt zählt heute, mal wieder, die Aktie des Spezialisten für Kabel und Kabelstränge sowie Automobilzulieferers LEONI (WKN: 540888). Grund für den erneuten Ausverkauf sind dabei die bereits gestern Abend, nachbörslich, veröffentlichten aktuellen Quartalszahlen. Denn diese haben die Angst der Anleger vor einer Kapitalerhöhung oder sogar Pleite des Unternehmens wieder aufflammen lassen.

Schauen wir uns die vorgelegten Quartalszahlen daher mal in aller Ruhe gemeinsam an. Wie das Management um CEO Aldo Kamper berichtete, hat die Gesellschaft im ersten Quartal eine nicht liquiditätswirksame Abschreibung in Höhe von 67 Mio. Euro auf Vermögenswerte vorgenommen. Darüber hinaus bildete man auch noch Rückstellungen in Höhe von 35 Mio. Euro für zukünftig erwartete Verluste im Rahmen bestehender Aufträge.

Diese erwarteten Verluste können dabei über die kommenden Jahre durchaus liquiditätswirksam werden. Insgesamt wurde das Ergebnis des ersten Quartals somit von Sondereffekten in Höhe von 102 Mio. Euro belastet. Weitere Belastungen in Höhe von rund 20 Mio. Euro erwartet das Management darüber hinaus im laufenden zweiten Quartal und nennt als Grund hierfür höhere Fracht- und Personalkosten.

Das Management versucht verzweifelt die Kosten unter Kontrolle zu bringen

Liest man sich die entsprechende Adhoc-Mitteilung in Ruhe durch, kommt man nicht um den Eindruck herum, dass das Management zurzeit verzweifelt versucht die Kosten unter Kontrolle zu bringen. Die erscheint nach den Ergebnissen, die LEONI zuletzt vorgelegt hat, auch dringend geboten. Schon bei Veröffentlichung der letzten Gewinnwarnung sprachen zahlreiche Analysten davon, dass die Gesellschaft dringend frisches Kapital aufnehmen sollte. Seitdem ist die Aktie jedoch weiter gefallen, so dass eine Kapitalerhöhung immer schwieriger wird.

Zumal letztlich auch im ersten Quartal 2019 wieder große Verluste eingefahren wurden. So hat LEONI bei einem Quartalsumsatz in Höhe von 1,262 Mrd. Euro (Q1/2018: 1,327 Mrd. Euro) einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von -76 Mio. Euro (Q1/2018: 101 Mio. Euro) sowie einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von -125 Mio. Euro (Q1/2018: 63 Mio. Euro) verbucht. Dadurch verschlechterte sich das Konzernergebnis von 44 Mio. Euro im Vorjahr auf nunmehr -132 Mio. Euro.

Zugleich musste LEONI jedoch Investitionen in Höhe von 78 Mio. Euro (Q1/2018: 57 Mio. Euro) vornehmen, um Projekte im Bordnetz-Bereich in Nordafrika sowie Osteuropa abwickeln zu können. Kein Wunder also, dass der Free Cashflow in Q1/2019 mit -313 Mio. Euro (nach -111 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum) extrem negativ ausfiel. Alles in allem ist die Gemengelage bei LEONI damit in der Tat gefährlich, wenngleich noch nicht völlig aussichtslos.

LEONI, CEO Aldo Kamper, ein bisschen das Gesicht der Krise

Gravierende Verschlechterung der bilanziellen Situation

Wie bedrohlich genau, ergibt sich ebenfalls aus der Adhoc-Mitteilung des Unternehmens selbst. So reduzierte sich die verfügbare Liquidität per 31. März auf nur noch 740 Mio. Euro (per Jahresende 2018 wurde sie noch auf eine Milliarde Euro beziffert!), wovon ca. 620 Mio. Euro auf freie Kreditlinien (von denen mehr als 75% fest zugesagt sind) entfielen. Selbst verfügt das Unternehmen also nur noch über Cash/Cash-äquivalente Mittel in Höhe von ca. 120 Mio. Euro.

Da erscheint es logisch, dass sich das Management Gedanken über eine Sicherung der langfritigen Finanzierungsbasis macht. Zumal zuletzt auch die Eigenkapitalquote von 31,2% Ende 2018 auf nur noch 25,2% zum Ende des ersten Quartals zurückging. Und als ob das alles nicht schon genug Hiobsbotschaften wären, spricht das Unternehmen dann in seinem Ausblick auch noch von einer anhaltend schwachen Nachfrage nach seinen Produkten von Seiten der Automobilindustrie.

Fazit: Fundamental und charttechnisch keinerlei Kaufgründe!

Von Seiten der Geschäftsentwicklung gibt es derzeit also kaum Hoffnung auf schnelle Verbesserungen. Insofern stellt sich mir wirklich die Frage wie das Management zur Einschätzung kommt, dass das Unternehmen im ersten Quartal die Talsohle durchschritten habe. Dies ist zwar möglich, aber eine Investition in ein Unternehmen sollte stets auf Fakten und nicht rein auf Hoffnungen basieren, selbst wenn diese Hoffnungen vom Management bewusst geschürt werden.

Die Anleger an der Börse sehen das ähnlich und haben die ohnehin in den vergangenen Monaten, nach mehreren Gewinnwarnungen, stark verprügelte Aktie heute weiter abverkauft. Der Grund für diesen Sell Off dürfte darin zu suchen sein, dass sich immer mehr Anleger ernsthaft mit der Möglichkeit einer Pleite von LEONI befassen. Zumal diese angesichts der schlechten Geschäftslage, der schlechten Geschäftsaussichten sowie der sich zunehmend verschlechternden bilanziellen Situation nicht mehr völlig ausgeschlossen erscheint.

Andererseits war bspw. eine Infineon vor einigen Jahren in einer ähnlich prekären Situation, konnte sich am Ende aber daraus befreien. Prinzipiell könnte dies natürlich auch LEONI gelingen. Die Frage ist nur, ob CEO Aldo Kamper dafür wirklich der richtige Mann ist. Denn um einen nachhaltigen Turn-Around zu schaffen, müssen harte Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden. Die bisherigen Maßnahmen wirken eher verzweifelt und haben darum bisher ja auch noch zu keiner wirklichen Verbesserung geführt.

Fundamental gibt es damit keinerlei Grund die Aktie einzusammeln. Leider sieht es jedoch auch charttechnisch grauenhaft aus. Zwar hat die Aktie zuletzt eine Bodenbildung versucht, dieser wurde jedoch mit dem aktuellen Ausverkauf abgebrochen und ein neues charttechnisches Verkaufssignal etabliert. Das Kursziel auf Basis dieses charttechnischen Verkaufssignals liegt bei kurzfristig 14,50 Euro sowie anschließend unterhalb von 12,00 Euro. Daher sollten bei bereits investierten Anleger entsprechende Stoppkurse gezogen haben. Aktuell heißt es somit: Finger weg!

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