Suchergebnisse
Alle Ergebnisse anzeigen

Continental: Wenn nicht jetzt, wann dann?

10.04.19 / 12:00

Meine ersten vier Aktien waren seinerzeit Continental (WKN: 543900), McDonald's, Microsoft und Nike. Damals wie heute war Conti also ein DAX-Konzern. Zwischenzeitlich ist Continental jedoch tatsächlich mal aus dem DAX raus geflogen. Gemeinsam mit Infineon konnte die Aktie jedoch die alte Börsenweisheit: "They never come back" widerlegen. Denn neben Infineon war Continental bisher eine von nur zwei Aktien, die es nach einem DAX-Rauswurf wieder zurück in den deutschen Leitindex schafften.

Warum aber flog Conti überhaupt aus dem DAX? Die simple Antwort darauf ist natürlich, weil die Aktie die Kriterien für ein Listing im DAX nicht mehr erfüllte. Doch natürlich muss es ja Gründe dafür gegeben haben, warum sich die Aktie seinerzeit so schwach entwickelt hatte, dass die Kriterien nicht mehr erfüllt wurden. Tatsächlich verlor die Aktie zwischenzeitlich deshalb so stark an Wert, weil sich das Management den Konzern völlig neu erfinden musste. Ursprünglich nämlich war Continental das, als was man sie bis heute kennt, ein Reifenhersteller.

Das war jahrelang auch ein sehr gutes Geschäft. Es hatte nur einen Haken, denn man war damit eben auch ein reiner Automobilzulieferer. Als solcher war man schließlich einerseits einem sehr starken Wettbewerbsdruck durch andere Reifenhersteller – wie Goodyear (USA), Michelin (Frankreich) oder Pirelli (Italien) – ausgesetzt. Andererseits nutzten und nutzen die Autobauer gerne mal ihre Marktmacht, um ihre Zulieferer unter entsprechenden Preisdruck zu setzen, besonders natürlich wenn es bei ihnen selbst gerade nicht rund läuft.

Ursprüngliches Kerngeschäft mit Reifen bleibt im Mittelpunkt, aber...

Dies hatte das Management von Continental in den 1990er Jahren – und somit recht früh – bemerkt. Ein Weckruf war dabei sicherlich auch der feindliche Übernahmeversuch des Unternehmens durch die italienische Pirelli Anfang der 1990er Jahre gewesen. Zumal dieser nur mit viel Mühe und Not, sowie dank der Hilfe der Deutschen Bank, abgewehrt werden konnte. Wie dem auch sei, auf jeden Fall versuchte man spätestens seit Mitte der 1990er Jahre den Konzern völlig neu zu erfinden. Dabei wollte man jedoch das Kerngeschäft keineswegs völlig aufgeben, sondern weiter entwickeln.

Konkret bedeutete dies, dass aus dem reinen Reifenhersteller Continental ein breiter aufgestellter Automobilzulieferer werden sollte. Der Reifen sollte dabei zwar weiterhin im Mittelpunkt stehen, man entwickelte jedoch neue Produkte rund um den Reifen herum. Beispiele hierfür waren Verbesserungen am Antriebsstrang oder auch Bremstechnologien. Einen ersten Erfolg verzeichnete man beispielsweise mit der Entwicklung des sogenannten Elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP) – nachdem die seinerzeit neue A-Klasse von Mercedes 1997 durch den Elchtest gefallen war.

Anleger setzten nicht viel Vertrauen in die Umbaupläne des Managements

Die grundsätzliche Idee war durchaus gut, weshalb die Aktie ja auch zu meinen ersten vier Titeln im Depot gehörte. Allerdings ist der Umbau eines so großen Konzerns natürlich keine Kleinigkeit. Hinzu kam dann noch die "Dotcom Bubble" respektive die Spekulationsblase am Neuen Markt Ende der 1990er Jahre. Kein Wunder also, dass viele Anleger – wie auch ich – seinerzeit die Geduld verloren und die Aktie verkauften. So wurde die Aktie Ende der 1990er Jahre zu einem klaren Underperformer, einem Rohrkrepierer.

Doch nach Platzen der Spekulationsblase sowie dem Abschluss der Restrukturierung änderte sich dann das Bild. So stieg der Titel zwischen Anfang April 2003 und Mitte Juli 2007 von weniger als 14,00 auf mehr als 105,00 Euro – ein Kursplus von ca. +670% in nur etwas mehr als vier Jahren! Im Zuge der dann einsetzenden Finanzkrise ging es jedoch innerhalb von nur gut 1 ½ Jahren zurück auf das ursprüngliche Kursniveau bzw. sogar noch einen Tick tiefer. Diese Phase war eine sehr kritische Zeit, denn just in diese Zeit fiel der Übernahmeversuch durch die Schaeffler-Gruppe.

Übernahmeversuch durch Schaeffler

Schaeffler hatte dabei heimlich, über sogenannte Swap-Geschäfte, eine Beteiligung in Höhe von 36% des Aktienkapitals aufgebaut. Mit Überschreitung der 30% Schwelle wurde jedoch ein Pflichtangebot an die übrigen Aktionäre notwendig. Schaeffler bot hier zunächst den Mindestpreis von 69,37 Euro je Aktie – mit dem Ziel den eigenen Anteil auf knapp 50% des Aktienkapitals aufzubauen. Nach Abschluss einer Investorenvereinbarung – als Interessenvertreter aller Anteilseigner wurde Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder bestimmt – erhöhte Schaeffler den Angebotspreis schließlich auf 75,00 Euro je Aktie.

Da die Aktie, nach der Insolvenz von Lehman Brothers am 15. September 2008, jedoch eben auf Kurse unter 13,00 Euro zurückgefallen war, wurden Schaeffler am Ende 90% der Aktien zur Übernahme angedient. Da die übernommenen Continental Aktien jedoch an die kreditgebenden Banken als Sicherheiten weiter gegeben worden waren, geriet plötzlich die Schaeffler-Gruppe selbst in eine finanzielle Schieflage. Dies wiederum führte zu einem Streit um den Umgang mit dieser Situation, der letztlich im Rücktritt des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden von Continental führte.

Aktuelle Situation: Umsatz- und Gewinnentwicklung zuletzt

Aus heutiger Sicht muss man die damalige Situation als paradox bezeichnen. Denn selbst nach einem heftigen Kursrückgang – infolge mehrerer Gewinnwarnungen – im Jahr 2018 notiert die Aktie mit rund 145,00 Euro heute deutlich höher als damals. Im Allzeithoch waren es jedoch auch schon mal mehr als 250,00 Euro. Kann die Aktie da in absehbarer Zeit nochmal hinkommen? Schauen wir uns mal die Bilanz sowie die Umsatz- und Gewinnentwicklung zuletzt gemeinsam an, um dies beurteilen zu können!

Zwischen 2014 und 2018 gelang es Conti den Jahresumsatz von 34,5 Mrd. auf zuletzt 44,4 Mrd. Euro und somit um ca. +28,7% respektive ca. +6,5% p.a. zu steigern. Zugleich stieg das EBIT jedoch nur um ca. +15,1% respektive ca. +3,6% p.a. Allerdings ist die schwache Performance in der Gewinnentwicklung in erster Linie auf den Gewinnrückgang von 2017 auf 2018 zurückzuführen. Ebenfalls nicht so schön ist der Anstieg der Verbindlichkeiten, die von 2014 bis 2017 von 19,6 auf 22,6 Mrd. Euro zulegten.

Fazit: Gut aufgestellt, Comeback möglich, Aktie ist ein spekulativer Kauf!

Der aktuelle Börsenwert von Conti beträgt gut 29 Mrd. Euro. Allerdings liegen mehr als 50% des Aktienkapitals in den Händen von drei Großaktionären: 46% hält Schaeffler über die IHO Holding, knapp 5% hält Harris Associates und knapp 3% BlackRock. Dies ist wichtig zu wissen, denn damit liegt die Marktkapitalisierung des Freefloats bei "nur" ca. 13,4 Mrd. Euro. Das aktuelle KUV beträgt ca. 0,66 sowie das aktuelle KGV knapp 11. Interessant ist auch die Dividendenrendite mit gut 3%.

Auf Basis der Umsatz- und Gewinnschätzungen für das laufende Geschäftsjahr 2019e sinkt das KUV 2019e dann leicht auf ca. 0,64. Auch beim KGV 2019e sieht es nicht viel anders aus, hier sinkt das KGV 2019e wohl auf ca. 10,5. Angesichts der zuletzt gesehenen Wachstumsraten erscheint die Aktie weder zu teuer noch zu günstig. Da jedoch Conti auf längere Sicht, gerade auch im Hinblick auf die E-Mobilität, sehr gut aufgestellt ist, können längerfristig denkende Anleger die Aktie trotzdem einsammeln. Mein Kursziel: 210,00 Euro auf Sicht von mindestens 18 Monaten.

Zugehörige Kategorien: Dividenden-Aktien
Weitere Artikel