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Atoss Software: Doppelte Sonderkonjunktur durch EuGH-Urteil?

29.05.19 / 21:55

Eine der besten Aktien am deutschen Aktienmarkt ist, mal wieder, ein Überlebender des Neuen Marktes. Konkret schreibe ich an dieser Stelle über das Papier von Atoss Software (WKN: 510440). Das Unternehmen feierte seinen Börsengang am 21. März 2000. Ausgegeben wurden die Aktien seinerzeit zu 30,00 Euro, nachdem die sogenannte Bookbuildingspanne zuvor bei 27,00 bis 30,00 Euro gelegen hatte.

Der erste Börsenkurs wurde dann mit 31,50 Euro festgestellt, so dass sich diejenigen, die die Aktie gezeichnet hatten, immerhin über einen kleinen Zeichnungsgewinn von +5% freuen konnten. Für den Neuen Markt war dies jedoch ein wenig spektakulärer Börsengang. In den Wochen und Monaten nach dem damaligen Börsengang stieg die Aktie jedoch weiter und erreichte so auf den Tag genau fünf Monate nach der Erstnotiz ein erstes zyklisches Hoch bei über 53,00 Euro.

Mit dem Niedergang des Neuen Marktes brach dann jedoch auch diese Aktie völlig ein. So wurden Ende des Jahres 2001 weniger als 5,00 Euro für die Aktie auf den Tisch gelegt. Solche Tiefstkurse wurden jedoch dann selbst im Zuge der Finanzkrise 2007-2009 nicht mehr erreicht. Ende des vergangenen Jahres notierte der Titel, nach einer kleinen Korrektur, knapp unter 80,00 Euro. Seitdem kennt sie kein Halten mehr – und erreichte kürzlich fast die Marke von 130,00 Euro.

EuGH-Urteil könnte für doppelte Sonderkonjunktur sorgen...

Was aber macht Atoss Software eigentlich genau? Nun, das große Thema der Gesellschaft lautet Entwicklung und Vertrieb von Software für das sogenannte Workforce-Management. Konkret geht es also darum mit Hilfe der Software von Atoss Software den Einsatz von Arbeitskräften zu planen und letztlich zu optimieren. Dies ist gerade in Zeiten des Fachkräftemangels natürlich essentiell, was auch die hervorragende Geschäftsentwicklung der Gesellschaft sowie die ebenso herausragende Kursentwicklung der Aktie in den letzten Jahren erklärt.

Kurzfristiger Kurstreiber war jedoch etwas ganz anderes, nämlich das kürzlich gefällte Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Thema Arbeitszeiterfassung. So sind laut EuGH die Unternehmen in Europa dazu verpflichtet die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten systematisch zu dokumentieren. Dies gilt auch für den Außendienst oder das Home Office. Genau dies ist mit den Lösungen von Atoss Software möglich. Denn um Arbeitszeiten zu optimieren, müssen diese zuvor ja erfasst werden.

Die Atoss Software AG hat ihren Hauptsitz in München

Daher wetteten zuletzt viele Anleger auf eine weitere Sonderkonjunktur für das Unternehmen. Wie bereits erwähnt, profitieren die Münchener ja ohnehin schon lange von einer Sonderkonjunktur aufgrund des Fachkräftemangels. Wenn jetzt auch noch eine Sonderkonjunktur aufgrund der durch den EuGH vorgeschriebenen Arbeitszeiterfassung hinzu kommt, wäre das natürlich extrem positiv zu werten.

Aktuelle fundamentale Situation des Unternehmens

Gegenwärtig wird Atoss Software an der Börse mit gut 510 Mio. Euro bewertet. Demgegenüber stand zuletzt in 2018 ein Jahresumsatz von 62,6 Mio. Euro (ca. +14,7%) sowie ein Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 16,9 Mio. Euro (ca. +19,5%), womit die EBIT-Marge bei nahezu punktgenau 27,0% lag. Doch das Management um Gründer, Großaktionär und CEO Andreas Obereder hat für das bereits laufende Geschäftsjahr 2019e schon weiteres Wachstum in Aussicht gestellt.

So möchte Obereder den Jahresumsatz um 11-13% steigern und die EBIT-Marge mit 25-28% einigermaßen konstant halten. Das auf den ersten Blick etwas enttäuschende Wachstum ist dabei auf geplante Investitionen zurückzuführen, die das zukünftige Wachstum wieder befeuern sollen. Denn der Firmenlenker möchte noch in 2019 gerne neue Branchen und Märkte erschließen. Mit Hilfe des EuGH-Urteils könnte dies nun natürlich sogar deutlich einfacher werden, so dass letzten Endes die Wachstumserwartungen am Ende mal wieder übertroffen werden könnten.

Fundamentale Bewertung auf Basis meiner Umsatz- und Gewinnschätzungen

Konkret erwarte ich in 2019e ein Umsatz- und Gewinnwachstum um ca. +15%. Daraus ergibt sich für 2019e ein erwarteter Jahresumsatz von 72,0 Mio. Euro bei einem EBIT von 19,25 Mio. Euro. Bis zum Jahr 2021e dürfte der Jahresumsatz dann die Marke von 100 Mio. Euro erreichen sowie das EBIT die Marke von 25 Mio. Euro übertreffen. Somit ergibt sich ein KUV 2019e von ca. 7 bei einem KGV 2019e von über 37. Ohne weitere Kurssteigerungen würden diese Kennzahlen bis 2021e natürlich weiter deutlich sinken.

So läge das KUV 2021e aktuell bei ca. 5,1 sowie das KGV 2021e bei ca. 29. Grundsätzlich ist die Bewertung der Aktie damit zwar sehr hoch, allerdings noch keineswegs absurd hoch. Zumal in meinen Umsatz- und Gewinnschätzungen auch noch nahezu keinerlei Effekte aus dem eingangs thematisierten EuGH-Urteil enthalten sind. Sollte das EuGH-Urteil also tatsächlich schon kurzfristig zu einer Sonderkonjunktur bei Atoss Software führen, wäre die Aktie zurzeit fair bewertet.

Gründer, Großaktionär (50% des Aktienkapitals) und CEO, Andreas Obereder

Fazit: Mögliche kurz- bis mittelfristige Korrektur würde Kaufgelegenheit eröffnen!

In diesem Fall wäre sowohl das Abwärts- als auch das Aufwärtspotenzial begrenzt – die Aktie würde dann wohl einige Zeit um die Marke von 125,00 Euro pendeln. Bleiben diese positiven Sondereffekte hingegen aus, wäre sogar eine Korrektur in Richtung der runden Marke von 100,00 Euro möglich. Um oder unterhalb von 100,00 Euro ist die Aktie dann jedoch ein klarer mittel- bis langfristiger Kaufkandidat. Denn auf Sicht von vier bis fünf Jahren halte ich die Erreichung einer Marktkapitalisierung von bis zu 1,0 Mrd. Euro für absolut denkbar.

Dies wiederum würde dann einem Aktienkurs von ziemlich genau 250,00 Euro entsprechen. Sicherlich muss man sich mit dem Kauf der Aktie derzeit nicht beeilen, da selbst mögliche positive Sondereffekte durch das EuGH-Urteil hier längst eingepreist zu sein scheinen. Mittel- bis langfristig gehört Atoss Software aber, wie bspw. auch Nemetschek, weiterhin zur absoluten Crème de la Crème am deutschen Aktienmarkt. Setzen sie die Aktie daher auf Ihre Watchlist, warten Sie auf eine (größere) Korrektur und greifen Sie dann beherzt zu!

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