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Wirecard nach FT-Attacke: Mehr Schein als Sein?

Manuel / 15.10.19 / 19:36

Die Financial Times zündelt wieder: Diesmal mit Neuigkeiten zu Wirecards Geschäften in Dubai und Irland und mit ganz neuen internen Dokumenten, die Geschäftsabläufe innerhalb des Wirecard-Konzerns (WKN: 747206) zeigen und belegen sollen, dass "Abmachungen" getroffen wurden, um auf "betrügerische Weise" Umsatz- und Gewinnzahlen nach oben zu manipulieren.


Nach so einem hektischen Tag muss man erstmal durchschnaufen. So auch die Wirecard-Aktie. Diese erholt sich bis Xetra-Handelsschluss an der Frankfurter Wertpapierbörse um 17:30 Uhr wieder deutlich auf 122,05 Euro (-12,82%). Direkt nach Bekanntwerden des FT-Artikels verlor die Wirecard AG fast ein Viertel ihres Börsenwerts - oder fast 4 Milliarden Euro (wir berichteten).

Im Mittelpunkt stehen diesmal gleich zwei Beiträge der in der Finanzwelt für ihre Publikationen renommierten Financial Times. Einmal der Hauptartikel auf der FT-Seite und eine begleitende Erläuterung auf dem FT-Blog zu den internen Wirecard-Dokumenten.

Die neuen Betrugsvorwürfe von FT-Autor DanMcCrum fokussieren sich auf die Geschäfte von Wirecard in Dubai und Irland. Der FT vorliegende unternehmensinterne Tabellenkalkulationen und die damit verbundene Korrespondenz zwischen leitenden Mitarbeitern des Wirecard-Finanzteams deuteten offenbar "auf gemeinsame Anstrengungen hin, um Umsatz und Gewinn in den Wirecard-Geschäften in Dubai und Irland betrügerisch zu steigern", so die FT.

Im Zentrum der Dubai-Causa steht die bereits aus früheren Publikationen der FT bekannte Al Alam Solutions. Diese steht laut FT im Verdacht, dass ein großer Teil der von Al Alam abgewickelten Transaktionen in 2016 und 2017 garnicht stattgefunden haben - darauf deuteten laut FT "starke Anzeichen" hin. Trotzdem seien Geschäfte von scheinbar inzwischen nicht mehr existierenden Unternehmen noch in den internen Tabellen verbucht. Internen Wirecard-Dokumenten zufolge hätte laut FT-Bericht Al Alam 2016 für einen "ebitda-effekt" in Höhe von 173 Millionen Euro gestanden.

Hat Wirecard Ernst & Young getäuscht?

Besonders brisant: Geht es nach FT-Autor DanMcCrum, könnte Wirecard sogar die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hinters Licht geführt haben. EY ist bekanntlich der "alleinige Abschlussprüfer" von Wirecard und segnete den im April veröffentlichten Konzernabschluss 2018 - wie gewöhnlich im Falle einer rundum erfolgreichen Prüfung - mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk ab.

Das Dementi von Wirecard ließ nicht lange auf sich warten

So hieß es von Wirecard heute (wir berichteten):

Wirecard weist diese Anschuldigungen von Fehlverhalten kategorisch zurück. Der heutige Artikel der Financial Times ist eine Zusammenstellung von falschen und irreführenden Behauptungen, die Dan McCrum bereits früher in verleumderischen Artikeln aufgebracht hatte und die bereits vor einiger Zeit widerlegt wurden.

Es ist sehr bedauerlich, dass die Financial Times immer noch die Veröffentlichung eines derartig unverantwortlichen Artikels unterstützt, insbesondere nachdem wir der Financial Times über ihre Anwälte Nachweise übersandt haben, die ein Zusammenwirken mit Shortsellern zeigen und Zweifel an deren Motivation bei der Veröffentlichung ihrer Artikel aufwerfen.

Wirecard und die FT: eine Never Ending Story ...

Wirecard und die Financial Times beharken sich gegenseitig, wo es nur geht. Angefangen hatte die berüchtigte "Schlammschlacht" beider Akteure durch den ersten Artikel des Finanzblatts im Januar.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, teilte heute gegenüber boerse-online.de mit:

Wir werden den neuerlichen Vorfall in unsere ohnehin noch laufende Marktmanipulationsuntersuchung im Fall Wirecard einfließen lassen.

Wirecard geht zudem rechtlich gegen FT-Mitarbeiter vor. So hätte Wirecard laut heutigen Angaben "der Financial Times über ihre Anwälte Nachweise übersandt, die ein Zusammenwirken mit Shortsellern zeigen und Zweifel an deren Motivation bei der Veröffentlichung ihrer Artikel aufwerfen." Genau dies allerdings bestreitet die Financial Times vehement und sieht sich selbst durch die Ergebnisse einer selbst in Auftrag gegebenen Untersuchung seitens der Anwaltskanzlei RPC bestätigt. Laut der Untersuchung habe es keine Absprachen zwischen FT und Shortsellern gegeben.

Damals stand Wirecards Asien-Geschäft, genauer gesagt Bilanzunregelmäßigkeiten in Singapur, im Fokus der Ermittlungen, welche die lokale Polizei unter anderem zu Razzien in Wirecards Büros in dem südostasiatischen Stadtstaat veranlassten. Letztlich konnten die Falschbilanzierungsvorwürfe in einem unabhängigen Gutachten der auf Compliance-Themen spezialisierten Kanzlei Rajah & Tann weitestgehend entkräftet werden.

Im Zuge des rapiden Kursverfalls gegen Jahresanfang wurde seitens der BaFin ein umstrittenes vorübergehendes Short-Verbot in Wirecard-Aktien verhängt. Es war das erste Mal, dass die Finanzaufsicht hierzulande bei einer einzelnen Aktie zu so einer Maßnahme griff.

Nun liegt der Ball erneut beim Wirecard-Management, dessen Absicht es sein dürfte, die Vorwürfe schnellstmöglich und umfassend auszuräumen.

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