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MorphoSys: Kursziel 1.000 Euro - mit 20 Jahren Verspätung?

Marc Rendenbach / 26.04.19 / 18:28

Wer mich schon länger kennt und verfolgt, sollte wissen, dass ich seit je her ein großer Fan des in Martinsried bei München ansässigen deutschen Biotechunternehmens MorphoSys (WKN: 663200) bin. So verfolge ich dessen Entwicklung schon seit dem ersten Tag am damaligen Neuen Markt. Damals war MorphoSys übrigens eines der ersten Unternehmen, dass von der Deutschen Bank (als Konsortialführer) an die Börse gebracht wurde.

Generell war es natürlich so, dass der Ruf der Deutschen Bank Ende der 1990er Jahre noch viel besser war als heute. Daher achtete man seinerzeit auch noch sehr auf die Qualität der Unternehmen, die man an die Börse brachte. Damit war die Deutsche Bank seinerzeit übrigens eher die Ausnahme. Denn spätestens nahe des Höhepunkts der Spekulationsblase am Neuen Markt brachte so manche Bank jede „Frittenbude“ an die Börse.

Das war schließlich am Ende sicherlich auch einer der Hauptgründe, warum der Neue Markt völlig in sich zusammenfiel und geschlossen wurde. Was sehr schade war und ist, denn Deutschland bräuchte durchaus solch ein Börsensegment für junge Startups. Schließlich waren ja nicht nur Betrüger dort am Werk, wie die langfristig hervorragenden Entwicklungen von Unternehmen wie Bechtle, Cancom, ISRA Vision, Nemetschek, Sartorius oder United Internet beweisen.

MorphoSys oder die Aktie mit Kursziel Dausend Euro

Damit verfolge ich MorphoSys also schon genauso lange, wie das Unternehmen an der Börse notiert ist. In dieser Zeit wurde es übrigens immer vom bis heute noch aktiven CEO Simon Moroney geführt. Allerdings hat dieser inzwischen angekündigt sich bis spätestens 30. Juni 2020, also mit Ablauf seines aktuellen Vertrages, in den Ruhestand zu verabschieden. Er wird jedoch noch so lange als CEO an Bord bleiben, bis ein geeigneter Nachfolger gefunden ist.

Übrigens hielt ich die Aktie von MorphoSys lange selbst, insbesondere über die Zeit der Finanzkrise 2007/2008, und konnte dadurch (seinerzeit noch steuerfreie; denn damals gab es noch keine Abgeltungssteuer und Kursgewinne waren nach 12 Monaten steuerfrei!) stattliche Kursgewinne von über +400% einfahren. Nicht investiert war ich jedoch – leider – zu der Zeit, als die Aktie von einem „Börsenguru“ in der „3SAT Börse“ mit Kursziel Dausend Euro zum Kauf empfohlen wurde. Am Montag nach dieser Empfehlung erreichte der Titel übrigens sein bis heute gültiges Allzeithoch von 444,44 Euro (splittbereinigt: ca. 148,15 Euro).

Die komplette Führungsriege von MorphoSys um CEO Dr. Simon Moroney

Einerseits war diese Empfehlung damals (angesichts der bekannten Euphorie, die am Neuen Markt herrschte) zwar in gewisser Weise unverantwortlich. Andererseits jedoch auch gar nicht sooo absurd, wie man heute vielleicht annehmen könnte. Denn tatsächlich hatte der „Börsenguru“ ja einen Peer Group-Vergleich mit dem direkten Konkurrenten Medarex vorgenommen. Auf Basis der Medarex-Bewertung an der NASDAQ wäre das Kursziel daher durchaus realistisch gewesen, zumal MorphoSys über die leicht bessere Antikörper-Technologie verfügte.

Fundamentale Bewertung erscheint völlig absurd, aber ist es gar nicht

In der Spitze hat die Aktie inzwischen immerhin schon wieder Höchstkurse von knapp unter 125,00 Euro erklommen (Mitte 2018). Seitdem befindet sie sich allerdings in einer scharfen Korrekturbewegung, deren Abschluss auf sich warten lässt. Dabei wird bei MorphoSys heute ein Jahresumsatz von zuletzt 76,4 Mio. Euro sowie ein Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von -60,5 Mio. Euro mit einem Börsenwert von knapp 2,9 Mrd. Euro belegt.

Dies erscheint auf den ersten Blick natürlich völlig verrückt, ja beinahe wahnwitzig. Aber MorphoSys kann man halt auch nicht anhand solcher Geschäftszahlen bewerten. Denn das Unternehmen investiert inzwischen über 100 Mio. Euro pro Jahr in die Entwicklung seiner Medikamentenpipeline. Dabei war man in der Vergangenheit auch schon sehr erfolgreich, so dass man das erste deutsche Biotechunternehmen wurde, dass ein Medikament vollständig selbst bis zur Marktreife entwickeln konnte.

Zwar hat Jahre zuvor auch schon mal Medigene ein eigenes Medikament erfolgreich zur Marktreife führen können. Die Salbe gegen Genitalwarzen (Veregen (TM)) hatte man aber zuvor einlizensiert. Dies war bei Tremfya (R) (Guselkumab) anders, weshalb die FDA-Zulassung dieses Medikaments (gegen Schuppenflechte) mit Hilfe der Partners Janssen Pharmaceuticals als Meilenstein für die gesamte deutsche Biotech-Branche gilt. Aktuell spekulieren Anleger daher auf eine Ausweitung der Marktzulassung für Tremfya (TM) als auch die baldige Marktzulassung weiterer Medikamente.

Der größte Hoffnungsträger: das Blutkrebsmedikament MOR208!

Größter Hoffnungsträger in der extrem breiten Medikamenenpipeline (MorphoSys entwickelt inzwischen an mehr als 100 Wirkstoffprogrammen, von denen sich bereits 29 in der klinischen Entwicklung befinden!) ist jedoch MOR208. Dabei geht es letztlich um ein Medikament gegen eine besonders aggressive Form von Blutkrebs. Dies für sich genommen ist natürlich schon sehr interessant, weil solche Krebsmedikamente hohe Umsätze und Gewinne versprechen.

MOR208 ist für MorphoSys jedoch auch deshalb so interessant, weil man dieses Medikament noch nicht an einen Pharmakonzern verpartnert hat. Somit besteht die Möglichkeit das Medikament, anders als noch Tremfya (TM), in Eigenregie zu vermarkten. Somit fließen diese Umsätze und Gewinne dann auch vollständig an MorphoSys – und nicht, wie bei Tremfya (TM), nur Tantiemen im mittleren einstelligen Prozentbereich.

Besonders elektrisiert sind die Anteilseigner von MorphoSys dabei auch, weil zuletzt das Management – insbesondere in Person von Finanzvorstand Jens Holstein – mehrfach davon sprach, dass man eine Marktzulassung von MOR208 in den USA schon für das kommende Jahr, 2020, anstrebe. Dies wäre bis zu einem Jahr früher als viele Experten bisher vermutet hatten und somit natürlich extrem positiv zu werten.

MorphoSys, Head Quarter in Martinsried (bei München)

Fazit: MorphoSys ist ein spekulativer, mittel- bis langfristiger Kaufkandidat

Zusammenfassend muss ich heute konstatieren, dass ich die Aktie nach wie vor extrem spannend finde. Eine fundamentale Bewertung des Unternehmens auf Basis der Umsatz- und Gewinnentwicklung ist hier allerdings nicht möglich. Man braucht schon einerseits eine gewisse Expertise im Bereich Biotechnologie (weshalb ich mich über Biotechunternehmen gerne mit einem Freund, der Biochemie studiert hat und einen entsprechenden Doktortitel hält, darüber austausche) sowie eine gewisse Phantasie.

Wenn man diese jedoch besitzt und sowohl an eine Ausweitung des Einsatzgebiets von Tremfya (TM) als auch eine Marktzulassung von MOR208 glaubt, stellt die Aktie ein hochinteressantes Investments im Biotechnologiesektor da. Die heutige Nachricht, dass man in der sogenannten GECKO Studie mit MOR106 in Zusammenarbeit mit Galapagos in die Phase 2 der klinischen Tests vorgestoßen ist, kommt da nur noch on top.

Ich jedenfalls bewerte die Entwicklung des Konzerns unverändert sehr positiv – und sehe deshalb die Erreichung eines Kursziels von 125,00 Euro auf Sicht von 6-12 Monaten als absolut realistisch an. Unter der Voraussetzung, dass MOR208 tatsächlich noch im Laufe des Jahres 2020 die Zulassung der FDA in den USA erhält, wären dann auf Sicht von 12-18 Monaten sogar 150,00 Euro und mehr drin, womit die Aktie neue Allzeithochs erklimmen würde. Ob es am Ende vielleicht doch noch die einst genannten Dausend Euro (splittbereinigt: 333,33 Euro) werden, wenn auch mit fast zwanzig Jahren Verspätung? Wer weiß...

Zugehörige Kategorien: Biotech-Aktien
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