Über 1 Mrd. Umsatz: Wirecard lehrt Leerverkäufern das Fürchten

Marc Rendenbach
30.01.17

Wirecard (WKN: 747206) hat es geschafft. Erstmals in der Unternehmensgeschichte erreichte der Jahresumsatz des Zahlungsdienstleisters mehr als eine Milliarde Euro.

Für Wirecard kommt es heute zur Nagelprobe. Das Jahr 2016 war bekanntermaßen von starken Anschuldigungen geprägt, welche Leerverkäufer mutmaßlich in Umlauf setzten, um von Kursverlusten zu profitieren. Im Frühjahr wurde dies von den Medien aufgegriffen und führte zu einem kurzzeitigen Einbruch unter 30 €, ohne jedoch  zu einem abschließenden Ergebnis oder Urteil zu kommen.

Obwohl der komplette Jahresbericht erst Anfang April erwartet wird, steht für den Kurs die heutige Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen im Vordergrund.

In seiner Ad-Hoc-Meldung am Morgen bestätigte der Vorstand von Wirecard die bereits erwarteten Zahlen. Der Umsatz wuchs im Vergleich zum Vorjahr um 33% auf 1,03 Mrd. Euro. Der operative Gewinn (EBITDA) erhöhte sich um 35% auf 307,4 Mio. €. Für 2017 prognostiziert der Vorstand eine EBITDA-Guidance zwischen 382 und 400 Mio. €.

Die Zahlen erfüllten damit die vom Vorstand gegebene Prognose und lagen leicht über den Erwartungen der Analysten. Dies dürfte den Kurs kurzfristig begünstigen, zumal man vor einem Jahr noch von einem Gewinn ausging, der in der Spanne zwischen 280 bis 300 Mio. € liegen sollte und die Planung für die nächsten vier Jahre eine Verdoppelung des Umsatzes vorsieht.

Technisch betrachtet wird es für die Aktie jetzt brisant. Zwischen 45 und 47 € liegen die letzten Widerstände vor einem neuen Allzeithoch sowie die Nackenlinie einer umgekehrten Schulter-Kopf-Schulter-Formation. Ein Ausbruch darüber könnte Kurse von über 60 € bedeuten.

Die Baader Bank begründet ihr ähnliches Kursziel rein mit fundamentalen Faktoren und empfiehlt die Aktie zum Kauf mit Ziel 62 €.

Die starke operative Entwicklung des Zahlungsabwicklers sei noch nicht im Aktienkurs eingepreist, heißt es in der jüngsten Analyse von Baader Bank Analyst Knut Woller vom 17. Januar.

Kritiker und Leerverkäufer sind noch nicht verstummt

Wir sehen trotzdem noch ein Restrisiko, das sich leider nicht vermeiden lässt. Mit so punktgenauen Trefferlandungen bei den Zahlen wird Wirecard seine Kritiker kaum besänftigen. Diese sehen im Geschäftsmodell grundsätzliche Risiken und dürften den bestehenden großen Spielraum bei der Bilanzierung von Finanzunternehmen weiterhin kritisch beäugen. Das macht den Kurs von Wirecard verwundbar. Zudem ist die Marktkapitalisierung von 5,6 Mrd. € nicht mehr ausnahmslos günstig und preist die Wachstumszahlen für 2017 weitgehend ein.

Einige Leerverkäufer hatten zuletzt vor der Zahlenveröffentlichung ihre Position erhöht. Darsana Capital Partners LP und Steadfast Capital Management LP erhöhten die Zahl der am Grundkapital verkauften Aktien leicht von 1,2 auf 1,4 Prozent. Der größte Leerverkäufer ist die Blue Ridge Capital, L.L.C, die seit August 2016 eine Leerverkaufsposition von 3,35% an den ausstehenden Aktien unterhält und seither, gemäß den Angaben des Bundesanzeigers, keine Veränderung mehr vornahm.

Wirecard-Optimisten weisen daraufhin, dass eine Eindeckung der Leerverkäufe den Kurs noch weiter steigen lassen müsste. Doch wir glauben eher, dass zumindest bei Blue Ridge Capital eine sehr langfristig angelegte Wette gegen Wirecard platziert wurde.

Blue Ridge ist mit schätzungsweise 5 Mrd. US$ an Investmentgeldern äußerst kapitalstark und besitzt eine ausgesprochen große Flexibilität. Der Fonds ging einst aus dem Kreis des "Tiger Clubs" hervor, einer Bezeichnung die für den legendären Hedgefondsmanager Julian Robertson steht, welcher in seiner aktiven Zeit ein Privatvermögen von 3,8 Mrd. US$ anhäufte.

Die nächsten Handelstage könnten sehr spannend werden.

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