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Es lebe der Zock!

Marc Rendenbach / 17.12.10 / 11:31

Zum Jahresende läuft die Zockmaschinerie noch einmal auf Hochtouren: Glückspilze sahnen kräftig ab, andernorts verwandeln sich ganze Depots in Schrotthaufen - das alles typischerweise innerhalb kürzester Zeit. Vorwiegend dreht es sich hierbei um die in Fachkreisen allseits bekannten und viel diskutierten Mantelspekulationen. Wer es nicht weiß: Börsenmäntel bestehen aus der Rechtsform einer börsennotierten Aktiengesellschaft, besitzen aber kein (nennenswertes) operatives Geschäft. Zumeist handelt es sich um "Hüllen" insolventer Unternehmen, deren ehemaliger Betrieb entweder abgestoßen oder liquidiert wurde. Die Aktien dieser Gesellschaften bleiben oftmals weiter an der Börse handelbar - entweder bis die Firma aus dem Handelsregister gelöscht wurde oder aber auch langfristig, wenn der Börsenmantel wieder mit einem Geschäft gefüllt und somit zu neuem Leben erweckt wird. Viele Unternehmen suchen auf diese Weise den Weg an den Kapitalmarkt; der Erwerb eines Börsenmantels ist schließlich deutlich günstiger und unkomplizierter als ein Börsengang aus eigener Kraft.

In Deutschland gibt es eine Reihe von Anbietern, die sich auf den Handel mit Börsenmänteln spezialisiert haben, so in etwa die Carthago-Gruppe. Diese Firmen kaufen in der Regel langsam und unauffällig die fast wertlosen Aktien der Mantelgesellschaften über die Börse und andere Wege ein, bis sie eine Mehrheit am Unternehmen besitzen und die Anteile letztendlich gewinnbringend an einen Interessenten weiterverkaufen können. Passiert genau das, profitieren fast immer auch die noch verbliebenen Aktionäre in teilweise gigantischem Ausmaß.

Ob sich einzelne Börsenmäntel für eine Reaktivierung eignen, hängt von zahlreichen Faktoren ab und ist für Außenstehende kaum zu beurteilen. Hierzu bedarf es der Kommunikation mit direkten Quellen wie etwa der Insolvenzverwaltung, um sich ein genaueres Bild machen zu können. In den letzten Tagen, Wochen und Monaten wurden reihenweise deutsche Insolvenzwerte "gezockt". Unseren Recherchen zufolge wurden einige Kurs-Vervielfacher tatsächlich durch Mantel-Käufer zumindest ausgelöst, während sie von zahlreichen Trittbrettfahrern vollendet wurden. So wiesen Aktien von Firmen wie Azego, Arquana und vor allem Tria IT-Solutions (Kurs schnellte rund 20.000% in die Höhe) mitunter lächerlich hohe Bewertungen auf. Auch die Aktie der emQtec AG wurde zum Spielball der Zocker und konnte sich innerhalb einiger Woche mehr als vervierzigfachen, bevor wieder etwas Realität einkehrte. Generell an der Börse und insbesondere bei Mantelspekulationen gilt: Nichts ist sicher! Es bleibt jedoch ein interessantes Spielfeld, das spannende Börsenunterhaltung verspricht.

Erklärung nach § 34b Abs. 1 des Wertpapierhandelsgesetzes
Die Autoren erklären, dass sie im Besitz von Finanzinstrumenten sein könnten, auf die sich die hier publizierten Beiträge beziehen. Hierdurch besteht die Möglichkeit eines Interessenskonfliktes.

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