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Deutsche Post +9%: Üppige Dividende auch langfristig?

Simon Ruić / 09.03.22 / 12:29

Vorstandschef Frank Appel hat die Deutsche Post (WKN: 555200) 2008 noch im Chaos übernommen. Im abgelaufenen Jahr hat die Pandemie dem Bonner Unternehmen nun einen Rekordgewinn beschert. Die angekündigte Dividende wird üppig ausfallen, die Aktie steigt bis zum Mittag um über +9% auf 43,40€. Der Blick hinter die Kulissen offenbart jedoch weiterhin Defizite. Ist der DAX-Konzern für langfristig orientierte Investoren eine gute Option?

stock.adobe.com/Studio Porto Sabbia

Die Deutsche Post AG ist ein börsennotiertes Logistik- und Postunternehmen, das 1995 aus der staatlichen Behörde Deutsche Bundespost hervorging. Der Konzern, der seit 2015 unter dem Namen Deutsche Post DHL Group auftritt, hat einen aktuellen Börsenwert von über 52 Milliarden €.

Rekordergebnis, Analysten erwarteten aber mehr

Die Deutsche Post hat im abgelaufenen Jahr ihren operativen Gewinn (EBIT) gegenüber 2020 um +65% auf den Rekordwert von knapp 8 Milliarden € gesteigert. Das meldete das Logistik-Unternehmen am Mittwoch in seinem Jahresbericht 2021. Damit hat der DAX-Konzern seine eigene zum vierten Mal angehobene Prognose von „über 7,7 Milliarden €“ deutlich übertroffen.

Die den Aktionären zurechenbaren Gewinne stiegen demnach um fast 70% auf 5,05 Milliarden € oder 4,01 € je Aktie. Die von Visible Alpha befragten Analysten hatten im Schnitt mit 5,08 Milliarden € jedoch etwas mehr erwartet. Das Management will die Dividende nun um 0,45 auf 1,80 € je Anteil erhöhen. Das entspricht zu aktuellen Kursen einer Dividendenrendite von 4,25%.

Der Umsatz auf Konzernebene stieg im Vorjahresvergleich um rund 22% auf 81,75 Milliarden € und blieb damit ebenfalls leicht unter der Konsensschätzung von 82,28 Milliarden €.

Erwartete Wachstumsverlangsamung 2022

Für das laufenden Jahr plant die Deutsche Post mit einem gleichbleibenden EBIT von 8 Milliarden €, plus/minus 5%. Die Prognose basiert laut Mitteilung auf den Annahmen, dass der Onlinehandel seine Stärke behält, während sich das globale Logistikwachstum verlangsamen dürfte.

Den Free Cashflow – eine wichtige Kenngröße für die Liquiditätssteuerung – sieht der Konzern 2022 bei 3,6 Milliarden € mit einer Abweichung von maximal plus/minus 5%. 2021 betrugen die zur Verfügung stehenden liquiden Mittel noch 4,1 Milliarden €.

Starke Pandemiedynamik in fast allen Sparten

Erst Corona, jetzt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine: Im Welthandel herrscht Chaos, die meisten Lieferketten sind stark angespannt, viele bereits gerissen. Die fast flächendeckenden Lieferengpässe bei Industrie und Handel machen die Logistik aufwendiger und damit teurer denn je. Die Deutsche Post DHL profitiert davon mit ihrer internationalen Ausrichtung derzeit in allen Sparten.

Das Express-Segment mit seiner Flugzeugflotte ist in der Pandemie zum Gewinnbringer geworden. Immer mehr Unternehmen haben ihre Produkte zuletzt per Luftfracht versendet, was zu voller Auslastung und höheren Preisen führte.

Das Lagergeschäft des DAX-Konzerns hat 2020 in einigen Standorten noch Kurzarbeit angemeldet. Nun profitiert die Sparte stark von Onlinehändlern und Neukunden, die Stauraum brauchen. Auch das internationale Paketgeschäft eCommerce Solutions boomt. Der Frachtsparte Golbal Forwarding and Freight, die lange als Problem galt, helfen nun die hohen Raten in der Seefracht.

Probleme beim Brief- und Paketgeschäft

Die Dynamik der Corona-Pandemie wird jedoch in absehbarer Zeit nachlassen und ein Blick hinter die Kulissen der Deutsche Post verrät: Der DAX-Konzern hat einige Defizite. Analysten gehen daher für die nächsten zwei Jahre allenfalls von einer Seitwärtsbewegung beim Gewinn aus.

So hat ausgerechnet die Sparte Post & Paket Probleme. Die Pandemie hat die Digitalisierung derart beschleunigt, dass die Briefmenge in den vergangenen zwei Jahren um 10% gesunken ist. Die große Herausforderung für die Deutsche Post ist aber, dass die Briefzustellung viel zu teuer ist und die Kosten weiter steigen werden. Angesichts von Rekordgewinnen und der Inflation dürfte sich die Gewerkschaft Verdi bei den nächsten Tarifverhandlungen nicht zurückhalten.

Wettbewerber ignoriert

Auffällig ist zudem: Als Marktführer reagiert die Deutsche Post erstaunlich unbesorgt auf den Wettbewerb. Der Onlinehändler Amazon hat sein deutsches Paketnetz jahrelang rapide ausgebaut und kommt laut Bundesnetzagentur derzeit auf einen Marktanteil von 15%. Bisher konnte DHL diese Einbußen noch ausgleichen, doch der Gegenwind dürfte immer stärker werden.

Neue Lieferdienste wie Gorillas und Flink will der DAX-Konzern erst gar nicht als Konkurrenz erkennen. Obwohl Investoren Milliarden in die Start-ups pumpen, zweifelt der Vorstand an der Nachhaltigkeit dieser Geschäftsmodelle. Die Post bietet hingegen nicht einmal die Zustellung am gleichen Tag. Bei Zukäufen war das Logistik-Unternehmen lange Zeit ebenfalls sehr zögerlich.

Zu allem Überfluss muss die Post bis 2030 etwa 7 Milliarden € ausgeben, um ihre CO2-Emissionen um mehr als 10% zu senken. Bis 2050 soll der DAX-Konzern schließlich klimaneutral sein. Die Luftfracht macht allein zwei Drittel der Konzernemissionen aus. Die Post braucht jedoch ihre Flugzeuge, um ihrer gesetzlichen Pflicht nachzukommen, 80% aller Briefe innerhalb von einem Tag zuzustellen. Ein Großteil der Investitionen soll deshalb in nachhaltigen Treibstoff fließen wie Kerosin aus Bioabfällen.

Bessere Alternativen für Dividendenjäger

Die Deutsche Post steckt derzeit in einem schwierigen Dilemma: Je besser es heute läuft, desto schwieriger wird es morgen sein. Die coronabedingt starke Dynamik in den meisten Sparten des Konzerns wird sich zwangsläufig abschwächen. Steigende Kosten beim Brief- und Paketgeschäft sowie hohe Nachhaltigkeits-Investitionen werden Druck auf die Margen verursachen.

Aus meiner Sicht gibt es für langfristig orientierte Dividendenjäger im DAX bessere Alternativen – etwa die Chemiekonzerne Bayer und BASF. Bayers Dividende wirft im Schnitt der vergangenen Jahre eine Rendite von 4,5% ab. Ist der Glyphosat-Streit des Unternehmens erst einmal ausgestanden, sind für die Aktie zudem derzeit bis zu +50% Kurzpotenzial drin.

BASF liefert zu aktuellen Kursen über 6% Dividendenrendite – der Topwert im DAX. Die Geschäftsaussichten des Chemieriesen sind stark. Aufgrund des Nachhaltigkeitsumbaus des Konzerns wird das Wachstum allenfalls vorübergehend stagnieren. Damit könnte der Aktienkurs noch eine Weile durchhängen, doch an der progressiven Dividendenpolitik wird sich nichts ändern.

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