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4 günstige Energie-Aktien aus der zweiten Reihe

Frank Giarra / 13.06.23 / 10:06

Weltweit blicken die Börsen gespannt auf den Mittwoch. Wird die US-Notenbank eine Pause einlegen, wie von den Meisten erwartet und bereits weitgehend eingepreist, oder wird sie erneut an der Zinsschraube drehen? Die neuen US-Inflationsdaten am Dienstagmittag werden die Richtung vorgeben. Tech-Werte haben im Vorfeld bereits kräftig zugelegt – doch SD-Expertin Miriam Kraus empfiehlt im Interview andere Sektoren, die Anleger jetzt in den Fokus nehmen sollten.

stock.adobe.com/Jemang

Die selbstständige Finanzexpertin Miriam Kraus beschäftigt sich seit zwei Jahrzehnten intensiv mit dem Börsengeschehen. Ihr Hauptaugenmerk gilt dabei den Devisen- und Rohstoffmärkten. Seit Kurzem verstärkt sie den exklusiven Börsenbrief Goldherz PLUS+, wo sie als Co-Analystin wirkt.

Was ist günstiger, Tech- oder Rohstoff-Aktien?

Sind Tech-Werte aktuell günstig oder eher teuer? Wie steht es im Vergleich dazu mit Rohstoff-Aktien? Wo sind aktuell Investments empfehlenswert? Darüber hat SD-Chefredakteur Frank Giarra mit der Finanzexpertin Miriam Kraus gesprochen.

Die US-Notenbank scheint eine Zinspause einlegen zu wollen, was im Vorfeld Tech-Werte beflügelt. Wann ziehen Ihrer Meinung nach Rohstoff-Aktien nach?

Miriam Kraus: Alles steht und fällt natürlich mit der Frage: Kommt die globale Rezession oder kommt sie nicht? Die europäische Wirtschaft ist bereits in eine Rezession abgeglitten, dafür stabilisiert sich das Wachstum in den USA und China, wenn auch noch nicht auf den gewünschten Niveaus.

Die OECD prognostiziert für 2023 ein globales Konjunkturwachstum von 2,7% – das entspricht der niedrigsten Wachstumsrate seit der Finanzkrise. Für 2024 wird ein moderat höheres Wachstum von 2,9% erwartet, vor allem getrieben durch das Wachstum in den Schwellenländern. Auch die deutsche Wirtschaft soll im kommenden Jahr wieder zulegen.

Eigentlich sind das überaus positive Signale für die Rohstoffmärkte, denn das Wachstum in den Schwellenländern wie auch das stark vom Export abhängige Wachstum der deutschen Wirtschaft sind in der Regel stark rohstofflastig.

Auch ein Blick in die Vergangenheit hilft, die künftige Entwicklung zu bestimmen. Die Reaktion der Rohstoffpreise nach einer Rezession hängt tendenziell nämlich sehr eng mit den jeweiligen Ausgangsbedingungen zusammen. Die Geschichte zeigt, dass bei begrenzten Kapazitätsreserven und Investitionen vor einer Rezession die Angebotsengpässe tendenziell wieder zum Vorschein kommen, sobald das Nachfragewachstum ansteigt.

Das haben wir bereits in der Zeit nach der Rezession Anfang der 2000er Jahre (die dem letzten Rohstoff-Superzyklus vorausging) und hernach noch ein weiteres Mal nach dem Corona-Nachfrageschock gesehen. Ich glaube, dass diese beiden Zeiträume einen hervorragenden Vergleich zu den heutigen Bedingungen bieten.

Hinzu kommt der nicht zu unterschätzende Faktor Inflation. Zwar sind die offiziellen Inflationsraten in den USA und Europa zuletzt zurückgekommen, was ja die Hoffnung auf eine Zinspause in den USA beflügelt, aber ein Blick auf die Produzentenpreise zeigt, dass diese sich immer noch auf enorm hohen Niveaus befinden. In den USA stiegen die Produzentenpreise zuletzt sogar wieder leicht an. Die Kerninflationsrate hält sich in den meisten Staaten hartnäckig auf hohem Niveau.

Kein besserer Inflationsschutz als Rohstoffanlagen

Keine andere Anlageklasse hat allerdings eine so hohe Korrelation zur Inflation wie Rohstoffe. Seit 1977 liegt der durchschnittliche Korrelationskoeffizient bei 0,43. Im Gegensatz zu einer negativen Korrelation von -0,06 für Aktien und -0,19 für globale Anleihen. Mit anderen Worten: Es gibt keinen besseren Inflationsschutz als Rohstoffanlagen.

Aktuell sehen wir bereits erste Erholungstendenzen in den Rohstoffmärkten. Die OPEC stabilisiert mit ihren Förderkürzungen die Ölpreise, in Europa sind die Erdgaspreise in der vergangenen Woche um 40% nach oben geschossen aufgrund von Angebotsbedenken, während sich die US-Gaspreise zu stabilisieren scheinen. In den Metallmärkten sehen wir aktuell vor allem im Silber Preisunterstützung aufgrund von Angebotssorgen. Auch der Kupferpreis ist zuletzt nach oben gesprungen. Hier greift die Kombination eines schrumpfenden Angebots und der Erwartung einer steigenden Nachfrage.

Ob diese Tendenzen nachhaltig sind, muss die Realwirtschaft zeigen, aber falls nicht, wird es die inzwischen schon enorm hoch bewerteten Tech-Titel wohl härter treffen als die aktuell spottbilligen Rohstoffwerte. Langfristig orientierten Anlegern kann ich nur dazu raten, die Schwäche im Falle einer leichten Rezession auch als Gelegenheit zum Schutz vor der Inflation zu betrachten.

Was für Öl- und Gastitel spricht

Die Öl- und Gaspreise verharren auf niedrigen Niveaus. Ist das eine Gelegenheit zum Kauf oder würden Sie eher noch günstigere Kurse abwarten?

Miriam Kraus: Tatsächlich ist aktuell kaum etwas so günstig bewertet wie Öl- und Gastitel. Mit einem durchschnittlichen KGV von 5,7 bilden Energieaktien den günstigsten Sektor von allen 11 US-Marktsektoren. An zweiter Stelle kommen Rohstoffwerte allgemein, mit einem durchschnittlichen KGV von 11,3. Darauf folgen Finanztitel mit einem Durchschnitts-KGV von 12,4.

Zum Vergleich: Eine Nvidia wird derzeit mit einem KGV von 195 bewertet, Tesla mit 67 und Apple bräuchte auch immerhin 30 Jahre, um bei aktuellen Gewinnen seine Bewertung zu rechtfertigen.

Aus antizyklischer Sicht spricht aktuell alles dafür, um sich jetzt günstig mit Öl- und Gaswerten einzudecken. Ob es zwischenzeitlich trotzdem nochmal günstiger geht? Die Wahrscheinlichkeit ist geringer, selbst eine Rezession würde den strukturellen Ausblick für Rohstoffanlagen im Allgemeinen und Energietitel im Besonderen nicht verändern. Aber falls ja, umso besser.

Man muss sich ja auch immer die Frage stellen: Will ich in einer Situation wie aktuell, wo so viele Marktteilnehmer in Bezug auf die Aussichten der Konjunkturentwicklung eine derart indifferente Haltung haben, wirklich das besitzen, was sowieso schon alle anderen haben und entsprechend schnell wieder abstoßen würden? Oder kaufe ich mir lieber etwas, das nach allen Maßstäben richtig günstig ist und womit ich dann langfristig auf der sicheren Seite bin?

Diese Energieaktien sind spottbillig

Gibt es aktuell Aktien, die Sie unseren Lesern speziell empfehlen können?

Miriam Kraus: Energieaktien sind aktuell spottbillig. Und ich spreche hier nicht von irgendwelchen Klitschen, die nicht wissen, ob sie die kommenden Monate überleben werden. Ich spreche von großen, profitabel wirtschaftenden Konzernen mit KGVs von 4 bis 8, die auch noch hohe Dividenden ausschütten.

Mir würden da zum Beispiel die Kanadier Cardinal Energy (CJ.TO) oder Crescent Point Energy (CPG) einfallen, die aktuell mit Dividendenrenditen von 9% und 4,5% glänzen. Oder etwas spekulativer Ring Energy (REI) aus Texas, die trotz niedriger Ölpreise profitabel geblieben sind und von steigenden Öl- und Gaspreisen mit wachsenden Cashflows überproportional profitieren. Diese Wette auf steigende Öl- und Gaspreise wird aktuell nur mit einem KGV von 1,6 bewertet.

Wahnsinnig spannend sind auch immer noch nordamerikanische Midstream-Aktien. Diese Midstreamer profitieren nicht vom absoluten Preisniveau der Öl- und Gaspreise, sondern von den Volumen, die durch ihre Pipelines geschickt werden.

Was soll ich sagen? Der nächste europäische Winter wird kommen, aber ohne das US-LNG wird es ein schwieriger Winter. Schon vergangene Woche haben wir erste Angstreaktionen in Europa gesehen, nachdem Angebotssorgen die aktuell eigentlich ausreichenden Gasvorräte und die schwächere Nachfrage überlagerten. Denn die Gaslieferungen aus den USA nach Europa werden derzeit immer knapper, da das Angebot nach Asien verlagert wird, wo die Preise in den Sommermonaten aufgrund der stärkeren Nachfrage nach Kühlung höher sind.

Wenn eine Kinder Morgan (KMI), die 40% der US-Erdgasproduktion transportiert und über ein Pipelinenetzwerk von 70.000 Meilen verfügt, damit beginnt, Gasspeicherkapazitäten an der texanischen Golfküste aufzubauen, dann will das schon was heißen. Midstreamer schütten traditionell auch hohe Dividenden aus, im Falle von KMI liegt diese aktuell bei 6,6%.

Anleger sollten allerdings vorsichtig sein bei Limited Partnerships (LP). Diese sind aus steuerlichen Gründen für europäische Anleger aufgrund des enorm hohen bürokratischen Aufwands nicht unbedingt zu empfehlen.

Auch Silberaktien sind überaus interessant, angesichts des weiterhin bestehenden strukturellen Defizits und der wieder anziehenden Investmentnachfrage. Am besten solche mit wenig Exposure zu Mexiko, wo ein neues Bergbaugesetz künftige Bergbauaktivitäten erschwert und eher in zweiter Reihe, wie zum Beispiel Silvercorp Metals (SVM).

Wir haben derzeit im Goldherz PLUS+ einige ausgezeichnete Ölaktien im Depot, darunter einen Explorer, der uns erst letzten Monat ein Plus von 160% beschert hat, und noch weitere Titel mit starkem Erholungspotenzial.

Auch eine überaus starke Midstream-Aktie mit überdurchschnittlich hoher Dividendenrendite von 9% und eine Spitzen-Silberaktie finden Anleger bei uns hochaktuell auf der Kaufliste.

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