Valneva-Aktie: Das steckt hinter den jüngsten Kurskapriolen

19.08.22 um 14:29

Nachdem Valneva (WKN: A0MVJZ) gestern zunächst eine Abfuhr aus dem Pentagon erhielt, ging es Schlag auf Schlag weiter: Zwei weitere Unternehmensmeldungen ließen die Aktie des Wirkstoffentwicklers Achterbahn fahren; schließlich ging der Titel an der Pariser Heimatbörse jedoch fast unverändert mit 9,90 € aus dem Handel.

Valneva ist ein französisches Biotechunternehmen mit Hauptsitz in Saint-Herbain. Die Firma entwickelt und vermarktet Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten. Mit seinem Totimpfstoff VLA 2001 verfügt Valneva über das einzige Vakzin gegen das Coronavirus, das eine Standardzulassung in der EU erhalten hat.

Am Donnerstag gab es bei der Valneva-Aktie wieder reichlich Bewegung. Die anfänglichen knapp -3% drehten am Nachmittag urplötzlich in ein Tagesplus von 3%, bevor der Titel schließlich mit -0,04% quasi unverändert bei 9,90 € aus dem Handel ging.

Am Morgen musste der Wirkstoffhersteller zunächst bekanntgeben, dass die USA ihre Option zur Lieferung des Tropenerreger-Vakzins IXIARO für das zweite Jahr nicht ausüben werden. Darüber haben wir bereits ausführlich berichtet und die Konsequenzen dieser Entscheidung für das Unternehmen eingeschätzt.

WHO-Empfehlung für VLA 2001

Der plötzliche Kursumschwung ereignete sich dann gegen 15 Uhr MEZ, nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Valnevas Covid-Impfstoff eine Empfehlung ausgesprochen hat. Das Vakzin sei demnach für alle Menschen im Alter von 18 bis 50 Jahren sicher und wirksam.

Zudem empfiehlt die WHO den Totimpfstoff made in France nun auch als zweite Auffrischungsimpfung für „ältere Menschen, Mitarbeiter des Gesundheitswesens und Personen mit einem hohen Risiko für eine schwere Erkrankung“. Die Empfehlungen folgen dem Rat der Strategischen Beratergruppe für Impfungen vom 11. August.

Start des Zulassungsverfahrens für den Chikungunya-Impfstoff

Nicht einmal zwei Stunden später veröffentlichte Valneva die nächste Unternehmensmeldung. Demnach haben die Franzosen nun offiziell mit der schrittweisen Einreichung des US-Zulassungsantrags für ihren Chikungunya-Impfstoff namens VLA 1553 begonnen.

Der Antrag stützt sich auf die Daten einer Phase-3-Studie, die der Wirkstoffhersteller im März veröffentlicht hatte. Zwei Monate später folgten die finalen Los-zu-Los-Resultate. Das Unternehmen plant den Angaben nach nun, das Antragsverfahren bis Ende des Jahres abzuschließen. In der ersten Jahreshälfte 2023 soll die Zulassungsanträge für VLA 1553 demnach auch in Europa gestellt werden.

Der Markt schenkt Valnevas Pipeline wenig Beachtung – zu Recht?

Die starke Reaktion an der Börse auf die WHO-Empfehlung macht einmal mehr deutlich, dass der Aktienkurs von Valneva größtenteils durch die Nachrichtenlage hinsichtlich VLA 2001 getrieben wird. Dabei hat die restliche Pipeline des Wirkstoffentwicklers am meiner Sicht deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient.

So ist für den durch Mücken übertragenen Tropenerreger Chikungunya derzeit noch kein Vakzin erhältlich. Sollte das Mittel von Valneva die Zulassungen der Behörden erhalten, könnten die Franzosen im Alleingang einen Markt bedienen, der auf eine halbe Milliarden US$ jährlich geschätzt wird.

Nicht außer Acht lassen dürfen Anleger zudem Valnevas Wirkstoffkandidaten gegen Lyme-Borreliose. Vergangene Woche erst hatte die Biotech-Schmiede den Start einer zulassungsrelevanten Phase-3-Studie für das Mittel bekanntgegeben. Der 90-Millionen €-Einstieg von US-Partner Pfizer deutet an, dass der Großkonzern Blockbuster-Potenzial bei dem Serum sieht. Die Studienergebnisse sollen in etwa einem Jahr vorliegen.

Der geschätzte Jahresumsatz mit dem Borreliose-Mittel liegt indes mindestens so hoch wie bei VLA 1553, wobei die Prognosen tendenziell immer weiter steigen. Der Grund dafür liegt darin, dass die Fallzahlen von Tropenkrankheiten Forschern zufolge aufgrund der Erderwärmung zunehmen  – auch in Deutschland, wie das Robert Koch-Institut jüngst warnte.

Aus meiner Sicht rechtfertigen die derzeitigen Impfstoff-Programme gegen Tropenerreger Valnevas Börsenwert von gut einer Milliarde € bereits und bergen eine Menge potenzielle Upside. Die beiden bereits vermarkteten Reiseimpfstoffe des Unternehmens sichern den Kurs derweil nach unten ab, während VLA 2001 noch für positive Überraschungen sorgen kann.

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