Biotech-Aktien: Jetzt mehr Chancen oder Risiken?

Profi beurteilt Lage und Aussichten

Er rennt und rennt und rennt: der Biotech-Sektor. Seit April geht es mit den Kursen fast nur noch in eine Richtung: bergauf. Kann das noch so weitergehen oder gibt es Anzeichen für Schwäche? Biotech-Profi Maximilian Ruth zeigt die Aussichten für Biotech-Aktien auf.

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„Die Stimmung ist hervorragend“

Von der starken Nervosität und Unsicherheit an den Märkten zeigt sich der Biotech-Sektor aktuell unbeeindruckt. Woran liegt das? Und kann das noch so bleiben? Maximilian Ruth, Biotech-Profi und Chefanalyst des exklusiven Anlegerclubs No Brainer Club, analysiert im Interview mit SD-Chefredakteur Frank Giarra die Lage und beurteilt die weiteren Aussichten.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Stimmung am Biotech-Markt, und welche Faktoren treiben derzeit die Kursentwicklung in diesem Sektor am stärksten?

Maximilian Ruth: Die Stimmung im Biotech-Sektor ist hervorragend. Wir sehen zahlreiche M&A-Deals, gute Studiendaten, starke Vertriebserfolge von neu gestarteten Produkten und ein sich verbesserndes Umfeld.

Waren zu Beginn der Amtszeit von Donald Trump noch große Anfeindungen gegenüber Biotechs spürbar, hat sich dieser Wind zuletzt gedreht. Große Verträge mit Biotechfirmen stellten Trump zufrieden und halfen seiner Agenda.

Auch die starken Zukäufe/Firmenkäufe durch Pharmafirmen bei kleineren Biotechs wirken sich spürbar aus und bringen große Zuflüsse in den Sektor, die zwangsläufig auch allen anderen Aktien zu Gute kommen.

Zinsen sind für Biotech-Unternehmen zentral

Welche Rolle spielen Zinspolitik und Finanzierungskonditionen für Biotech-Unternehmen, insbesondere für kleinere Firmen ohne marktreife Produkte?

Maximilian Ruth: Zinsen sind für Biotech-Unternehmen zentral, weil sie über lange Zeiträume hohe Kosten, aber keine Umsätze haben. Gerade kleinere Firmen ohne marktreife Produkte finanzieren ihren gesamten Betrieb über externe Kapitalquellen – Equity, Wandelanleihen, Venture Debt oder Partnerschaften.

Wenn die Zinsen steigen, wird dieses Kapital sofort teurer und knapper: Investoren erhalten sichere Renditen im Anleihemarkt und haben daher weniger Anreiz, in riskante Frühphasenentwicklungen zu investieren. Finanzierungsrunden werden dann kleiner, teurer oder stärker verwässernd, was die strategische Flexibilität der Firmen deutlich einschränkt.

In Niedrigzinsphasen kehrt sich diese Dynamik um. Investoren suchen risikoreichere Anlagen, weil sichere Papiere kaum Rendite bringen. Das erleichtert Biotechs die Kapitalaufnahme, hebt Bewertungen und ermöglicht ambitioniertere Entwicklungsprogramme oder sogar IPOs.

Für junge Biotechs bedeutet die Zinspolitik damit nicht nur ein Umfeldfaktor, sondern einen entscheidenden Rahmen: Sie bestimmt, wie gut eine Firma ihren Cash-Burn finanzieren kann und ob klinische Programme planmäßig vorankommen oder aus Kostengründen reduziert, gestreckt oder auf Partner übertragen werden müssen.

 

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Die FDA wirkt wie ein unmittelbarer Trigger

Inwiefern beeinflussen regulatorische Entscheidungen der FDA die Bewertungen und Investitionsbereitschaft im Biotech-Sektor aktuell?

Maximilian Ruth: Regulatorische Entscheidungen der FDA wirken derzeit extrem direkt auf Bewertungen, weil sie in einem schwierigen Zins- und Finanzierungsumfeld sofort über Kapitalzugang und Geschäftsmodell entscheiden. Positive Signale – Breakthrough-Designations, beschleunigte Verfahren, klare Phase-3-Guidance – senken das Entwicklungsrisiko und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass ein Projekt überhaupt finanziert wird. Das führt oft zu deutlichen Bewertungsaufschlägen und höherer Investitionsbereitschaft.

Umgekehrt sorgen Complete Response Letters, Verzögerungen oder strenge Anforderungen aktuell für besonders starke Kursabschläge, weil Investoren weniger bereit sind, zusätzliche Cash-Burn-Phasen zu finanzieren.

Kurz gesagt: Die FDA wirkt im Moment wie ein unmittelbarer Trigger – sie entscheidet oft darüber, ob ein Projekt kapitalisierbar bleibt oder finanziell an die Wand fährt.

Welche Teilbereiche innerhalb der Biotechnologie – etwa Genom-Editierung, Onkologie oder seltene Krankheiten – halten Sie momentan für besonders wachstumsstark und warum?

Maximilian Ruth: Es gibt derzeit viele Bereiche im Biotech-Sektor, die stark gefragt sind. Darunter insbesondere anti-entzündliche Medikamente, die den gesamten Körper betreffen und immunologische Erkrankungen lindern sollen (NLRP3), kardiologische Erkrankungen, also am Herzen, natürlich die Abnehmprodukte und ihre potenziellen Nachfolger, aber auch weitere Zivilisationskrankheiten wie Fettleber oder Diabetes.

Einen großen Schwerpunkt bilden derzeit sicher auch Erkrankungen im Nervensystem und der Psyche wie Alzheimer, Parkinson, aber auch Depressionen.

Chancen und Risiken im Sektor

Welche Risiken und Chancen sollten Anleger derzeit berücksichtigen, wenn sie in Biotech-Aktien investieren oder bestehende Positionen halten möchten?

Maximilian Ruth: Aktuell ist der Biotech-Sektor stark zweigeteilt: Auf der einen Seite stehen günstige Bewertungen, viele M&A-Aktivitäten großer Pharma-Konzerne und starke Studiendaten – all das schafft klare Chancen, vor allem bei Firmen mit soliden Cash-Reserven oder nahen klinischen Katalysatoren.

Auf der anderen Seite bleiben Kapitalmarktbedingungen schwierig: Hohe Zinsen, teurere Finanzierungen und eine selektive FDA erhöhen das Projektrisiko. Anleger sollten daher besonders auf Cash-Runway, klinische Datenqualität, Partnerstrukturen und Verwässerungsrisiken achten.

Wer investiert, profitiert von einem attraktiven Chancen-Risiko-Verhältnis, muss aber bereit sein, kurzfristige Volatilität und harte Kursreaktionen auf News auszuhalten.

Wer hierbei an die Hand genommen werden will, sollte bei uns im No Brainer Club vorbei schauen!


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