Warum bei Gold und Silber die Bullen am Ruder bleiben

Interview mit Expertin

Bei den Edelmetallen und einigen Rohstoff-Aktien kam es in letzter Zeit zu einigen Gewinnmitnahmen. Warum bei Gold und Silber dennoch die Bullen am Ruder bleiben werden, erklärt Börsenprofi Miriam Kraus.

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US-Shutdown vor dem Ende

Der Regierungsstillstand in den USA neigt sich dem Ende entgegen. Republikaner und Demokraten haben sich anscheinend verständigt, so dass der längste Shutdown der US-Geschichte nach 40 Tagen bald Geschichte sein dürfte.

Zum Wochenauftakt ziehen viele Aktien und auch die Preise der Edelmetalle stark an. Geht die Rallye bei Gold und Silber jetzt weiter? Miriam Kraus, Rohstoff-Expertin und Chefanalystin des exklusiven Rohstoff Anleger Club, beleuchtet im Interview mit SD-Chefredakteur Frank Giarra die Lage.

Wie ist aktuell die Lage im Rohstoff-Sektor?

Miriam Kraus: Wir haben in einigen Rohstoffmärkten zuletzt Gewinnmitnahmen nach dem Erreichen von Allzeit- oder Mehrjahreshochs gesehen. Diese sind eine Bestätigung für den übergeordneten Aufwärtstrend in den Rohstoffmärkten.

Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen die enorme Nachfrage durch die Investitionen in die KI-Infrastruktur. Selbst wenn die Aktienkurse von KI-orientierten Unternehmen in naher Zukunft einbrechen sollten, dürfte sich der Rohstoffbedarf aus dieser Branche mindestens für weitere zwei Jahre deutlich erhöhen. Dies basiert auf den bereits im Bau befindlichen Rechenzentren sowie denjenigen, deren Bau in naher Zukunft beginnen soll. Hier sind vor allem die Sektoren Metalle und Energie betroffen.

Hinzu kommt die steigende Nachfrage durch den globalen Ausbau der Verteidigungssektoren. Auch der schließlich notwendige Wiederaufbau der Ukraine, der Wiederaufbau des Gazastreifens und der Bau des gewaltigen Yarlung-Tsangpo-Wasserkraftwerks in China haben einen enormen Rohstoffverbrauch zur Folge. Zudem üben die Beschränkungen des internationalen Handels einen Aufwärtsdruck auf die Rohstoffpreise aus, da sie den internationalen Rohstoffhandel weniger effizient machen.

Miriam Kraus Rohstoffe Goldherz Report

Miriam Kraus, Chefanalystin Rohstoff Anleger Club

Durch Zölle kann es sinnvoller werden, einen Rohstoff im Inland zu produzieren, statt ihn zu importieren. Allerdings dauert der Bau einer neuen Mine in der Regel mehrere Jahre und der Minenbau selbst verbraucht große Mengen an Rohstoffen. Die Kombination aus einem langfristig schwächeren US$ (durch den wachsenden Vertrauensverlust weltweit und den zunehmenden Trend rohstoffreicher Nationen Rohstoffgeschäfte in Heimatwährungen und zu Ungunsten der US-Währung durchzuführen) und steigenden Staatsausgaben weltweit wird sowohl die gewerbliche Nachfrage nach Rohstoffen stützen als auch die spekulative Nachfrage nach Rohstoffen als Inflationsschutz erhöhen.

Und auch wenn Investitionen in erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft derzeit von der US-Regierung weniger betont oder sogar aktiv entmutigt werden, gibt es weltweit – insbesondere in China – weiterhin massive Investitionen in diese Energieformen. Dies wird die gewerbliche Nachfrage nach Industriemetallen erhöhen. Zudem deutet der Goldbullenmarkt der vergangenen Jahre auf einen Rohstoffbullenmarkt in den kommenden Jahren hin. Denn in der Regel gehen Goldbullenmärkte einem breiten Rohstoffbullenmarkt voraus.

Hier gibt es hohe Dividenden

Es gibt spannende Entwicklungen im Bereich der Schifffahrt. Können Sie die kurz skizzieren und deren Bedeutung für Anleger?

Miriam Kraus: Nun, die Branche war nach dem Boom 2021–2022 stark eingebrochen, aber die langfristigen Fundamentaldaten sprechen zunehmend für eine neue Aufwärtsphase. Das sehen wir auch an der alternden Flottenstruktur. Weltweit ist der Auftragsbestand für neue Schiffe auf einem Mehrjahrestief (besonders bei Tankern und Massengutfrachtern). Der Durchschnitt des globalen Schiffsbestands liegt bei über 12 Jahren – viele Schiffe nähern sich dem Ende ihrer wirtschaftlichen Lebensdauer. Gleichzeitig dauert der Neubau eines modernen Schiffs heute 2–3 Jahre, und die Werftkapazitäten sind begrenzt (viele asiatische Werften sind bis 2027 ausgebucht).

Die Folge ist, dass das Angebot an Tonnage nur sehr langsam wächst, was langfristig steigende Frachtraten begünstigt. Dazu tragen auch strengere Umweltauflagen wie EU-ETS seit 2024 und IMO ab 2027 bei. Aufgrund dieser müssen ältere, ineffiziente Schiffe nachgerüstet oder verschrottet werden. Doch viele Reedereien zögern noch immer, neu zu bestellen, solange unklar ist, welche Antriebsform (LNG, Methanol, Ammoniak, Wasserstoff) sich durchsetzt.

Das führt zu einem Verzögerungseffekt beim Flottenersatz und hält die Kapazität knapp. Gleichzeitig profitieren Reedereien mit jungen, effizienten Flotten überproportional.

Überdies wächst, trotz Deglobalisierung, der Seeverkehr mengenmäßig weiter – insbesondere in Asien, Afrika und Indien. Energie- und Rohstofftransporte (Öl, LNG, Kohle, Getreide) bleiben stark, da geopolitische Umbrüche längere Routen erzwingen (z. B. Umwege um Afrika wegen Sicherheitsrisiken im Roten Meer). Und auch der Trend zu „Nearshoring“ (z. B. neue Lieferketten USA–Mexiko–Asien) erhöht den Bedarf an Küstenschifffahrt und Containernetzen.

Viele Unternehmen der Branche haben Netto-Cash-Positionen, eine geringe Verschuldung und zahlen hohe Dividenden.

Uran-Bullenmarkt hat begonnen

Was gibt es Neues im Uran-Markt? Sehen Sie hier interessante Investmentchancen?

Miriam Kraus: Auf der Nachfrageseite tut sich viel: Die Weltbank hat etwa das 60 Jahre alte Verbot der Finanzierung von Atomkraftwerken aufgehoben. In Kanada und Japan werden neue Reaktoren gebaut oder geplant und in den USA wurden Genehmigungsprozesse für neue Reaktoren entschlackt.

Die Angebotsseite dagegen kämpft mit Problemen von Kasachstan bis zu Cameco. Kein Wunder, dass die USA erst letzte Woche Uran, neben Kupfer und Silber, auf die Liste der kritischen Mineralien aufgenommen haben.

Der Uranmarkt wird klar von beiden Seiten enger, mit der sichtbar steigenden langfristigen Nachfrage und einer schleichenden Erosion der erwarteten Angebotsmenge. Das letzte Mal, dass Uran eine ähnliche Konstellation hatte, war in den 2000er-Jahren – damals verzehnfachte sich der Spotpreis.

Wir befinden uns noch früh in diesem Zyklus, aber die Grundstruktur steht. Ein Uran-Bullenmarkt hat begonnen – und der strukturelle Druck dahinter wird nur stärker.

Goldbullen bleiben am Ruder

Wie sieht es bei den Edelmetallen aus? Stehen wir vor der nächsten Aufwärtsbewegung?

Miriam Kraus: Die Edelmetallmärkte haben nach den Gewinnmitnahmen klar ihren langfristigen Aufwärtstrend bestätigt. Damit läuft nun die nächste Etappe der Langfrist-Rallye an.

Wenn wir Gold in Abhängigkeit vom S&P 500 betrachten, sehen wir den Peak im Jahr 2011, als der Goldpreis sein damaliges Hoch erreichte. Tatsächlich hat Gold seit diesem markanten Höchststand im Jahr 2011 bis zu den Tiefpunkten 2018 und 2021 (nach dem COVID-Abverkauf, als die Angst anstieg) schlechter abgeschnitten als der S&P 500.

Doch seitdem haben Goldkäufer wieder an Einfluss und Überzeugung gewonnen, der Abwärtstrend in diesem Verhältnis konnte keine Dynamik zurückgewinnen. Inzwischen hat Gold den S&P 500 in der Performance übertroffen.

Das hat gute Gründe, wie die Zentralbankkäufe, die Neuordnung des Welthandels und die zunehmende globale Unsicherheit durch das entstehende Machtvakuum, welches die Trump-Regierung hinterlässt. Betrachtet man die Stärke des langfristigen Aufwärtstrends, besteht kaum ein Zweifel daran, dass die Goldbullen klar das Ruder in der Hand haben.

Auch wenn ich kein großer Freund von Marktanalogien bin, lässt sich sagen: Wenn eine säkulare Rallye einmal solch ein atemberaubendes Momentum erreicht hat, endet sie selten einfach still und leise.

Wichtig ist, ich sehe hier keine Anzeichen für ein Ende der Rallye. Viele Investoren haben bislang den Anstieg verpasst und dürften nur darauf warten, den Rücksetzer nun als Einstiegsgelegenheit zu nutzen.

Ein spannendes Bergbauschwergewicht

Haben Sie aktuell einen speziellen Kauftipp?

Miriam Kraus: Ich persönlich nutze Rücksetzer wie zuletzt immer gerne für den Kauf von physischen Edelmetallen. Auch Gold- und Silber-Titel mit günstiger Bewertung sind spannend, selbst Bergbauschwergewichte wie eine SSR Mining, die nun wieder am Restart der Cöpler-Mine arbeitet, sind hier interessant.

Zuletzt haben wir im Rohstoff Anleger Club (RAC) auch unser Kupfer-Engagement verstärkt.


Ergänzend bemerkt: Smarte Anleger setzen jetzt auf Kupfer – 10 exakt ausgewählte Investments findest Du nur in unserem exklusiven Report „Kupfer vor dem Kursknall“