Super Micro Computer-Aktie: Zwischen Wachstum und Vertrauenskrise
Der US-amerikanische Serverhersteller Super Micro Computer steht erneut im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit – und das nicht nur wegen seiner Rolle im boomenden KI-Geschäft. Während viele KI-Aktien neue Rekordhöhen erreichen, kämpft das Unternehmen mit enttäuschenden Quartalszahlen und einem angekratzten Anlegervertrauen. Dennoch sehen Analysten enormes Potenzial, sollte das Management die Versprechen einlösen können.
Ein schwacher Start ins neue Geschäftsjahr
Super Micro hat sich den Start in das Geschäftsjahr 2026 anders vorgestellt. Das Unternehmen meldete für das erste Quartal bis Ende September Umsätze von rund 5 Milliarden US-Dollar und blieb damit deutlich unter den Analystenerwartungen von etwa 6,5 Milliarden. Noch im Vorfeld war von bis zu 7 Milliarden US-Dollar Umsatz die Rede gewesen. Nach einem schwierigen Jahr 2025, das durch eine Bilanzaffäre überschattet war, hatte Super Micro zwar ein beeindruckendes Umsatzwachstum von 50 Prozent auf 22 Milliarden Dollar erzielt – der neue Fehlstart dämpft jedoch die Euphorie.
Das Management erklärte, dass sich Teile des Geschäfts in das laufende Quartal verschoben hätten. Über 12 Milliarden Dollar an sogenannten „Design Wins“ – also bestätigten Kundenaufträgen – seien aufgrund von Änderungswünschen erst im zweiten Quartal umsatzwirksam. Konzernchef Charles Liang betonte, die Nachfrage bleibe hoch, Super Micro gewinne Marktanteile und halte an der Umsatzprognose von mindestens 33 Milliarden US-Dollar für das Gesamtjahr fest.
Neue Produkte, verschobene Umsätze
Ein Teil der Verzögerungen könnte auch mit der Einführung einer neuen Produktlinie zusammenhängen. Mit den sogenannten Data Center Building Block Solutions (DCBBS) bietet Super Micro seinen Kunden ein modulares System, das Server, Speicher, Software, Kühlung und Netzwerktechnik integriert. Ziel ist es, Rechenzentren schneller betriebsbereit zu machen. Branchenbeobachter vermuten, dass einige Aufträge bewusst auf das zweite Quartal verschoben wurden, um die neuen Systeme zu berücksichtigen.
Große Bewertungslücke im KI-Sektor
An der Börse hat der Kursrückschlag Spuren hinterlassen. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 28 Milliarden US-Dollar wird Super Micro derzeit unterhalb des einfachen Umsatzverhältnisses bewertet – eine Seltenheit in der KI-Infrastrukturbranche. Zum Vergleich: Wettbewerber wie Vertiv oder Celestica handeln mit einem Vielfachen des Umsatzes, obwohl ihr Wachstumstempo deutlich niedriger liegt.
Während Vertiv seine Umsätze zuletzt um etwa 30 Prozent steigerte und mittlerweile auf das Sechsfache der erwarteten Jahreserlöse bewertet wird, wächst Super Micro rund 50 Prozent pro Jahr – bleibt aber wegen wiederkehrender Quartalsenttäuschungen und niedriger Margen zurück. Die Bruttomarge lag zuletzt bei nur 9,6 Prozent, während Celestica mit 12 Prozent deutlich besser abschneidet. Gelingt es Super Micro, seine Profitabilität auf das anvisierte Niveau von 14 bis 17 Prozent zu heben, könnte sich der Bewertungsabschlag schnell verkleinern.
Chancenreich, aber risikobehaftet
Super Micro hat trotz aller Turbulenzen ein starkes Fundament. Die Nachfrage nach Hochleistungsservern für KI-Rechenzentren wächst rasant, und das Unternehmen zählt zu den zentralen Zulieferern für Hyperscaler und Cloud-Anbieter. Analystenschätzungen zufolge könnte Super Micro bei einer stabilen Marge und 33 Milliarden US-Dollar Umsatz im Geschäftsjahr 2026 einen Gewinn je Aktie zwischen 4,30 und 6,80 US-Dollar erzielen – deutlich mehr als in den Vorjahren.
Das größte Risiko bleibt jedoch die Unzuverlässigkeit bei der Ergebnisprognose. Bereits im Vorjahr war die Aktie nach enttäuschenden Quartalen zeitweise unter 20 Dollar gefallen. Ein weiterer schwacher Bericht könnte erneut Druck auf den Kurs ausüben.
Fazit
Super Micro bleibt eine der spannendsten, aber auch riskantesten Aktien im KI-Sektor. Das Unternehmen steht an der Schwelle zu einem weiteren Wachstumsschub, kämpft aber mit hausgemachten Problemen und einem massiven Vertrauensdefizit. Sollten die verschobenen Aufträge tatsächlich im laufenden Quartal realisiert werden, könnte sich das Blatt schnell wenden – und die Aktie vom Sorgenkind zum Aufsteiger des KI-Markts werden.
ℹ️ Super Micro Computer in Kürze
- Super Micro Computer (WKN: A0MKJF) mit Sitz in San José in Kalifornien ist ein US-Anbieter von Server- und Speichertechnologien.
- Das Unternehmen verfügt über eine sehr breite Produktpalette, die von Hauptplatinen und Barebones über Server bis zu Computergehäusen und Kühlungslösungen reicht.
- Die Hauptbörse der Aktie von Super Micro Computer ist die Technologiebörse Nasdaq, in Deutschland ist sie über Tradegate handelbar. Das Unternehmen wird aktuell mit knapp 29 Milliarden € bewertet.