Ottobock-Aktie: Muss man beim IPO dabei sein?

Großer deutscher Börsengang

In wenigen Tagen wird die Deutsche Börse um eine Aktie reicher. Das namhafte Medizintechnikunternehmen Ottobock wird am 9. Oktober an die Frankfurter Wertpapierbörse gehen. Mit einem Volumen von knapp über 4 Milliarden € wird es nicht nur einer der größten, sondern auch spannendsten Börsengänge in diesem Jahr. Wie sehen die Details des IPOs aus? Und ist die Ottobock-Aktie einen Kauf wert?

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Details zum Börsengang

Ottobock plant, seine Aktien in einer Spanne zwischen 62 und 66 € auszugeben. Das Angebotsvolumen liegt angabegemäß zwischen 766 und 808 Millionen €. Bei einer IPO-Bewertung von 4,0 bis 4,2 Milliarden € errechnet sich daraus ein Streubesitz von 19%.

Der Börsengang soll aus zwei Komponenten bestehen: zum einen einer Umplatzierung von 9,1 Millionen bestehender Aktien aus dem Bestand des Alleineigentümers Näder Holding. Zum anderen aus der Ausgabe von 1,6 Millionen neuer Aktien.

Der Erlöse von rund 100 Millionen € aus dieser Aktienausgabe soll dem Unternehmen für das zukünftige Wachstum dienen. Dazu zählen Akquisitionen sowie Investitionen in F&E und Digitalisierungsprozesse.

Am morgigen Dienstag soll die Zeichnungsfrist der Ottobock-Aktien beginnen. Für den Börsengang hat sich der deutsche Medizintechnikkonzern die Unterstützung prominenter Ankerinvestoren gesichert. Die Kühne Holding des Hamburger Logistikmilliardärs Klaus-Michael Kühne ist ebenso dabei wie der von der Capital Group verwaltete SmallCap World Fund.

Ein Hidden Champion?

Im ersten Halbjahr erwirtschaftete das Medizintechnikunternehmen einen Umsatz in Höhe von 801 Millionen €, ein Wachstum von 5% gegenüber dem Vorjahr. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen kletterte im Jahresvergleich um rund 30% auf 180 Millionen €. Die EBITDA-Marge lag demnach bei 22,5%.

Aufgrund der Unternehmensgröße kann man Ottobock kaum mehr als „Hidden Champion“ bezeichnen. Das niedersächsische Unternehmen ist Weltmarktführer in der Prothetik und einer der weltweit führenden Anbieter in der Orthetik, bei Rollstühlen und Exoskeletten. Das deutsche Traditionsunternehmen entwickelt und produziert Hightech-Medizinprodukte für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen aller Art, von klassischen Beinprothesen und Rollstühlen bis zu komplexen computergesteuerten Kniegelenken und myoelektrischen Armprothesen.

Der Markt für Prothetik und Orthetik wächst kontinuierlich. Haupttreiber sind die zunehmende Alterung der Weltbevölkerung und die Zunahme chronischer Erkrankungen. Der globale B2B-Markt für Prothesen und Orthesen wird auf 2,1 Milliarden € geschätzt. Im Bereich der Patientenversorgung liegt das geschätzte Marktvolumen bei 13,2 Milliarden €. Die Wachstumsprognosen für beide Märkte bis 2030 liegen bei 9 bzw. 5%.

Der Hintergrund ist nicht ideal

In strategischer Hinsicht halte ich Ottobock für ein hochspannendes Unternehmen. Es ist Marktführer in einem dynamisch wachsenden Markt mit starken Treibern und sehr hohen Markteintrittsbarrieren. Die Entwicklung und Produktion von Medizintechnik in den Bereichen Orthetik und Prothetik ist komplex und kostspielig. Zudem handelt es sich einen stark regulierten Markt mit hohen Zulassungsvoraussetzungen. Das führt zu einer sehr etablierten Marktstruktur, die Newcomern fast keine Chance auf einen Markteintritt lässt.

In finanzieller Hinsicht habe ich jedoch so meine Zweifel, ob der Börsengang erfolgreich verlaufen wird. Die Unternehmensbewertung mit dem zweieinhalbfachen Umsatz halte ich für recht ambitioniert.

Auch der Hintergrund des Börsengangs ist in meinen Augen nicht ideal. Im vergangenen Jahr kaufte die Näder Holding 20% der Anteile vom schwedischen Finanzinvestor EQT zurück. Dafür musste die Familienholding einen Kredit in Höhe von 1,1 Milliarden € aufnehmen. Die Holding benötigt das Geld aus dem Börsengang zur Rückzahlung dieses Kredits und versucht demnach, den Kaufpreis zu maximieren.

Vor diesem Hintergrund würde ich Anlegern empfehlen, den Börsengang von Ottobock erstmal abzuwarten und die Kursentwicklung in den ersten Tagen zu beobachten. Bei einem Kursrückgang könnte der Medizintechniktitel kaufenswert werden. Zur IPO-Bewertung ist er es meines Erachtens nicht.

ℹ️ Ottobock in Kürze

  • Ottobock mit Sitz im niedersächsischen Duderstadt ist ein 1919 gegründetes deutsches Orthopädietechnikunternehmen.
  • Das Unternehmen ist Weltmarktführer im Bereich Prothetik und als einer der führenden Anbieter in der Orthetik, im Rollstuhlbereich sowie bei Exoskeletten.
  • Eigentümer des Unternehmens ist die Familienholding Näder, den direkten Nachfahren des Firmengründers Otto Bock.
  • Ottobock wird ab dem 9. Oktober an der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet sein.
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