Moderna nach Zahlen: Ist die Zukunft düster?

Aktie schwächelt weiter
Gideon Crest

Moderna galt während der COVID-19-Pandemie als einer der großen Gewinner und avancierte mit seiner mRNA-Technologie und dem Impfstoff SpikeVax zu einem der führenden Biotechnologieunternehmen der Welt. Heute, mehr als zwei Jahre nach dem offiziellen Ende der Pandemie, zeigt sich jedoch ein deutlich anderes Bild. Der jüngste Quartalsbericht für Q2 2025 verdeutlicht, wie weit der Weg zurück zur Profitabilität ist – aber auch, welche Chancen in der Pipeline schlummern.

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Ergebnisse des 2. Quartals: Schwindende Umsätze und struktureller Umbau

Der aktuelle Quartalsbericht zeigt drastische Rückgänge: Die Umsätze beliefen sich auf nur noch 100 Millionen US-Dollar, der Nettoverlust lag bei 800 Millionen US-Dollar. Im Vergleich dazu hatte Moderna im zweiten Quartal 2022 noch über 4,7 Milliarden US-Dollar Umsatz und 5,2 Milliarden US-Dollar Gewinn verzeichnet. Die Aktie, einst bei rund 186 US-Dollar gehandelt, notiert nun bei lediglich 27,60 US-Dollar – ein Rückgang von über 70 % innerhalb eines Jahres.

Während das Unternehmen in der Pandemiezeit noch von milliardenschweren Impfstoffverkäufen profitierte, ist die Realität im Jahr 2025 eine andere: Die Nachfrage ist eingebrochen, die Verluste hoch. Die Prognose für das Gesamtjahr geht von einem Defizit von rund 4,5 Milliarden US-Dollar aus. Der Barmittelbestand soll zum Jahresende etwa sechs Milliarden betragen – ein Polster, das in den kommenden Jahren dringend geschont werden muss.

Kostensenkungen und Stellenabbau: Neue Effizienzstrategie bis 2027

Um den Herausforderungen zu begegnen, hat Moderna umfassende Sparmaßnahmen angekündigt. Bis 2027 sollen die jährlichen Barmittelausgaben von neun auf 4,7 bis 5 Milliarden US-Dollar reduziert werden. Ein zentraler Bestandteil dieser Strategie ist der Abbau von rund 10 % der Belegschaft. CEO Stéphane Bancel betont, dass dies notwendig sei, um das Unternehmen an die veränderten Marktbedingungen anzupassen und gleichzeitig weiter in die mRNA-Pipeline investieren zu können.

Drei neue Zulassungen, klare Fokussierung auf vielversprechende Impfstoffe

Trotz des Sparkurses konnte Moderna im zweiten Quartal drei neue Zulassungen feiern: Für den RSV-Impfstoff mRESVIA bei Risikopatienten, eine erweiterte Zulassung von SpikeVax für Kinder sowie mNEXSPIKE, den Nachfolger des ursprünglichen COVID-19-Impfstoffs. Laut CEO Bancel übertrifft mNEXSPIKE die Wirksamkeit des Vorgängers sogar.

Besonders vielversprechend sind die Entwicklungen im Bereich der Grippe- und Kombinationsimpfstoffe (Grippe/COVID). Moderna arbeitet daran, hier als erstes Unternehmen mit einem zugelassenen Produkt auf den Markt zu kommen. Die Daten der laufenden Phase-3-Studie zum Grippeimpfstoff mRNA-1010 zeigen eine um 26,6 % höhere Wirksamkeit im Vergleich zu einem Standardimpfstoff bei Personen ab 50 Jahren – ein möglicher Meilenstein.

Marktchancen für Grippe- und Kombinationsimpfstoffe

Ein möglicher Erfolg des Grippeimpfstoffs würde Moderna einen Einstieg in einen Milliardenmarkt eröffnen. Zum Vergleich: Sanofis Grippeimpfstoff erzielte 2024 mehr als 2,5 Milliarden US-Dollar Umsatz, die Produkte von GSK rund 400 Millionen. Sollte auch der Kombi-Impfstoff zugelassen werden, könnte dies ein noch größeres Marktpotenzial eröffnen. Zunächst wird jedoch die Einreichung der Grippeimpfstoff-Zulassung angestrebt, da diese die Voraussetzung für die Kombinationszulassung ist.

Onkologie-Projekte: Hoffnungsträger mit Unsicherheiten

Ein weiterer Fokus liegt auf der personalisierten Krebsimpfung intismeran autogene, die in Zusammenarbeit mit Merck entwickelt wird. Der Impfstoff befindet sich in mehreren Phase-II- und Phase-III-Studien, unter anderem bei Melanom und Lungenkrebs. Erste Daten aus dem Jahr 2024 zeigten eine signifikante Reduktion von Rückfällen und Metastasen. Doch obwohl das Potenzial enorm ist, bleibt unklar, wie hoch das Engagement von Merck bleibt und wann mit einer möglichen Zulassung gerechnet werden kann.

Verändertes regulatorisches Umfeld erschwert Zulassungen

Die neue politische Lage in den USA wirkt sich ebenfalls aus. Unter der Leitung von HHS-Chef Robert Kennedy, einem bekannten Impfkritiker, hat die FDA tiefgreifende Änderungen durchlaufen. Dies könnte die Zulassungsprozesse für neue Impfstoffe, darunter gegen Norovirus oder Zytomegalievirus (CMV), zusätzlich erschweren. Moderna hat sich daher von einigen Entwicklungsprogrammen – beispielsweise gegen das Epstein-Barr-Virus – zurückgezogen.

Fazit: Kein schneller Turnaround, aber langfristige Chancen

Kurzfristig verspricht die angekündigte Restrukturierung kein Aufwind für die Aktie – Stellenabbau und Projektstreichungen sind kein Signal für Stärke. Dennoch zeigt die strategische Neuausrichtung, dass Moderna aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Die Pipeline ist fokussierter, die Kostendisziplin klar definiert, und das Potenzial einzelner Produkte – insbesondere im Bereich Grippe, COVID-Kombination und Onkologie – bleibt hoch.

Auch wenn der Weg zurück zu alter Stärke weit ist und die Risiken – regulatorisch wie wirtschaftlich – nicht zu unterschätzen sind, bleibt die fundamentale Stärke der mRNA-Technologie bestehen. Bei einem derzeitigen Börsenwert von rund 10,7 Milliarden US-Dollar und dem Potenzial, bis 2030 jährliche Umsätze von drei bis fünf Milliarden zu erzielen, scheint Moderna aktuell unterbewertet.

Daher bleibt mein Urteil auch nach den jüngsten Quartalszahlen positiv: Ich halte an meiner Kaufempfehlung fest. Die Aktie ist – trotz aller Unsicherheiten – eine langfristige Wette auf die Zukunft der mRNA-Technologie. Kurzfristig orientierte Anleger sollten sich jedoch nach weiteren Gelegenheiten umschauen.

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