Lumen Technologies: Vom Krisenfall zum Comeback-Kandidaten

Verdopplung vom Jahrestief
Redaktion

Der Kapitalmarkt ist ein ständiger Lehrmeister – oft unerbittlich, aber wertvoll. Das Telekommunikationsunternehmen Lumen Technologies ist ein eindrückliches Beispiel dafür, wie sich Fehleinschätzungen in beide Richtungen zu einer lehrreichen Analyse entwickeln können.

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Vom Hoffnungsträger zum Sorgenkind und zurück

Im Jahr 2020 schien Lumen Technologies, damals noch als CenturyLink bekannt, mit einem Aktienkurs von rund 10,50 US-Dollar ein attraktives Investment. Die Annahme war, dass der Markt das Potenzial eines erfolgreichen Turnarounds unterschätzte. Doch die erhoffte Wende blieb aus. In den folgenden drei Jahren verlor die Aktie den Großteil ihres Werts und fiel bis auf etwa 2,20 US-Dollar. Zu diesem Zeitpunkt überwogen die Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens – eine pessimistische Einschätzung, die sich im Nachhinein als verfrüht herausstellte.

Heute hat sich die Aktie von ihren Tiefstständen deutlich erholt und ihren Wert mehr als verdreifacht. Damit wurde sowohl die frühere optimistische als auch die spätere skeptische Sicht vom Markt widerlegt. Solche Fehleinschätzungen gehören zum Wesen des Investierens, auch bei erfolgreichen Portfolios, die über längere Zeiträume den Markt schlagen konnten. Doch die Geschichte von Lumen ist noch nicht zu Ende.

Rückblick auf die Fehlinterpretationen

Die Analyse der vergangenen Einschätzungen zeigt, dass der entscheidende Fehler in der Bewertung der Schuldenstrategie lag. Im Jahr 2023 deuteten die Umstrukturierungsmaßnahmen zunächst auf den Versuch hin, Zeit zu gewinnen. Rückblickend zeigt sich jedoch, dass diese Schritte den Weg zu einer nachhaltigen Verbesserung ebneten. Zwar stiegen die jährlichen Zinskosten kurzfristig um etwa 150 Millionen US-Dollar, doch die verlängerten Laufzeiten ermöglichten Lumen, erhebliche Werte freizusetzen – unter anderem durch PCF-Verträge im Volumen von rund 9 Milliarden US-Dollar und den Verkauf des Consumer-Fiber-Geschäfts an AT&T für 5,75 Milliarden US-Dollar.

Diese Maßnahmen führten zu einer deutlichen Entlastung: Heute spart das Unternehmen rund 350 Millionen US-Dollar an jährlichen Zinsaufwendungen. Die frühere Sorge um die Bilanz ist damit weitgehend entkräftet. Lumen hat den Grundstein für einen nachhaltigen Turnaround gelegt und blickt auf einen positiven EBITDA-Trend im Jahr 2026.

Neue Fundamentaldaten: Schuldenabbau schafft Spielraum

Nach mehreren Phasen der Restrukturierung und des Schuldenabbaus ist die Bilanzstruktur deutlich stabiler geworden. Mit dem Abschluss des AT&T-Deals, der Anfang 2026 erwartet wird, sinkt die Gesamtverschuldung voraussichtlich von knapp 20 Milliarden auf 13,5 Milliarden US-Dollar, die Brutto-Verschuldung auf etwa das 3,9-Fache des EBITDA. Damit ist das Risiko einer Liquiditätskrise vorerst gebannt.

Treiber des EBITDA-Wachstums

Zwei Faktoren sind ausschlaggebend für die erwartete Ertragssteigerung.

1. Effizienzgewinne durch Modernisierung und Vereinfachung

Lumen treibt mit seinem Programm „Modernization & Simplification“ eine tiefgreifende Restrukturierung voran. Das Unternehmen hebt seine jährlichen Einsparziele für 2025 von 250 auf 350 Millionen US-Dollar an. Bis 2027 sollen kumuliert rund 1 Milliarde US-Dollar eingespart werden. Durch die Vereinfachung veralteter Systemlandschaften und den Umbau ineffizienter Prozesse verbessert sich die Kostenbasis nachhaltig – ein direkter Hebel für künftiges EBITDA-Wachstum.

2. Wachstum durch margenstarke Zukunftsfelder

Parallel dazu richtet Lumen seinen Fokus zunehmend auf wachstumsstarke Segmente mit hohen Margen. Die sogenannte „Grow“-Sparte bündelt moderne Konnektivitätslösungen wie Network-as-a-Service-Angebote und Infrastrukturleistungen für die rasant expandierende KI-Industrie. Hier verzeichnete Lumen im zweiten Quartal ein Umsatzwachstum von 8,5 % gegenüber dem Vorjahr.

Im Gegensatz dazu umfasst die „Nurture“-Sparte vor allem ältere Technologien wie Kupferleitungen, während die „Harvest“-Sparte klassische Sprachdienste und traditionelle Datenverbindungen bedient. Die Zukunft liegt eindeutig im „Grow“-Bereich, der bereits 48 % des nordamerikanischen Unternehmensumsatzes ausmacht – mit steigender Tendenz.

Besonders attraktiv sind die hohen direkten Margen: Während die „Grow“-Sparte im zweiten Quartal 80,4 % erreichte, lagen die Werte für „Nurture“ bei 67,1 % und für „Harvest“ bei 75,2 %. Skaleneffekte und die digitale Infrastruktur dieser neuen Geschäftsfelder lassen erwarten, dass die Rentabilität weiter zunimmt.

Prognose für 2026

Auf Grundlage der aktuellen Entwicklungen und interner Modelle ergibt sich für 2026 eine Schätzung eines bereinigten EBITDA von rund 3,82 Milliarden US-Dollar, was einem Wachstum von etwa 12 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Diese Prognose basiert auf erwarteten Kosteneinsparungen von rund 350 Millionen US-Dollar und einer positiven Veränderung des Umsatzmixes um etwa 70 Millionen US-Dollar zugunsten der margenstarken Geschäftsbereiche.

Bewertung und Ausblick

Nach Jahren des Vertrauensverlusts arbeitet das Management erfolgreich an der operativen Wende. Gelingt es, die gesetzten EBITDA-Ziele zu erreichen oder sogar zu übertreffen, dürfte der Markt mit einer deutlichen Neubewertung reagieren. Der Fortschritt bei Schuldenabbau, Wachstum und Margen deutet darauf hin, dass Lumen 2026 vor einem entscheidenden Wendepunkt steht.

Risiken

Trotz der verbesserten Ausgangslage bleiben Risiken bestehen. Ein abrupter Rückgang der globalen Investitionen in KI-Infrastruktur könnte die Wachstumsstrategie beeinträchtigen. Ebenso müssen die freien Cashflows stabil bleiben, damit keine neue Fremdfinanzierung notwendig wird.

Fazit

Lumen Technologies hat sich in bemerkenswerter Weise von der Krise erholt und ist operativ wie bilanziell deutlich stärker aufgestellt als noch 2023. Mit der wachsenden Bedeutung der margenstarken Geschäftsfelder rückt die Rückkehr zu nachhaltigem EBITDA-Wachstum in greifbare Nähe.

Sollte das Unternehmen seine Prognosen erfüllen, könnte 2026 den Beginn einer neuen Wachstumsphase markieren – und den Beweis liefern, dass aus Fehlurteilen wertvolle Erkenntnisse entstehen können. Wir halten die Aktie für spekualtiv kaufenswert.

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