Heidelberger Druck-Aktie: Ist sie fundamental überbewertet?
Die Heidelberger Druck-Aktie fiel zuletzt durch einen Kursanstieg in der Spitze von +72% auf. Hintergrund war, dass das Unternehmen einen Rüstungsauftrag erhielt. Mittlerweile normalisierte sich der Kurs wieder teilweise. Am Montag gewinnt sie aktuell +7,1% und steht bei knapp 2,30 €. Besteht hier jetzt ein Kursrisiko?
Rüstungsauftrag als Kurstreiber
Die Bekanntgabe einer Absichtserklärung zur Zusammenarbeit mit der Vincorion Advanced Systems führte am 27. Juli und in den Folgetagen zu einem extremen Kursanstieg von rund +75%. Vincorion baut Stromerzeuger von 20 bis 200 KW und stattet damit die Bundeswehr sowie andere europäische Armeen aus.
Heidelberger Druck soll die Energieregelungs- und -verteilungssysteme dazu entwickeln und bauen. Damit wird erstmalig ein Einstieg in den Rüstungsmarkt getätigt. Der Anlagenbauer für Druckmaschinen kann mit seiner Kompetenz diese Produkte schnell skalieren und zuverlässig liefern.
Dieser Schritt ist erst einmal zu begrüßen, eröffnet er doch neue Geschäftsfelder. Bis hieraus nennenswerte Umsätze erwachsen, dürfte noch eine Weile dauern.
Ertragslage deutlich verbessert
Das erste Quartal im neuen Geschäftsjahr ist durch eine deutlich verbesserte Ertragslage geprägt. Beim operativen EBITDA wurde aus einem Verlust im Vorjahreszeitraum von 9 Millionen € ein Gewinn von 20 Millionen €. Hier machten sich die Effizienzsteigerungsmaßnahmen positiv bemerkbar. Die EBITDA-Marge lag bei 4,3%.
Ebenfalls trug der von 403 auf 466 Millionen € gestiegene Umsatz zur verbesserten Ertragslage bei. Sehr stark fiel das Umsatzwachstum in Europa und Asien aus. Das Print-Segment verbesserte sich um 42% auf 211 Millionen €. Die anderen Geschäftsfelder lagen auf Vorjahresniveau.
Der Auftragseingang in den ersten drei Monaten reduzierte sich von 701 auf 559 Millionen €. Hier dürfte es in den Folgequartalen zu Verbesserungen kommen.
Die Jahresprognose wurde bestätigt. Demnach wird mit einem Umsatz von 2,35 Milliarden € gerechnet – im Vorjahr lag er bei 2,28 Milliarden €. Die EBITDA-Marge soll von 7,1 auf 8% zulegen.
Jürgen Otto, Vorstandsvorsitzender von Heidelberg, kommentierte die Zahlen so:
Aufgrund unserer globalen Marktposition und einer verbesserten Kostenbasis sind wir gut ins neue Geschäftsjahr gestartet und blicken zuversichtlich auf den Verlauf des Gesamtjahres.
Weiterer Korrekturbedarf vorhanden
Manchmal genügen kleinere Nachrichten und der Kurs explodiert. Dies gilt insbesondere für dann, wenn es sich um Rüstungsnachrichten handelt. Die Kooperationsabsichten sind sehr positiv zu werten. Bis Umsätze und Erträge generiert werden, dauert noch eine Weile.
Dennoch glaube ich, dass der Kursanstieg übertrieben hoch ausfiel. Das Hauptgeschäft bleibt weiterhin der Bau von Druckmaschinen. Dieser Markt ist hart umkämpft und margenschwach. Die Ertragswende hängt in hohem Maße mit den Restrukturierungsmaßnahmen sowie dem Personalabbau zusammen.
Ich gehe weiter von einer Kurskorrektur aus. Wichtig sind die Fundamentaldaten, hauptsächlich die Ertragslage. Die nächsten Quartale werden zeigen, wie sie sich verbessert. Die aktuelle EBITDA-Marge von 4,3% lässt noch viel Luft bis zur geplanten Marge von 8%.
Insgesamt befindet sich das Unternehmen auf dem richtigen Weg, den fairen Kurs sehe ich bei 1,90 €. Die Analysten von Kepler Cheuvreux sind mit 1,80 € vorsichtiger. Warburg Research mit 2,10 €, die LBBW mit 2,40 € und MWB Research mit 2,70 € sind deutlich zuversichtlicher.
Mein Fazit: Der Rüstungsbonus besteht weiterhin. Dennoch ist die Aktie fundamental überbewertet.
An dieser Stelle sei erwähnt: Die Rüstungsindustrie erlebt eine Renaissance – unser Whitepaper „Ist das die nächste Rheinmetall?“ analysiert einen Titel, der vor dem Durchbruch steht.
ℹ️ Heidelberger Druck in Kürze
- Die Heidelberger Druckmaschinen AG, kurz Heidelberg genannt, ist ein Anbieter von Präzisionsmaschinen und der weltweit führende Hersteller von Bogenoffset-Druckmaschinen. Daneben ist das Unternehmen auch im Flexodruck für den Verpackungsmarkt und im digitalen Etikettendruck positioniert.
- Der Konzern beschäftigt über 9.500 Mitarbeiter und ist an 250 Standorten in über 170 Ländern vertreten, Hauptsitz ist Heidelberg.
- Derzeit erreicht die Gesellschaft eine Marktkapitalisierung von knapp 688 Millionen €.