Gambling.com: Was ist denn das für eine Aktie?

Mehr als ein Zock?
Gideon Crest

Gambling.com steht an einem spannenden Wendepunkt: Während der Aktienkurs schwächelt, wächst das Unternehmen hinter den Kulissen mit rasanter Geschwindigkeit. Der Wandel vom klassischen Affiliate-Anbieter zum datengetriebenen Abo-Modell eröffnet Chancen, die der Markt bisher deutlich unterschätzt.

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Unterbewertet und übersehen: Gambling.com im Wandel

Trotz beeindruckender Geschäftsentwicklung hat sich die Aktie von Gambling.com in den letzten Monaten enttäuschend entwickelt. Über 20 Prozent Kursverlust stehen zu Buche – ein überraschender Rückschlag für ein Unternehmen, das sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn stark wächst. Die Diskrepanz zwischen operativer Leistung und Aktienkurs legt nahe, dass der Markt wesentliche Faktoren übersieht – oder falsch interpretiert.

Wachsende Branche – stagnierender Kurs

Die regulatorischen Rahmenbedingungen für Sportwetten und iGaming entwickeln sich in Nordamerika weiterhin positiv. Immer mehr US-Bundesstaaten legalisieren Online-Wetten, zuletzt Missouri im November 2024. Obwohl der genaue Startzeitpunkt noch nicht feststeht, sorgt die Entwicklung branchenweit für Aufwind. Viele Glücksspiel-Aktien reagierten entsprechend mit Kursgewinnen – Gambling.com jedoch blieb zurück. Und das, obwohl das Unternehmen im Vergleich zur Konkurrenz mit deutlich höheren Wachstumsraten überzeugt.

Falsche Einordnung durch den Markt

Ein möglicher Grund für die schwache Kursentwicklung liegt in der Wahrnehmung des Geschäftsmodells. Der Markt sieht in Gambling.com vor allem einen digitalen Affiliate-Vermarkter – also einen Vermittler von Spielern zu Wettanbietern – und befürchtet, dass Plattformen wie Google diesen Mittelsmann überflüssig machen könnten. Diese Sorge betrifft viele Unternehmen im Werbebereich und drückt auf deren Bewertung.

In der Momentum-Bewertung von Aktien aus dem Werbesektor liegt der Großteil im schwachen Bereich. Im Gegensatz dazu schneiden Aktien aus dem Glücksspielsektor deutlich besser ab. Die aktuelle Marktstimmung reflektiert daher eher pauschale Branchensorgen als eine fundierte Bewertung des Einzelfalls.

Strategische Neuausrichtung als Gamechanger

Tatsächlich hat Gambling.com auf diese Herausforderung reagiert und investiert massiv in den Ausbau seines Abo-Geschäfts. Ziel ist es, sich von einem reinen Affiliate-Dienstleister zu einem umfassenden Datenanbieter für den Sportwettenmarkt zu entwickeln. Dieser Bereich wächst rasant und soll bereits 2025 mehr als 20 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen – ein erheblicher Sprung gegenüber den rund 6,7 Prozent im Jahr 2024.

Solide Ergebnisse untermauern das Potenzial

Im Geschäftsjahr 2024 stieg der Umsatz um 39 Prozent auf 127,2 Millionen US-Dollar. Alle Geschäftsbereiche konnten zulegen: Performance Marketing wuchs um 15 Prozent, das Abo-Geschäft um 10 Prozent und Werbung sowie sonstige Erlöse um 35 Prozent. Gleichzeitig sanken die Umsatzkosten um 17 Prozent, was zu einem Anstieg des Bruttogewinns um 20 Prozent führte. Der operative Gewinn stieg um 64 Prozent auf 35,7 Millionen US-Dollar bei einer operativen Marge von 28 Prozent. Der Nettogewinn legte um 68 Prozent auf 30,7 Millionen Dollar zu.

Ein entscheidender Treiber für die steigenden Margen ist der Wandel im Performance-Marketing: Der Anteil des niedrigmargigen CPA-Modells sank, während die margenträchtigeren Umsatzbeteiligungs- und Hybridmodelle an Bedeutung gewannen.

Starkes erstes Quartal 2025 mit Rekorden im Abo-Geschäft

Im ersten Quartal 2025 zeigte sich besonders deutlich, wie stark das neue Geschäftsmodell bereits greift. Die Abo-Erlöse stiegen durch die Übernahme von Odds Holdings um über 400 Prozent auf 9,9 Millionen US-Dollar. Insgesamt stieg der Quartalsumsatz um 39 Prozent und übertraf die Erwartungen. Mit einem Anteil von rund 24 Prozent am Gesamtumsatz steht das Abo-Modell nun im Zentrum der Wachstumsstrategie.

Die Zahl neuer direkter Spieler, die an Wettanbieter vermittelt wurden, erreichte mit 138.000 einen neuen Rekord – ein Wachstum von 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rechnet man Abo- und wiederkehrende Umsätze aus Marketingmodellen zusammen, machten diese rund die Hälfte des Quartalsumsatzes aus.

Cashflow bleibt stabil, Bilanz zeigt Licht und Schatten

Der freie Cashflow stieg im ersten Quartal um 21 Prozent auf 8,87 Millionen Dollar. Möglich wurde dies durch starke operative Mittelzuflüsse, auch wenn Investitionen und aktienbasierte Vergütungen leicht belasteten. Da Gambling.com nur geringe Abschreibungen verbucht, ergibt sich ein klarer Zusammenhang zwischen Nettogewinn und Cashflow – ein Zeichen hoher operativer Effizienz.

Die Bilanz zeigt jedoch ein Ungleichgewicht: Während die kurzfristigen Vermögenswerte leicht auf 45,5 Millionen Dollar stiegen, wuchsen die kurzfristigen Verbindlichkeiten um 68 Prozent auf knapp 43 Millionen. Der Anstieg ist vor allem auf wachsende kurzfristige Schulden zurückzuführen. Gleichzeitig schrumpften die liquiden Mittel um 15 Prozent – Folge erfolgsabhängiger Zahlungen im Rahmen vergangener Übernahmen. Positiv ist, dass das Unternehmen noch über eine ungenutzte Kreditlinie von 70,5 Millionen Dollar verfügt, die künftige Earnouts vollständig abdecken kann.

Bewertung lässt Luft nach oben

Obwohl viele Glücksspielaktien von starkem Momentum und hohen Bewertungen profitieren, bleibt die Gambling.com-Aktie auf niedrigem Niveau. Das aktuelle Forward-KGV liegt bei etwa 7 – weit unter dem Branchenschnitt von 19. Das Unternehmen weist zugleich eine der höchsten Kapitalrenditen (ROIC) im Sektor auf, was auf gezielte Zukäufe und operative Effizienz zurückzuführen ist.

Die hohe Kapitalrendite dürfte helfen, den freien Cashflow langfristig zu sichern. Sorgen um eine mögliche Verwässerung durch Aktienemissionen im Zusammenhang mit Earnouts wurden durch die Wahl der Fremdfinanzierung zerstreut.

Risiken bleiben präsent

Trotz der positiven Entwicklung bleibt das Unternehmen in Teilen abhängig vom Affiliate-Modell. Sollte Google oder eine andere große Plattform dieses Geschäftsmodell nachhaltig angreifen, könnten die Umsätze kurzfristig leiden. Hinzu kommt, dass die zunehmende Verschuldung künftig auf die Margen drücken könnte – insbesondere bei steigenden Zinsen.

Fazit: Noch unterschätztes Potenzial

Mit dem Fokus auf das schnell wachsende Abo-Geschäft hat Gambling.com einen klaren strategischen Kurswechsel vollzogen. Die Zahlen des ersten Quartals belegen, dass dieser Wandel Substanz hat. Auch wenn der Aktienkurs bislang nicht davon profitiert, könnten sich Anleger, die früh einsteigen, langfristig belohnen. Entscheidend wird sein, ob das Unternehmen es schafft, den Anteil der wiederkehrenden Erlöse dauerhaft über die 50-Prozent-Marke zu heben.

Das Management plant gezielte Aktienrückkäufe und schützt damit bestehende Investoren vor Verwässerung. Vor diesem Hintergrund und der starken operativen Basis ist meine Einschätzung klar: Diese Aktie verdient eine klare Kaufempfehlung.

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