BYD-Aktie setzt zum Überholmanöver an

Während der Elektroauto-Hype in Europa vor allem um Tesla kreist, vollzieht sich in China und zunehmend weltweit eine stille Revolution – und der Name BYD taucht immer öfter an der Spitze auf. Was hinter dem Erfolg der Chinesen steckt und warum die Aktie gerade jetzt einen genauen Blick verdient, liest Du hier.

Währen es bei Konkurrenten viel lautstarken Marketingwirbel gibt, bleibt BYD in der Kommunikation eher zurückhaltend und liefert lieber starke Zahlen ab – so wie vergangene Woche wieder.

Mitte Februar stand ausnahmsweise mal der chinesische Mischkonzern in den Schlagzeilen, als er sein eigenes dreistufiges intelligentes Fahrerassistenzsystem mit dem bescheidenen Namen „God's Eye“ ankündigte. Das sollte sich schnell rächen. Durch den tödlichen Unfall eines assistiert gefahrenen Xiaomi SU7 Ende März wurde das Vertrauen in die Selbstfahr-Technologie erschüttert. Die chinesischen Aufsichtsbehörden haben prompt reagiert und die Beschränkungen für die Vermarktung „intelligenter“ oder „autonomer“ Fahrfunktionen durch die Automobilhersteller verschärft, da diese die Verbraucher in die Irre führen könnten.

Auf der Shanghaier Automesse in der vergangenen Woche verzichtete BYD wie andere Autohersteller dann darauf, seine fortschrittlichen Fahrassistenzfunktionen anzupreisen, und konzentrierte sich stattdessen auf die Sicherheit. Auf der Messe stellte BYD auch den Seal 06 DM-i Wagon vor, einen neuen Plug-in-Hybrid.

Eine schnell gelernte Lektion für den E-Auto- und Batterie-Konzern, der im Windschatten der Großen inzwischen zum Taktgeber im wichtigsten Automarkt der Welt avanciert ist. Der einstige „Top Dog“ Tesla ist ins Hintertreffen geraten, während die Chinesen mit Innovationstempo, Preisschärfe und Expansion auf allen Ebenen längst für neue Spielregeln sorgen.

Fundamentaldaten schlagen Hype

Dabei liefert BYD kontinuierlich Zahlen, die die ins Schleudern geratene Konkurrenz stauen lassen.

Mit den aktuellen Quartalszahlen hat der chinesische Player die eigenen Prognosen erneut übertroffen: Im ersten Quartal 2025 steht ein Nettogewinn von 1,26 Mrd. US$ zu Buche – ein Plus von 100,4% zum Vorjahr. Erwartet wurden 1,045 Mrd. US$ (Konsens) beziehungsweise 1,17 bis 1,37 Mrd. US$ (eigene Guidance). Auffällig: BYD gelingt das Kunststück, im traditionell schwachen ersten Quartal für chinesische Autobauer zu brillieren – und übertrifft damit nicht nur das eigene Ziel, sondern auch die Gewinne von Tesla, die mit 934 Mio. US$ weit darunterliegen.

Noch eindrucksvoller ist die Dynamik beim Absatz: Mit 4,27 Mio. Fahrzeugen (+29% gegenüber dem Vorjahr) haben die Chinesen den US-Konkurrenten (1,79 Mio., –1,1%) in diesem Jahr früh distanziert. Zuletzt lag BYDs Marktanteil im chinesischen Heimatmarkt bei 32%, während Tesla auf 6% schrumpfte. Weltweit steht BYD nun hinter Toyota und Volkswagen auf Rang drei der absatzstärksten Automarken – ein Sprung, den vor Kurzem kaum einer für möglich gehalten hätte.

Ein Blick auf die Margen und die Profitabilität rundet das Bild ab: Die Gewinnspanne (Net Income Margin) liegt mit 5% über dem Branchenschnitt (4%), die Eigenkapitalrendite bei stattlichen 13% (Vergleichswert Branche: 6,2%).

Wachstumsmaschine läuft – und bleibt günstig

Attraktiv an der BYD-Aktie sind nicht nur die Zahlen, sondern auch die Bewertung.

Das Vorwärts-KGV liegt bei überschaubaren 19,7. Zum Vergleich: Tesla wird mit dem 148-Fachen des erwarteten Gewinns gehandelt. Das Umsatzwachstum von 29% (im Sektor nur 2%) und die erwarteten Gewinnsteigerungen (Forward EPS Growth: 36%) deuten darauf hin, dass BYD als Investmentstory international noch unterschätzt wird.

Der Schlüssel für dieses Wachstum: BYD setzt auf die gesamte Wertschöpfungskette – Batterieproduktion, Software, Motoren, Karosserien; alles kommt aus einer Hand. Die Innovationskraft zeigt sich etwa beim neuen Schnellladesystem, das in fünf Minuten 400 km Reichweite liefert – ein Baustein, der die Chinesen nicht nur in China, sondern auch in Übersee voranbringt.

Expansion mit Tempo – aber nicht ohne Hürden

BYD verkauft längst nicht nur in China. Die Expansion erfolgt mit klarer Kante: Werke in Brasilien, Ungarn, Thailand und bald auch in der Türkei sind im Aufbau.

Die Zahl der Fahrzeuge, die außerhalb Chinas abgesetzt werden, stieg im März um 89,2% auf ein Rekordhoch von 72.723 Stück. 2025 will BYD mehr als 800.000 Autos im Ausland verkaufen – bevorzugt preisgünstige Einstiegsmodelle wie den Seagull (unter 10.000 US$), mit denen westliche Wettbewerber schwer mithalten können.

Die größte Wette bleibt allerdings Europa: Hier drohen neue Zölle (17% Strafaufschlag), doch BYD reagiert prompt und fährt eine Doppelstrategie aus lokalen Investitionen und dem Launch der Premium-Marke Denza. Ab Herbst 2025 rollt der Z9GT durch europäische Showrooms.

Risiken? Ja – aber das Chance-Risiko-Verhältnis stimmt

BYDs internationale Ambitionen sind kein Selbstläufer. Neben regulatorischen Stolpersteinen – etwa Zollstreits mit der EU – bleibt auch die Konkurrenz aus China und Korea im Nacken. Das politische Klima in Übersee kann schnellen Wandel bringen, wie etwa das Beispiel Brasilien zeigt. In diesem Zusammenhang interessant: Die aktuellen politischen Spannungen sorgen für massive Umschichtungen am Kapitalmarkt – unser exklusiver Report „Danke, Trump“ analysiert, welche europäischen Unternehmen davon enorm profitieren werden.

Trotzdem: Die BYDs Zahlen sprechen für sich, das Wachstumstempo hält an, und die Bewertung wirkt trotz aller Risiken nicht ambitioniert.

Fazit: BYD bleibt die Aktie für rationale Köpfe

Wer auf greifbare Substanz statt auf große Versprechen setzt, kommt an BYD derzeit kaum vorbei.

Starke Zahlen, günstige Bewertung, klare Strategie: Die Aktie ist und bleibt ein Top-Kandidat für Investoren, die das nächste große Kapitel der Mobilitätswende nicht verpassen wollen. Wer Geduld mitbringt und temporäre Rücksetzer für Zukäufe nutzt, dürfte mit BYD auf Dauer besser fahren als mit vielen anderen Namen im Sektor.

Die Party um das „Next Big Thing“ im Sektor läuft längst – nur tanzen die Chinesen schon einen Schritt weiter.