BioNTech: Die Unsicherheit wächst

Keine Kaufempfehlung
Gideon Crest

BioNTech, bisher vor allem bekannt durch seinen COVID-19-Impfstoff in Zusammenarbeit mit Pfizer, richtet seinen Fokus inzwischen zunehmend auf die Krebsforschung. Doch eine realistische Bewertung dieser neuen Ausrichtung gestaltet sich schwierig – nicht zuletzt aufgrund eines dichten Wettbewerbsumfelds, klinischer Unsicherheiten und politischer Einflussfaktoren.

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Ausbau der Onkologie-Pipeline

BioNTech verfolgt das ambitionierte Ziel, die Krebsbehandlung grundlegend zu verändern. Das Unternehmen präsentiert zahlreiche Programme, allerdings hat bislang lediglich das Medikament BNT-327 die entscheidende Phase 3 der klinischen Entwicklung erreicht – dazu später mehr.

Mit dem Kauf des Biotechunternehmens CureVac hat BioNTech seine Pipeline erweitert. Zwar hat noch keines der CureVac-Programme die Phase 3 erreicht, doch der Deal ist strategisch keinesfalls zu unterschätzen. BioNTech zahlte rund 1,25 Milliarden US-Dollar für die Übernahme – eine Summe, die im Verhältnis zur aktuellen Marktkapitalisierung von etwa 27 Milliarden US-Dollar eher klein erscheinen mag. Dennoch ist dies ein wichtiger Schritt, wie ein Vergleich mit dem Kauf von Biotheus für 950 Millionen US-Dollar im Jahr 2024 zeigt. Dieses Geschäft brachte BioNTech das mittlerweile als besonders vielversprechend geltende BNT-327 ein.

CureVac selbst wirbt mit der Fähigkeit, „individuell zugeschnittene Krebsimpfstoffe von der Stange“ zu produzieren. Der Markt für solche Therapeutika wird auf bis zu 34 Milliarden US-Dollar geschätzt. Doch zahlreiche Unternehmen arbeiten an ähnlichen Ansätzen, und jedes propagiert seine eigene Technologie als bahnbrechend. Es ist aus heutiger Sicht nahezu unmöglich, klinischen Erfolg und wirtschaftliche Umsetzung dieser vielen Projekte zuverlässig vorauszusagen.

BNT-327, Keytruda und Bristol-Myers Squibb

Ein besonders interessanter Hoffnungsträger ist BNT-327. Hintergrund ist das Auslaufen des Patentschutzes für Mercks (MRK) erfolgreichen Krebswirkstoff Keytruda, der derzeit mit einem Jahresumsatz von rund 30 Milliarden US-Dollar das meistverkaufte Medikament der Welt ist. Der Verlust des Patents im Jahr 2028 bringt die gesamte Branche in Bewegung: Ein würdiger Nachfolger wird dringend gesucht.

BNT-327 könnte eine solche Nachfolge antreten. BioNTech konnte kürzlich Bristol-Myers Squibb (BMY) als Partner für die Entwicklung gewinnen. Das Abkommen sieht eine Sofortzahlung in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar vor, unabhängig vom Ausgang der klinischen Studien. Hinzu kommen potenziell bis zu 7,6 Milliarden US-Dollar bei Erreichen bestimmter Meilensteine sowie eine Gewinnbeteiligung an zukünftigen Erlösen.

Deal stärkt Vertrauen

Dieser Deal zeigt das Vertrauen in das Management von BioNTech. Immerhin hatte das Unternehmen das BNT-327-Programm für weniger als eine Milliarde Dollar erworben. Bristol-Myers bewertet nun allein die Hälfte dieses Projekts mit mindestens 3,5 Milliarden US-Dollar – ein beachtlicher Wertzuwachs. Sollte BNT-327 ähnliche Umsätze wie Keytruda erzielen, könnte der wirtschaftliche Wert entsprechend steigen. Unter Berücksichtigung des Preis-Umsatz-Verhältnisses von Merck (circe 4) ließe sich ein theoretischer Gesamtwert von etwa 120 Milliarden US-Dollar für ein vergleichbares Produkt ableiten. BioNTechs Anteil daran, zuzüglich der vereinbarten Zahlungen, würde rechnerisch einen Marktwert von rund 70 Milliarden US-Dollar rechtfertigen – weit über dem aktuellen Börsenwert von 27 Milliarden.

Allerdings bleibt unklar, ob BNT-327 überhaupt erfolgreich durch die Phase-3-Studien kommt. Die bisherigen Studienergebnisse stammen ausschließlich aus China, und US-Studien stehen noch aus. Das sorgt für Unsicherheit – insbesondere, da andere Unternehmen, wie etwa Summit Therapeutics (SMMT), mit ähnlichen China-basierten Wirkstoffen zuletzt in Schwierigkeiten geraten sind. Falls deren Projekte trotz vielversprechender Frühdaten scheitern sollten, könnte dies auch auf BioNTechs Ansatz abfärben. Umgekehrt wäre ein Erfolg von Summit eine neue Konkurrenz für BioNTechs Lungenkrebs-Behandlung.

Politische Risiken und regulatorische Unsicherheiten

Zusätzlich zu den wissenschaftlichen Herausforderungen kommen politische Themen ins Spiel. So äußerte kürzlich US-Gesundheitsminister RFK Jr., er wolle das Entschädigungssystem für Impfschäden reformieren – ein Vorhaben, das sich potenziell direkt gegen COVID-19-Impfstoffhersteller richtet. Zwar galten diese bislang als haftungsfrei, doch der aktuelle politische Kurs stellt alte Gewissheiten infrage.

Auch mögliche Auswirkungen auf die Akzeptanz zukünftiger Impfstoffe – insbesondere gegen Krebs – sind nicht von der Hand zu weisen. Wenn Impfungen zunehmend politisch polarisiert werden, könnte das auch die Markteinführung präventiver Krebsimpfstoffe erschweren. Vor allem, wenn gesunde Menschen keinen unmittelbaren Bedarf für solche Präventionstherapien sehen.

Die Bewertung – eine „Fat Pitch“?

Warren Buffett sagte einst: „Das ist kein Baseball. Du bekommst nicht drei Versuche, um auf Base zu kommen. Du kannst einfach auf den perfekten Wurf warten.“ Dieser Satz passt gut zur aktuellen Situation von BioNTech. Sowohl CureVac als auch BNT-327 bieten das Potenzial für Spitzenumsätze in Milliardenhöhe – doch gleichzeitig ist der Weg dorthin lang, voller Unsicherheiten und von starkem Wettbewerb geprägt.

Mehr Recherche bringt in diesem Fall keine absolute Klarheit. Es ist schlicht unmöglich, sowohl die künftige Position von BioNTech im Markt für Krebsimpfstoffe als auch die regulatorischen und politischen Rahmenbedingungen Jahre im Voraus sicher einzuschätzen.

Fazit: Die Chancen sind zweifellos groß, aber die Unsicherheiten ebenso. Der Deal mit Bristol-Myers Squibb unterstreicht das strategische Geschick des Managements, doch für einen klaren Kaufimpuls ist es aus heutiger Sicht noch zu früh. Ich würde die Aktie aktuell als „Hold“ einstufen. Sobald sich die Pipeline weiter Richtung Markteinführung entwickelt, dürfte sich auch ein präziseres Bild des Unternehmenswerts abzeichnen.

Zwei bessere Alternativen

Deutlich spannender und kurzfristig chancenreicher sind zweifellos die Aktien von Cardiff Oncology und Assembly Biosciences. Während für Cardiff-Anleger im Falle positiver Studiendaten am 29. Juli eine dreistellige Rendite winkt (Artikel hierzu), läuft unser Top-Favorit 2025 schon seit Monaten immer höher. Doch auch das könnte erst der Anfang sein, wie dieser Artikel offenbart.

Interessenkonflikt: Der Autor und Mitarbeiter des Herausgebers halten Aktien der besprochenen Unternehmen Assembly Biosciences (circa 10% des ausstehenden Kapitals) und Cardiff Oncology in signifikantem Umfang. Somit besteht konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt. Der Autor beabsichtigt, die Aktien – je nach Marktsituation auch kurzfristig – zu kaufen oder zu veräußern und könnte dabei von erhöhter Handelsliquidität profitieren.

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