Berkshire Hathaway: Eine wahre Value-Perle?

Kursgewinn statt Dividende
Gideon Crest

Berkshire Hathaway zeigt derzeit eine seltene Kombination aus bilanzieller Stärke und günstiger Bewertung. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 13 auf Basis der letzten zwölf Monate und einem Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) von 1,35 befindet sich die Aktie in einem der günstigsten Bewertungsbereiche der letzten zehn Jahre. Das geschieht, obwohl der Konzern im ersten Quartal 2025 einen Anstieg des operativen Gewinns um 24 % auf 9,52 Mrd. USD gemeldet hat.

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Die skeptische Haltung vieler Investoren lässt sich auf zwei Punkte zurückführen: Zum einen besteht Unsicherheit über den Rückzug von Warren Buffett und die Nachfolge durch Greg Abel als CEO. Zum anderen halten viele die Bargeldreserven von 349 Mrd. USD – deutlich über dem regulatorischen Minimum von 200 Mrd. USD – für überdimensioniert. Zieht man diese Liquidität aus der Bilanz ab, liegt die effektive operative Marge bei soliden 9 %.

Ein Discounted-Cashflow-Modell (DCF), das von einem freien Cashflow (FCF) von 48,6 Mrd. USD, einem Wachstumswert von 6 % über fünf Jahre, einer Terminal Rate von 3 % und einem WACC von 7,7 % ausgeht, kommt auf einen inneren Wert von etwa 535 USD je Aktie – rund 11 % über dem aktuellen Kurs. Selbst bei konservativeren Annahmen ergibt sich ein Wert von etwa 450 USD je Aktie, was eine Bewertung am unteren Ende des Fundamentalbandes nahelegt.

Von der Textilfabrik zum globalen Konglomerat

In über 50 Jahren hat sich Berkshire Hathaway von einer maroden Textilfabrik zu einem Konglomerat mit über 400.000 Mitarbeitern entwickelt. Heute ist es in Versicherungen, Schienenverkehr, Energie, Industrie und Handel tätig – ergänzt durch ein Aktienportfolio im Wert von rund 390 Mrd. USD. Jedes Segment agiert weitgehend eigenständig, was eine flexible Kapitalallokation ermöglicht und in wirtschaftlich unsicheren Zeiten zu überdurchschnittlichem Cashflow führt.

Versicherung als Wachstumsmotor

Die Versicherungssparte bleibt ein starker Ergebnistreiber. GEICO, General Re und die Rückversicherungsaktivitäten erzielten zusammen ein Underwriting-Ergebnis von 2,8 Mrd. USD – gegenüber 1,9 Mrd. im Vorjahr. Die Prämieneinnahmen stiegen auf 167,9 Mrd. USD, während die Anlageerträge, vor allem aus US-Staatsanleihen, um 32 % auf 8,2 Mrd. USD zulegten. Auch die Eisenbahntochter BNSF glänzte mit einem EBIT von 2,6 Mrd. USD und einer Marge von 25,6 % – der höchsten seit 2018.

Auch die Energie-Tochter Berkshire Hathaway Energy meldete einen Gewinnanstieg um 8 % auf 1,14 Mrd. USD bei regulierten Vermögenswerten in Höhe von 106 Mrd. USD. Die Kapitalausgaben wurden auf 18 Mrd. USD erhöht, begünstigt durch steuerliche Anreize für Infrastruktur- und Erneuerbare-Projekte im Rahmen des „One Big Beautiful Bill“.

Die Segmente Industrie, Handel und Dienstleistungen erzielten ein operatives Ergebnis von 3,4 Mrd. USD (+14 %). Besonders hervorzuheben ist Precision Castparts, das dank steigender Flugzeugproduktion ein Umsatzplus von 22 % verbuchte.

Kapitalallokation unter neuer Führung

Seit 2020 hat Berkshire rund 69 Mrd. USD in eigene Aktienrückkäufe investiert – durchschnittlich zum 1,4-fachen Buchwert. Das reduzierte den Streubesitz um knapp 8 %. Die Konzernverschuldung ist mit 1 Mrd. USD bei 2,8 % Zinsen äußerst gering. Dem gegenüber stehen liquide Mittel und Staatsanleihen im Umfang von über 349 Mrd. USD, wovon rund 200 Mrd. USD sofort investierbar sind.

Der sogenannte „Buffett-Aufschlag“, der einst bei rund 15 % lag, verschwand mit der Ankündigung der Nachfolge. Doch strukturelle Vorteile wie günstige Finanzierungskonditionen, quasi-monopolistische Positionen in Bahn und Energie sowie renditestarke Rückkäufe bleiben bestehen.

Fundamentale Entwicklung und Bewertung

In den letzten fünf Jahren wuchs das operative Ergebnis um jährlich 13 %, der freie Cashflow sogar um 16 %. Das Buchwertwachstum je Aktie betrug 38 % (von 295 auf 408 USD). Die Netto-Verschuldung sank von 0,28x auf 0,22x, da Cash-Bestände stärker wuchsen als Investitionen. Die EBIT-Marge liegt mit 24 % trotz Inflation und steigender Löhne auf hohem Niveau.

Ein DCF-Modell mit einem WACC von 8 % und konservativen Wachstumsannahmen ergibt einen inneren Wert je Aktie, der rund 15–20 % über dem aktuellen Kurs liegt. Auch die Multiplikatorbewertung spricht für eine Unterbewertung: Das aktuelle KGV von 13 liegt unter dem historischen Schnitt von 20, ebenso wie das KBV von 1,4 unter dem historischen Mittel von 1,6 liegt.

Sum-of-the-Parts (SOTP) Bewertung

Eine detaillierte Einzelbewertung der Geschäftsbereiche („Sum-of-the-Parts“) kommt zu einem Unternehmenswert von rund 1.035 Mrd. USD oder 500 USD pro Aktie. Dies liegt in Reichweite des DCF-Werts von 535 USD und bestätigt die Attraktivität der Bewertung.

Risiken und Herausforderungen

Risiken bestehen weiterhin: Naturkatastrophen wie eine extreme Hurrikansaison könnten hohe Versicherungsleistungen auslösen. Zudem ist das Aktienportfolio mit 38 % stark auf Apple fokussiert – ein Kursrückgang dort würde spürbare Auswirkungen auf den Konzernwert haben. Steuerliche Änderungen oder neue Regulierungen könnten die Profitabilität in Energie oder Versicherungen mindern. Auch makroökonomische Risiken wie steigende Zinsen und ein schwächeres Industrieumfeld sind nicht auszuschließen.

Die größte Unbekannte bleibt der Führungswechsel: Die Märkte haben auf die Ankündigung von Abels Amtsübernahme mit einem Kursrückgang von 8 % reagiert. Der sogenannte „Buffett-Rabatt“ könnte sich vertiefen, falls die neue Führung Schwächen in Kapitalallokation oder Kommunikation zeigt.

Mögliche Kurstreiber

Fazit

Berkshire Hathaway bietet derzeit eine seltene Gelegenheit: Eine solide Bilanz, hohe Cashflows, marktbeherrschende Positionen und starke Segmente – gepaart mit einer Bewertung, die eher einem stagnierenden Unternehmen entspricht als einem Wachstumswert.

Der faire Wert liegt zwischen 500 und 535 USD je Aktie. Sollte das neue Management die Kapitalreserven effektiv nutzen, etwa durch Rückkäufe, Dividenden oder Übernahmen, ist auch ein Anstieg über 600 USD in den nächsten 12–18 Monaten denkbar. Die aktuelle Kursregion um 480 USD erscheint daher attraktiv für langfristige Anleger.

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