Gilead Sciences: Folgt jetzt der Mega-Breakout?
Seit September verweisen wir auf die Stärke der Gilead-Aktie und ein wahrscheinliches Ausbruchsszenario. Nachdem zuletzt ein neues Allzeithoch markiert wurde, könnte der finale Breakout jetzt erst folgen.
Am 30. Oktober 2025 legte Gilead Sciences seine Zahlen für das dritte Quartal vor und übertraf sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn die Erwartungen der Analysten. Die Erlöse stiegen im Jahresvergleich um 3 Prozent von 7,545 Milliarden US-Dollar auf 7,769 Milliarden US-Dollar. Besonders stark entwickelte sich der Bereich „Royalty, Contract and Other Revenues“, der von 30 Millionen US-Dollar auf 424 Millionen US-Dollar kletterte. Ohne das Covid-Medikament Veklury erhöhten sich die Produktumsätze um 3,6 Prozent auf 7,068 Milliarden US-Dollar.
Während der Umsatz nur moderat wuchs, schnellte das operative Ergebnis deutlich nach oben: von 888 Millionen US-Dollar im Vorjahresquartal auf 3,327 Milliarden US-Dollar. Der verwässerte Gewinn je Aktie stieg von 1,00 US-Dollar auf 2,43 US-Dollar – ein Plus von 143 Prozent. Der freie Cashflow sank leicht um 4,7 Prozent auf 3,962 Milliarden US-Dollar.
Jahresprognose erhöht
Neben den starken Quartalszahlen hob das Management die Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr an. Die Produktumsätze sollen nun zwischen 28,4 und 28,7 Milliarden US-Dollar liegen, wobei für Veklury weiterhin rund eine Milliarde US-Dollar angenommen wird. Das operative Ergebnis wird nun in einer Spanne von 13,1 bis 13,4 Milliarden US-Dollar erwartet.
Auch der Ausblick für den Gewinn je Aktie wurde angepasst: Die Prognose für den verwässerten Gewinn liegt nun zwischen 8,05 und 8,25 US-Dollar. Auf GAAP-Basis rechnet Gilead Sciences mit 6,65 bis 6,85 US-Dollar je Aktie.
Wachstumsperspektiven rücken wieder in den Vordergrund
Die zentrale Frage bleibt, welche Wachstumsraten Gilead Sciences in den kommenden Jahren erzielen kann. Das Management zeigte sich während der Telefonkonferenz zuversichtlich – gestützt auf neue Produkteinführungen und eine breit gefüllte klinische Pipeline, insbesondere mit Blick auf 2026.
In den vergangenen zehn Jahren musste Gilead Sciences immer wieder rückläufige Umsätze hinnehmen. Doch inzwischen zeichnet sich eine moderat optimistische Entwicklung ab. Analysten erwarten bis 2034 ein durchschnittliches jährliches Gewinnwachstum von 3,78 Prozent, bis 2032 sogar 6,35 Prozent.
Ein wesentlicher Impulsgeber könnte Livdelzi sein. Das Medikament erzielte im dritten Quartal 2025 einen Umsatz von 105 Millionen US-Dollar – ein Wachstum von 35 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Während Schätzungen für den Spitzenumsatz zwischen 650 Millionen und 2 Milliarden US-Dollar variieren, spricht die aktuelle Dynamik eher für die obere Hälfte dieser Spanne.
Noch bedeutender dürfte Yeztugo werden. Dabei handelt es sich um eine halbjährliche subkutane Injektion des HIV-Capsid-Inhibitors Lenacapavir. Das Mittel, bereits als Sunlenca für schwer zu behandelnde HIV-Patienten zugelassen, eröffnet nun ein neues Kapitel in der HIV-Prävention. Obwohl der Umsatz im dritten Quartal erst bei 39 Millionen US-Dollar lag, erfolgte kurz darauf die Zulassung durch die Europäische Kommission. Analysten rechnen langfristig mit Spitzenumsätzen zwischen 4,5 und 8 Milliarden US-Dollar. Für das vierte Quartal gab das Unternehmen erstmals eine produktspezifische Prognose ab – knapp unter 100 Millionen US-Dollar.
Kurzfristig wird nur ein begrenzter Kannibalisierungseffekt zulasten der etablierten HIV-Medikamente Descovy und Biktarvy erwartet. Beide Produkte verzeichneten zuletzt weiterhin Zuwächse: Biktarvy legte im Jahresvergleich um 6,2 Prozent auf 3,686 Milliarden US-Dollar zu, Descovy sogar um 19,6 Prozent auf 701 Millionen US-Dollar.
Ein größeres Risiko stellt die Konkurrenz durch Generika dar. Allerdings erzielte Gilead Sciences jüngst einen Vergleich, der die Einführung eines Biktarvy-Generikums bis mindestens April 2036 verhindert. Angesichts eines Umsatzanteils von 50 Prozent im dritten Quartal verschafft dies dem Unternehmen wertvolle Planungssicherheit.
Bewertung lässt weiterhin Spielraum
Trotz optimistischer Wachstumsperspektiven bleibt eine faire Bewertung entscheidend. Mit einem Kurs-Free-Cashflow-Verhältnis von rund 20 notiert der Titel derzeit so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Dennoch liegt dieser Wert unter dem medianen KGV des S&P 500 von derzeit etwa 22,8. Die historisch niedrigen Bewertungsmultiplikatoren der vergangenen Dekade spiegelten vor allem Wachstumssorgen wider.
Ein Discounted-Cashflow-Modell liefert zusätzliche Orientierung. Bei einem freien Cashflow der vergangenen vier Quartale von 9,162 Milliarden US-Dollar, einer erwarteten jährlichen Wachstumsrate von 5 Prozent, einem Abschlagssatz von 10 Prozent und 1,254 Milliarden ausstehenden Aktien ergibt sich ein fairer Wert von 146,12 US-Dollar je Aktie. Damit erscheint die Aktie weiterhin moderat unterbewertet – wenn auch nicht mehr so deutlich wie vor zwei bis drei Jahren.
Fazit: Ausbruch wahrscheinlich
Auch charttechnisch wirkt das Bild freundlich und das Erreichen eines neuen Allzeithochs macht einen kräftigen Ausbruch nach oben zu einem wahrscheinlichen Szenario. Sollte sich der Kurs jedoch nicht nachhaltig über 125 US-Dollar etablieren und wieder klar unter 120 US-Dollar schließen, wären Rücksetzer bis in den Bereich von rund 90 US-Dollar denkbar. Fundamental begründet wäre eine solche Entwicklung aktuell jedoch nicht.
Trotz möglicher Schwankungen spricht Vieles für eine weiterhin positive Entwicklung von Gilead Sciences. Das Unternehmen verfügt über stabile Cashflows, eine robuste Marktposition und aussichtsreiche Wachstumstreiber – ergänzt durch eine defensive Grundausrichtung, die sich in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten als Vorteil erweisen könnte. Kurzfristige Rückschläge sind möglich, doch mittel- bis langfristig überwiegen die Chancen. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der aktuellen Kursformation dürfte zusätzliche Impulse liefern.
Nicht vergessen sollten Anleger zudem die Dividendenzahlungen: Rund 2,5% schüttet der Konzern auf Basis des aktuellen Kurses von etwa 127 US$ derzeit aus.
Wird Assembly Biosciences übernommen?
Übrigens: Gilead-Partner Assembly Biosciences galt als unser Top-Favorit im Biotech-Universum und konnte zuletzt mit überragender Kursperformance von mehr als +300% aufwarten. Durch die Kooperation und mögliche Gesamtübernahme Assemblys könnte Gilead auch im Virologie-Bereich wieder kräftig an Perspektive gewinnen.
Interessenkonflikt: Herausgeber Alexander Schornstein besitzt Aktien des besprochenen Unternehmens Assembly Biosciences in signifikantem Umfang und beabsichtigt, die Aktien – je nach Marktsituation auch kurzfristig – zu veräußern und könnte dabei von erhöhter Handelsliquidität profitieren. Somit besteht konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt.