Mercedes-Benz-Aktie: Bald ein potenzieller Übernahmekandidat?

Marktkonsolidierung möglich

Die Überschrift mag aus heutiger Sicht absurd erscheinen, jedoch kann dieses Szenario in den nächsten Jahren Realität werden. Der Automarkt wandelt sich rapide und ebenso werden sich auch die weltweiten Hersteller neu sortieren. Was würde das für die Aktie bedeuten?

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Unternehmen günstig bewertet

Auch wenn das Unternehmen aktuell mit rund 56,3 Milliarden € bewertet wird, ist dies in Relation zum Umsatz und Ertrag eher als gering zu bezeichnen. Mercedes weist ein recht niedriges KGV von 5,5 bis 6,5 auf.

Diese Bewertung schreckt zwar deutsche, europäische und amerikanische Konkurrenten vor einer Übernahme ab; anders sieht es jedoch für chinesische Autohersteller aus. Diese wachsen nicht nur in China rasant, auch weltweit wird eine Expansion angestrebt. Wenn in China der Konsolidierungsvorgang abgeschlossen ist, werden die großen Hersteller massiv auf den Weltmarkt dringen.

Mercedes könnte dann ein Opfer dieser Expansionsstrategie werden. Neben einer vollständigen Übernahme ist auch eine Mehrheitsbeteiligung möglich. Dann würden die wichtigen Entscheidungen nicht mehr in Stuttgart getroffen, sondern in China.

Keine Ankeraktionäre vorhanden

Ein Vergleich mit den zwei Konkurrenten in Deutschland zeigt, dass wichtige Ankeraktionäre bei Mercedes fehlen. Bei BMW besitzt die Familie Quandt die Mehrheit; bei Volkswagen dominieren die Familien Porsche und Piëch sowie das Land Niedersachsen das Unternehmen.

Die größten Aktionäre bei Mercedes sind der chinesische Staatskonzern BAIC mit knapp 10% sowie die Investmentgesellschaft um den Geely-Chef Li Shufu mit 9,7%. Kuwait besitzt rund 5,6% der Anteile. Der Rest wird von institutionellen Investoren und Privatanlegern gehalten.

Die momentane Aktionärsstruktur macht Mercedes anfällig für einen Neueinstieg oder eine Erhöhung der chinesischen Anteilseigner.

Eine Alternative wäre auch der Einstieg eines US-Technologieunternehmens. Hier beschäftigen sich die großen Konzerne intensiv mit dem autonomen Fahren. Warum nicht bei Mercedes einsteigen und dann die Software hierfür liefern?

Transformation erfordert hohe Finanzmittel

Noch verfügt der Konzern über hohe Finanzreserven. Allerdings kämpft er mit einem starken Umsatzrückgang, insbesondere in China ist das deutlich zu spüren. Die Folgen davon sind wegbrechende Erträge und ein sinkender Cashflow.

Um die Transformation hin zur E-Mobilität sowie zum autonomen Fahren erfolgreich zu bewältigen, sind Milliardenbeträge erforderlich. Hier sind auch die hohe Kapitalausschüttung in Form von Dividenden und die Aktienrückkäufe zu hinterfragen; das Geld wäre im Konzern besser aufgehoben.

Eigenständigkeit in Gefahr

Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Die Gefahr des Verlustes der Eigenständigkeit ist bei Mercedes höher als bei den beiden anderen deutschen Autobauern. Es muss nicht gleich eine Komplettübernahme sein. Es reicht eine Mehrheitsbeteiligung, um die zukünftige Strategie zu bestimmen.

Mercedes ist auch durch seinen Nobelstatus ein Objekt der Begierde. Die Marke Mercedes würde gut zu den chinesischen Volumenherstellern passen.

Der deutsche Ökonom Moritz Schularick geht in einer Analyse davon aus, dass bis 2030 nur noch zwei deutsche Autohersteller vorhanden sind. Hierbei geht es wahrscheinlich um die Eigentumsverhältnisse. Sollte Mercedes seine Eigenständigkeit verlieren, bleiben die Werke in Deutschland dennoch erhalten.

Die Politik dürfte auch mitentscheiden. Momentan konzentriert diese sich auf den Erhalt der deutschen Industrie. Die Abhängigkeit von China soll vermieden werden. Eine Komplettübernahme ist somit unwahrscheinlich. Anders sieht es jedoch aus, wenn chinesische Unternehmen sich beteiligen und den Standort Deutschland garantieren.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass das Szenario einer Komplettübernahme eher unwahrscheinlich ist. Der Verlust der Eigenständigkeit ist mittelfristig jedoch sehr real.

Je nach Einstiegsart dürfte die Aktie davon profitieren. Bei einer Komplettübernahme wäre der Aufschlag deutlich höher als bei einem teilweisen Einstieg. Der Kurs am Mittwoch liegt aktuell bei 58,40 €.

Hier sei angemerkt: Unser exklusiver Report „Motoren-Machtkampf“ präsentiert eine kaum bekannte Aktie, die vom Wandel zur E-Mobilität enorm profitieren dürfte, und warnt vor Investments in ein gefährdetes Traditionsunternehmen.

Interessenkonflikt: Der Autor hält Aktien des besprochenen Unternehmens Mercedes-Benz. Somit besteht konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt. Der Autor beabsichtigt, die Aktien – je nach Marktsituation auch kurzfristig – zu kaufen oder zu veräußern und könnte dabei von erhöhter Handelsliquidität profitieren.

ℹ️ Mercedes-Benz in Kürze

  • Mercedes-Benz (WKN: 710000) ist einer der traditionsreichsten Autohersteller der Welt. Mit einem Absatz von rund 2,5 Millionen Fahrzeugen (Pkw und Vans) gehört der Konzern mit Sitz in Stuttgart zu den drei wichtigsten Autobauern Deutschlands.
  • Gemessen am Umsatz zählt die Mercedes-Benz-Gruppe sogar zu den größten Autoherstellern der Welt.
  • An der Börse wird das im DAX gelistete Unternehmen mit 56,35 Milliarden € bewertet.
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