Gerresheimer-Aktie: Kurspotenzial durch den Neustart?

Neuer CEO

Aktionäre von Gerresheimer mussten zuletzt herbe Kursverluste hinnehmen. Seit dem Hoch im März mit rund 81 € ist der Kurs um mehr als zwei Drittel gesunken. Am Dienstag erholt er sich aktuell um +3,1% und steht bei 25,90 €. Lohnt sich hier ein spekulativer Einstieg?

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Vertrauen verloren

Der hohe Kursverlust resultiert aus mehreren negativen Unternehmensberichten und Vorwürfen bezüglich der Buchungsvorgänge. Die Folge ist, dass mittlerweile das Vertrauen in die Aktie sehr gering ist.

Untersuchungen der BaFin belasten die Kurse immer sehr stark, so auch bei Gerresheimer. Der Verdacht auf Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften wurde teilweise bestätigt. Laut Unternehmensangaben geht es hier um rund drei Millionen €. Der Vorwurf bezieht sich auf verkaufte Waren, die aber noch nicht ausgeliefert wurden (Bill-and-Hold-Vereinbarungen).

Neuer CEO

Um den Konzern neu aufzustellen und das Vertrauen wiederherzustellen, wurde zum 1. November ein neuer CEO bestellt. Dabei handelt es sich um den ehemaligen CEO Uwe Röhrhoff. Er war von 2010 bis 2017 Vorstandsvorsitzender bei dem Konzern.

Diese Wahl ist sehr zu begrüßen. Gerade in solchen Situationen ist der Austausch des CEO erforderlich. Wenn er dann noch das Unternehmen aus seiner ehemaligen Zeit kennt, ist das meistens ein Glücksfall.

Hauptziele des neuen Interim-CEO werden die Aufklärung der Vorwürfe sowie das Wiederherstellen des Vertrauens sein.

Dr. Axel Herberg, Aufsichtsratsvorsitzender von Gerresheimer, kommentierte die Neubesetzung so:

Wir freuen uns sehr, dass wir mit Uwe Röhrhoff einen ausgewiesenen Branchenexperten als Interims-CEO gewinnen konnten.

Prognosen mehrfach gesenkt

Die Erwartungen wurden bisher nicht erfüllt, daher wurde die Jahresprognose mit dem letzten Quartalsbericht erneut gesenkt. Beim Umsatz wird jetzt mit einem Rückgang von -2 bis -4% gerechnet – zuvor lagen die Erwartungen bei einem Wachstum von 0 % bis +2%.

Die erwartete EBITDA-Marge wurde von 20% auf 18,5 bis 19% reduziert. Es bleibt abzuwarten, ob diese Werte erreicht werden.

Was bedeutet das für die Aktie?

Das Ergebnis all dieser Entwicklungen ist am Kurs deutlich abzulesen. Verlorenes Vertrauen führte zu massiven Kursrückgängen. Zudem bestehen hohe Short-Positionen. Numeric Investors führt die Liste mit 2,24% an. Auf der anderen Seite gibt es aber auch aktivistische Anleger als Anteilseigner.

Auf dem jetzigen Niveau ist viel Negatives eingepreist, daher rechne ich nicht mehr mit gravierenden Kursrückgängen. Es ist jetzt wichtig, dass die Aktie in eine Seitwärtsbewegung übergeht und sich ein stabiler Boden bildet.

Das neue Management kann in diesem Jahr nicht mehr viel bewirken. Für das neue Geschäftsjahr dürfte der Ausblick jedoch sehr konservativ gefasst werden. Ebenfalls können höhere Abschreibungen sich negativ auf den Konzerngewinn auswirken. Es ist auch mit einem neuen Strategiepapier zu rechnen, um das Unternehmen wieder auf die Erfolgsspur zu führen.

Trotz der schwachen Nachfrage bin ich zuversichtlich und gehe davon aus, dass die derzeitigen Probleme gelöst werden. Mittelfristig erwarte ich wieder deutlich höhere Kurse. Ein erster Zielkurs sollte bei 29 € liegen.

Die Analysten passten ihre Zielkurse deutlich an. Die UBS sieht den fairen Wert ebenfalls bei 29 €. Die Berenberg Bank mit 30 € und Jefferies mit 34,10 € halten das derzeitige Kursniveau ebenfalls für zu niedrig.

Mein Fazit: Für risikobewusste Anleger kann das jetzige Niveau gute Einstiegschancen bieten. Alle anderen Anleger sollten vorerst abwarten.

3 europäische Top-Aktien

Hier sei erwähnt: Für Anleger, die vom europäischen Aufschwung profitieren wollen, bietet unser exklusiver Report „Europa schlägt zurück“ fundierte Einblicke in drei Top-Aktien, die durch politischen Rückenwind und solide Geschäftsmodelle überzeugen.

ℹ️ Gerresheimer in Kürze

  • Die Gerresheimer AG (WKN: A0LD6E) stellt Spezialprodukte in den Bereichen Glas und Kunststoff insbesondere für die Pharma- sowie Healthcare-Industrie her und gilt als weltweit führender Schlüssellieferant für diese Branchen. Die Produkte reichen vom Insulin-Pen bis zu Ampullen, aber auch schnöde Parfümflakons gehören zum Portfolio.
  • Der Hauptsitz ist in Düsseldorf, daneben ist der Konzern weltweit mit Standorten in Europa, Asien und Amerika vertreten.
  • Die Aktie ist im MDAX gelistet, die Marktkapitalisierung beträgt aktuell 860 Millionen €.
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