Palantir-Aktie: Angriff auf Europa
Die Aktie von Palantir Technologies hat in den vergangenen Wochen deutlich an Dynamik gewonnen. Neue Partnerschaften, vor allem in Europa, schüren die Hoffnung auf weiteres Umsatzwachstum – und viele Analysten rechnen mit einer positiven Überraschung bei den kommenden Quartalszahlen.
Wachsende Zuversicht nach vorsichtigem Start
Noch vor wenigen Monaten überwog bei Palantir eine gewisse Skepsis. Ein Großteil der kurzfristigen Vertragsumsätze beruhte auf kündbaren Verträgen mit Laufzeiten unter zwölf Monaten. Zudem blieben neue Partnerschaften rar, was Zweifel an der optimistischen Prognose des Managements für das dritte Quartal weckte – ein Wachstum von rund 50 Prozent im Jahresvergleich schien ambitioniert.
Doch der September brachte eine Wende. Besonders ein milliardenschwerer Deal im Vereinigten Königreich sorgte für Aufsehen. Die Vereinbarung mit der britischen Regierung über Investitionen von bis zu 1,5 Milliarden Pfund und den Aufbau einer neuen Verteidigungszentrale in London könnte zum Türöffner für weitere Aufträge innerhalb der NATO und europäischer Verteidigungsministerien werden.
Internationale Expansion gewinnt an Bedeutung
Während Palantir auf dem US-Markt weiter stark wächst, blieb das internationale Geschäft bisher hinter den Erwartungen zurück. Deshalb kommt jeder neue Auftrag aus dem Ausland einem Signal der Trendwende gleich. Im zweiten Quartal lag der Umsatz aus internationalen Regierungsaufträgen bei 127 Millionen Dollar – deutlich weniger als die 426 Millionen Dollar aus dem US-Regierungssegment.
Mit dem Ausbau des europäischen Standorts in London und der Schaffung von rund 350 neuen Arbeitsplätzen will das Unternehmen nun gezielt seine Präsenz im Verteidigungssektor Europas stärken. CFO David Glazer hatte bereits im Sommer höhere Ausgaben durch Neueinstellungen angekündigt – ein Indiz, dass der Ausbau strategisch geplant war.
Neue Partnerschaften befeuern Wachstumserwartungen
Seit der letzten Quartalsbilanz hat Palantir sieben neue Kooperationen bekannt gegeben. Dazu zählen Großkunden wie Lumen, Boeing und Lear Corporation sowie Partnerschaften im britischen Verteidigungssektor und im Gesundheitswesen. Besonders das britische Abkommen gilt als potenzieller Wendepunkt: Es könnte Palantir nicht nur in Europa, sondern auch auf NATO-Ebene stärker verankern.
In den USA bleibt das Wachstum ungebrochen. Die dortigen Geschäftskundenumsätze stiegen zuletzt um 93 Prozent im Jahresvergleich, während das internationale Geschäft weiterhin schwächelt. In Europa erschweren die strengen Regularien des geplanten EU-AI-Acts den Marktausbau. CEO Alex Karp hatte wiederholt betont, dass viele europäische Unternehmen den Nutzen von Künstlicher Intelligenz noch nicht vollständig erkannt hätten – ein Umstand, den Palantir mittelfristig überwinden muss.
Bewertung und Wachstumserwartungen bleiben hoch
Für klassische Value-Investoren ist Palantir weiterhin kein Schnäppchen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 580 und einem erwarteten Multiple von 410 für das kommende Jahr liegt die Bewertung weit über Branchendurchschnitt. Auch das Kurs-Umsatz-Verhältnis von rund 100 zeigt, dass Anleger hier vor allem auf starkes Wachstum und die KI-Story setzen.
Trotz der hohen Bewertung sehen viele Investoren Palantir als einen der wenigen reinen Profiteure des weltweiten KI-Booms. Solange Umsatz und Margen weiter steigen, scheint die Bereitschaft, einen Aufschlag zu zahlen, ungebrochen.
Blick auf die anstehenden Quartalszahlen
Palantir hat den Veröffentlichungstermin für die Zahlen zum dritten Quartal 2025 auf den 3. November nach US-Börsenschluss festgelegt. Das Management erwartet Umsätze zwischen 1,083 und 1,087 Milliarden Dollar – das wäre die höchste sequenzielle Steigerung der Unternehmensgeschichte. Der operative Gewinn soll zwischen 493 und 497 Millionen Dollar liegen, wobei ein Anstieg der Ausgaben im Zuge des europäischen Ausbaus einkalkuliert ist.
Besonderes Augenmerk dürfte auf der sogenannten „Rule of 40“ liegen – einem zentralen Profitabilitätsmaß, das Palantir für das Gesamtjahr bei 91 Prozent sieht. Eine Anhebung dieser Kennzahl könnte für zusätzliche Kursfantasie sorgen.
Zwischen Skepsis und Euphorie
Nach einer Phase der Korrektur hat sich die Palantir-Aktie zuletzt deutlich erholt. Zwar sorgten kurzfristig ein kritisches US-Army-Memo und geopolitische Spannungen zwischen den USA und China für Rücksetzer, doch die langfristige Wachstumsperspektive bleibt intakt. Das Armeedokument, das Sicherheitsbedenken äußerte, wurde von vielen Analysten als vorsorgliche Maßnahme und nicht als technisches Problem interpretiert.
Die eigentliche Schwachstelle bleibt das internationale Privatkundengeschäft. Hier behindern europäische Regularien und ein konservatives Marktumfeld den Ausbau. Doch charttechnisch spricht vieles für einen weiteren Aufwärtstrend – die Aktie bildet derzeit ein klassisches aufsteigendes Dreieck, ein Muster, das häufig auf einen Kursausbruch hinweist.
Ausblick
Die kommenden Wochen dürften entscheidend sein. Sollte Palantir mit seinen Quartalszahlen erneut die Erwartungen übertreffen und gleichzeitig Fortschritte in Europa melden, könnte die Aktie eine neue Rallye starten. Die Wachstumsstory ist noch lange nicht auserzählt – und Palantir bleibt eine der spannendsten Wetten auf den globalen KI-Boom.
ℹ️ Palantir in Kürze
- Palantir Technologies (WKN: A2QA4J) ist ein US-Technologieunternehmen, das Software und Dienstleistungen zur Analyse großer Datenmengen anbietet.
- Das Unternehmen hat zwei Geschäftsbereiche: Während sich Palantir Gotham an Armeen, Geheimdienste, Polizeibehörden und sonstige staatliche Einrichtungen richtet, kommt Palantir Foundry bei gewerblichen Kunden in verschiedensten Branchen zum Einsatz.
- Das Unternehmen mit Sitz in Denver im US-Bundesstaat Colorado notiert an der New York Stock Exchange und ist derzeit ca. 426 Milliarden US$ wert.