Marvell Technology-Aktie: Schlüssellieferant der KI-Industrie?

Stille Revolution

Während die Aufmerksamkeit der Märkte häufig auf Chip-Giganten wie Nvidia, AMD oder Broadcom gerichtet ist, rückt ein weiterer Akteur zunehmend ins Zentrum des Interesses: Marvell Technology. Das Unternehmen profitiert vom rasanten Ausbau der Rechenzentrumsinfrastruktur, die das Fundament für Cloud-Computing und Künstliche Intelligenz bildet. Anleger beginnen, in Marvell einen strategisch wichtigen, aber bislang unterschätzten Bestandteil der globalen Technologieversorgungskette zu erkennen.

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Maßgeschneiderte Chips statt Standardlösungen

Marvell unterscheidet sich deutlich von Nvidia und AMD, deren Grafikprozessoren als universelle Lösungen für KI- und Machine-Learning-Aufgaben dienen. Der Konzern setzt stattdessen auf maßgeschneiderte Chips, die speziell für große Cloud-Anbieter wie Amazon Web Services und Microsoft entwickelt werden. Damit konkurriert Marvell um die gleichen Budgets wie Broadcom, fokussiert sich jedoch auf kundenspezifische Rechenlösungen und Netzwerktechnologien.

Im Bereich Ethernet-Switching ist Marvell weltweit die Nummer zwei hinter Broadcom. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die 2020 übernommene Firma Inphi, durch die Marvell zu einem führenden Anbieter optischer Hochgeschwindigkeitsverbindungen wurde. Während GPUs in erster Linie für das Training von KI-Modellen eingesetzt werden, sorgen Marvells Lösungen dafür, dass riesige Datenmengen schnell und effizient übertragen werden – ein entscheidender Faktor im Zeitalter datenintensiver KI-Anwendungen.

Wettbewerb und Abhängigkeit von Großkunden

Im Segment der Data Processing Units (DPUs) trifft Marvell auf Konkurrenten wie Broadcom und Nvidia, während im Bereich der optischen Verbindungen auch Intel und Cisco zu den Rivalen zählen. Marvells größte Stärke liegt zweifellos in seinen Netzwerklösungen und Interconnect-Produkten. Allerdings gewinnen die kundenspezifischen KI-Chips zunehmend an Bedeutung für das Geschäft.

Risiken ergeben sich aus der intensiven Konkurrenz und der starken Abhängigkeit von wenigen Hyperscalern. Zudem könnten niedrigere Margen im Custom-Chip-Segment die Profitabilität belasten. Wie bei vielen Unternehmen, die derzeit vom KI-Boom profitieren, bleibt auch bei Marvell die langfristige Unsicherheit über künftige Investitionszyklen bestehen – kurzfristig wird dies jedoch nicht als gravierende Gefahr gesehen.

Chancen und Herausforderungen im Überblick

Marvells Wachstumsaussichten sind eng mit der steigenden Nachfrage nach spezialisierter Halbleitertechnologie verknüpft. Große Cloud-Anbieter setzen verstärkt auf eigens entwickelte Chips, um Leistung und Effizienz zu optimieren – ein Bereich, in dem Marvell seine Stärken ausspielen kann. Hinzu kommt der wachsende Bedarf an optischen Netzwerken, die enorme Datenmengen innerhalb moderner Rechenzentren transportieren.

Auf der anderen Seite steht der Druck durch Wettbewerber wie Broadcom und Cisco. Die niedrigen Margen im Bereich kundenspezifischer Chips sowie die Abhängigkeit von den Investitionszyklen der Cloud-Giganten bergen Risiken. Sollte das Wachstum im KI-Sektor langfristig an Dynamik verlieren, könnte sich dies in zyklischeren Umsätzen niederschlagen.

Erwartungen an das dritte Quartal

Analysten erwarten für das dritte Quartal einen Umsatzanstieg von rund 36 Prozent auf etwa 2,06 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn je Aktie soll zwischen 0,68 und 0,76 US-Dollar liegen, der Konsenswert beträgt 0,74 US-Dollar – ein Plus von rund 71 Prozent im Jahresvergleich. Diese Prognosen spiegeln den anhaltenden Aufwärtstrend und das starke Momentum im Cloud- und KI-Geschäft wider.

Bewertung und Kursziel: Potenzial trotz hoher Bewertung

Auf Grundlage von Analystenschätzungen zu EBITDA, Cashflow und Bilanzkennzahlen wurde ein Kursziel von 119,47 US-Dollar errechnet, was einem Aufwärtspotenzial von etwa 34 Prozent entspricht. Trotz einer im Vergleich zur Konkurrenz ambitionierten Bewertung erscheint der Kurs angesichts des dynamischen Wachstums im Bereich Custom Silicon sowie Switching- und Netzwerklösungen gerechtfertigt.

Das EBITDA dürfte bis 2028 jährlich um rund 37 Prozent zulegen, der freie Cashflow sogar um 50 Prozent. Betrachtet man den Zeitraum ab dem Geschäftsjahr 2026, liegen die Wachstumsraten immer noch bei soliden 16 Prozent beziehungsweise 10,7 Prozent pro Jahr – Werte, die eine optimistische Einschätzung stützen.

Fazit: Ein strategischer Profiteur des KI-Zeitalters

Marvell Technology positioniert sich als entscheidender Enabler für die Infrastruktur der Künstlichen Intelligenz. Trotz starker Konkurrenz bietet das Unternehmen durch seine Spezialisierung auf Netzwerktechnologien und maßgeschneiderte Chips attraktive Wachstumsperspektiven. Die Aktie erscheint daher auf aktuellem Niveau interessant für langfristig orientierte Investoren, die an die nachhaltige Expansion von Cloud und KI glauben.

ℹ️ Marvell in Kürze

  • Marvell Technology (WKN: A3CNLD) ist ein Hersteller von Netzwerk-, Speicher- und Computerchips sowie Konnektivitätslösungen für verschiedene Branchen wie Rechenzentren, die Automobilindustrie, Carrier-Infrastruktur und Unternehmensnetzwerke.
  • Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Santa Clara im US-Bundesstaat Kalifornien, betreibt jedoch auch Entwicklungszentren in Asien und Europa.
  • Marvell Technology ist an der Nasdaq gelistet und kommt derzeit auf eine Marktkapitalisierung von 74 Milliarden US$.
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