Trump-Crash: Das macht der Börsenfuchs jetzt

Interview mit Profi

Mit wenigen Worten auf seiner Social Media-Plattform hat US-Präsident Trump am vergangenen Freitag die Börsen auf eine kolossale Talfahrt geschickt. Zum Wochenauftakt zeigt sich eine starke Erholung nach dem Schock. Doch wie geht's weiter? Was müssen Anleger jetzt wissen?

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Nächster Akt im Zoll-Drama?

Er ist mit allen Wassern gewaschen: Börsenfuchs Marco Messina. Seit Jahrzehnten an den Märkten aktiv, hat er schon sämtliche Höhen und Tiefen erlebt. Wie schätzt der Chefanalyst des Aktien Navigator die Lage nach dem neuerlichen Aufflammen des Handelskonflikts zwischen den USA und China ein?

Im Interview mit SD-Chefredakteur Frank Giarra wirft Marco Messina einen dezidierten Blick auf die aktuelle Lage und zeigt auf, wo er jetzt gute Investmentchancen sieht.

US-Präsident Trump hat am Freitag die Märkte zum Absturz gebracht durch wenige Sätze über den Handelskonflikt mit China. Wie bewerten Sie das?

Marco Messina: Wir haben ja fast schon sehnsüchtig darauf gewartet, dass mal wieder jemand das gute alte Thema Zölle aus der Mottenkiste holt – und voilà, endlich ist es wieder so weit. Ob am 1. November tatsächlich 100% Zölle on top der bestehenden eingeführt werden, wird man sehen.

Entscheidend ist etwas anderes: China hat an der wohl sensibelsten Schraube gedreht, die es in den Verhandlungen überhaupt gibt – dem Export Seltener Erden. Dabei wurden die Exportbedingungen gar nicht verändert, man will lediglich die Kontrollen verschärfen, um sicherzustellen, dass alle Vorschriften auch wirklich eingehalten werden. Doch schon dieser Schritt reicht aus, um die US-Regierung nervös werden zu lassen.

Die Reaktion der Märkte zeigt, wie fragil vieles derzeit ist. Einige Blasen, die sich in den letzten Monaten gebildet hatten, wurden zumindest kurzzeitig korrigiert.

Noch viel spannender finde ich allerdings, was sich an den Kryptobörsen abgespielt hat: Ein regelrechter Crash-Marathon. Plattformen, die plötzlich nicht erreichbar waren, Nutzer, die nicht in ihre Konten kamen – und Coins, die binnen Minuten um -75% oder mehr abstürzten

Marco Messina, Chefanalyst Aktien Navigator.

Ich habe in den letzten 48 Stunden Trader gesehen, die Millionen verloren haben – und zwar nicht, weil Trump etwas gesagt hat, sondern weil ihre Gier das Hirn gefressen hat. Wer mit 10- bis 20-fachem Hebel auf einen ohnehin schon volatilen Markt setzt, braucht sich nicht wundern, wenn bei einem Tagesverlust von zehn Prozent der Margin-Call kommt. Das ist kein Investieren, das ist Vegas – nur ohne Cocktails.

An den Aktienmärkten selbst wird sich vieles schnell wieder beruhigen. Die Reaktionen auf diese Zollankündigung waren übertrieben, und wir alle wissen, dass es am Ende meistens ganz anders kommt. Seltene Erden sind kein Nischenthema, sondern für die Verteidigungs- und High-Tech-Industrie von strategischer Bedeutung, aber auch für die KI-Unternehmen extrem wichtig!

Die USA haben hier ein ureigenes Interesse, den vollen Zugang zu behalten. Spannend wird, wie die großen KI- und Chipkonzerne reagieren – Nvidia, AMD und Co. brauchen für ihre CPU-Racks Kobalt, Wolfram und Terbium, ebenso wie Neodym, das in unzähligen Hochleistungsmagneten von Dell, HP oder General Electric steckt. Sollte China die Kontrollen verschärfen oder gar echte Exportbeschränkungen einführen, könnte der schöne KI-Run schneller ein jähes Ende finden, als viele denken.

„Diese Spielchen kennen wir“

Droht jetzt tatsächlich ein Handelskrieg oder ist das Ihrer Meinung nach nur ein Sturm im Wasserglas?

Marco Messina: Das ist – mal wieder – ein klassischer Sturm im Wasserglas, begleitet von reichlich heißer US-Rhetorik, die am Ende meist verpufft. Langfristig wird davon nichts Bestand haben, weil die Amerikaner sich selbst am meisten schaden würden. China wird seinerseits versuchen, die Wogen mit diplomatischen Formulierungen zu glätten, ohne das Gesicht zu verlieren.

Diese Spielchen kennen wir: harte Worte, symbolische Maßnahmen, danach eine Phase der Entspannung und am Ende ein Kompromiss, mit dem beide Seiten leben können. Was wir jetzt erleben, ist also mehr politische Inszenierung als ökonomischer Wendepunkt.

Volatilität als Chance nutzen

Wie haben Sie persönlich am Freitag reagiert und was planen Sie für die kommenden Tage?

Marco Messina: Ganz ehrlich? Ich saß gerade beim Essen – Rinderfilet, Rotwein, guter Abend – und habe einmal kurz in meine Depots geschaut. Dann habe ich gelächelt und den Kopf geschüttelt über die Panik der Kryptogambler, die über Nacht Haus und Hof verloren haben.

Und damit meine ich ausdrücklich nicht diejenigen, die sich bestens mit dem Kryptomarkt auskennen und hier als Investoren im Markt agieren, sondern die Blender, die mit ihren Portfolien geprotzt und den Hals nicht voll genug bekommen haben, Hebel 10 oder noch mehr, weil man mit wenig Arbeit innerhalb kürzester Zeit reich werden wollte, und wo vieles innerhalb weniger Minuten zerplatzt ist.

Diese Art Menschen sehen wir an den Kapitalmärkten alle paar Jahre wieder und der Großteil davon lernt dann meistens auf die harte Art und Weise, wie es laufen kann, wenn man kein Money- und Riskmanagement hat.

Der Freitag ändert in meiner Anlagestrategie rein gar nichts. Das war ähnlich wie im April am sogenannten Liberation Day, als ich in meiner Live-Sprechstunde erklärt habe, warum ich entspannt bleibe. Es war damals wie heute ein politisches Strohfeuer, kein struktureller Bruch. Es gibt keine Pandemie, keine Bankenkrise, keine Flugzeuge, die in Türme fliegen – es gibt einfach eine selbstbewusste US-Regierung, die glaubt, mit Zuckerbrot und Peitsche sowohl innen- als auch außenpolitisch alles steuern zu können.

Und man darf nicht vergessen: In den USA stehen die Midterm-Wahlen an. Da ist jede Drohung gegen China, jedes Wort über „billige Importe“ und „unfaire Wettbewerber“ pures Wahlkampfmaterial. Die Regierung spielt für ihre Basis – nicht für die Märkte. Wer das versteht, bleibt ruhig und nutzt Volatilität als Chance statt als Drama.

Augen auf Seltene-Erden-Aktien

Haben Sie schon Aktien ausgemacht, die jetzt besonders in Ihren Fokus rücken?

Marco Messina: Tatsächlich hat sich durch den Freitag nichts wirklich Neues ergeben – vielleicht mit einer Ausnahme: Seltene-Erde-Aktien haben querbeet positiv performt, und hier könnte in den kommenden Tagen richtig Musik drin sein, vor allem bei nordamerikanischen Unternehmen, die nicht von China abhängig sind.

Parallel wird man sich in der Rüstungsindustrie verstärkt die Frage stellen, wie groß die Abhängigkeit von Seltenen Erden überhaupt ist und welche Reserven man national hat. Ich erinnere mich, dass ich auf einer Konferenz kürzlich den Vorstand von Salzgitter gefragt habe, ob es beim Panzerstahl zu Engpässen kommen könnte – wurde klar verneint.

Aber man darf nicht vergessen: Ein einziges F-35-Kampfflugzeug enthält rund 418 Kilogramm Seltener Erden, ein U-Boot der Virginia-Klasse sogar 4,6 Tonnen. Da geht es nicht um ein paar Handys oder Billigprodukte, sondern um die strategische Vormachtstellung der Supermächte. Wer das verstanden hat, weiß, warum dieses Thema so viel größer ist als die Frage, ob auf chinesische Waschmaschinen nun 25% oder 100% Zoll erhoben werden.
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