ImmunityBio: Zwischen Hype und Hoffnung
Die Aktie von ImmunityBio hat in den vergangenen eineinhalb Jahren deutlich an Wert verloren, nachdem Finanzierungsbedarf zu einer erheblichen Verwässerung führte. Dennoch rückt das Unternehmen dank seines Schlüsselprodukts Anktiva, vielversprechender Pipeline-Projekte und zunehmender Unterstützung durch Analysten wieder stärker in den Fokus.
ImmunityBio ist ein biopharmazeutisches Unternehmen mit Sitz in San Diego, das auf Immuntherapien und Zelltherapien spezialisiert ist. Ziel ist es, das körpereigene Immunsystem gegen Krebs und Infektionskrankheiten zu mobilisieren. Das wichtigste Produkt ist Anktiva, das in Kombination mit dem Bacillus-Calmette-Guérin-Impfstoff (BCG) seit April 2024 zur Behandlung von BCG-resistentem, nicht-muskelinvasivem Blasenkrebs mit Carcinoma in situ zugelassen ist. Anktiva wird zudem in zahlreichen weiteren klinischen Studien als Basistherapie gegen unterschiedliche Krebsarten erprobt.
Entwicklung des Unternehmens
Das heutige ImmunityBio entstand 2021 durch den Zusammenschluss mit NantKwest, nachdem NantCell 2014 gegründet worden war. Beide Firmen wurden von Dr. Patrick Soon-Shiong ins Leben gerufen, einem Unternehmer mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung und erfolgreichen Veräußerung von Pharmaunternehmen. Heute hält er gemeinsam mit seinen verbundenen Gesellschaften rund 71 Prozent der ausstehenden Aktien. Mit einem Kurs von etwa 2,50 US-Dollar liegt die Marktkapitalisierung aktuell bei rund 2,35 Milliarden US-Dollar.
Forschungsplattformen und Wirkmechanismen
Die Technologieplattformen von ImmunityBio zielen darauf ab, sowohl das angeborene als auch das adaptive Immunsystem zu aktivieren. Dies geschieht durch Antikörper-Zytokin-Fusionsproteine, DNA- und RNA-basierte Impfstoffe sowie Zelltherapien. Anktiva ist das erste Produkt, das klinisch und kommerziell erfolgreich eingesetzt wird.
Anktiva im Detail
Bei Anktiva handelt es sich um ein Fusionsprotein, das spezifisch natürliche Killerzellen sowie CD8-T-Zellen aktiviert, ohne gleichzeitig immunsuppressive T-Regulatorzellen zu stimulieren. Klinische Studien zeigten eine vollständige Ansprechrate von 71 Prozent und eine mediane Dauer der Remission von über 45 Monaten. Damit konnte die Rate an Zystektomien deutlich reduziert und eine krankheitsspezifische Überlebensrate von nahezu 99 Prozent erzielt werden.
Umsätze nehmen Fahrt auf
Nach anfänglichen Produktionsproblemen und einer verzögerten Zulassung stieg der Marktstart in den USA zunächst schleppend an. Der Durchbruch kam Anfang 2025 mit der Vergabe eines J-Codes, wodurch die Abrechnung erleichtert wurde. Hinzu kam die Entspannung bei den BCG-Lieferengpässen. Im ersten Halbjahr 2025 erreichte Anktiva bereits Umsätze von knapp 43 Millionen US-Dollar. Eine weitere Umsatzsteigerung ist durch die Zulassung im Vereinigten Königreich und eine erwartete EU-weite Entscheidung im Laufe des Jahres absehbar.
Konkurrenz durch TAR-200
Gleichzeitig sieht sich Anktiva einem ernstzunehmenden Wettbewerber gegenüber: Johnson & Johnson entwickelt mit TAR-200 ein intravesikales Chemotherapie-System, das in klinischen Studien noch höhere Ansprechraten zeigte und zudem eine einfachere Anwendung verspricht. Sollte die FDA den Wirkstoff im ersten Quartal 2026 zulassen, entstünde für Anktiva ein massiver Konkurrenzdruck. ImmunityBio setzt dagegen auf die längere Dauer des Therapieerfolges sowie eine bessere Verträglichkeit ohne Chemotherapie.
Pipeline-Erweiterungen
Neben der aktuellen Indikation wird Anktiva in weiteren Studien erprobt, etwa in Kombination mit Checkpoint-Inhibitoren bei Lungenkrebs. Erste Ergebnisse deuten auf eine deutliche Verlängerung des Gesamtüberlebens hin. Auch bei Glioblastomen, einer besonders schwer behandelbaren Hirntumorart, erzielte die Kombination mit einem Tumor-stimulierenden Gerät bemerkenswerte Resultate.
Eine wichtige Ergänzung stellt das t-haNK-Programm dar, das auf genetisch optimierte natürliche Killerzellen setzt. In frühen Studien wurden ermutigende Ergebnisse gegen bestimmte Formen von Lymphomen erzielt. Diese Programme sind noch in einem frühen Entwicklungsstadium, stärken aber das Profil von ImmunityBio als Plattformunternehmen mit mehreren vielversprechenden Ansätzen.
Finanzlage und Kapitalbedarf
Die größte Herausforderung bleibt die Finanzierung. Der operative Mittelabfluss im ersten Halbjahr 2025 lag deutlich über den vorhandenen liquiden Mitteln, sodass wiederholt Kapitalerhöhungen notwendig waren. Hinzu kommen Umsatzbeteiligungen an Investoren sowie ein hoher Schuldenstand gegenüber dem Gründer. Weitere Verwässerungen sind daher in den kommenden Jahren kaum zu vermeiden.
Analystenerwartungen
Trotz dieser Belastungen rechnen Analysten mit einem deutlichen Umsatzanstieg. Für 2025 erwarten sie Erlöse von rund 110 Millionen US-Dollar, die sich 2026 bereits verdoppeln könnten. Die Profitabilität wird allerdings erst ab 2028 gesehen, wenn Anktiva nach Prognosen fast eine Milliarde US-Dollar zum Umsatz beitragen soll.
Fazit
ImmunityBio hat mit Anktiva ein Asset etabliert, das als „Pipeline in einem Produkt“ bezeichnet werden kann. Trotz wachsender Konkurrenz und erheblichen Finanzierungsrisiken birgt die Aktie für risikobereite Investoren in einem breit gestreuten Biotech-Portfolio eine interessante Chance. Eine große Position rechtfertigt das Papier jedoch noch nicht, da die Profitabilität noch ein gutes Stück entfernt liegt.