Evotec-Aktie: Weiterhin ein Übernahmekandidat?
Die Evotec-Aktie findet keinen stabilen Boden, zuletzt hat sie wieder deutlich an Boden verloren. Am Montag erholt sie sich geringfügig und steht aktuell bei rund 6 €. Damit könnte sie wieder in den Fokus von Interessenten rücken. Wie wahrscheinlich ist eine Übernahme?
Aspekte für eine Übernahme
Unternehmen sind für Übernahmen immer dann interessant, wenn sie über gute Produkte verfügen und relativ preiswert sind. Der erste Aspekt trifft bei dem Hamburger Biotechunternehmen zu. Der Unternehmenswert mit knapp 1,1 Milliarden € ist momentan sehr günstig. Dies könnte für Interessenten derzeit ein Argument sein.
Der zweite Aspekt ist, dass eine hervorragende Produktpalette oder ein hohes Know-how vorhanden ist. Dieser Punkt ist momentan nicht zu bejahen. Evotec positioniert sich derzeit neu. Nach dem Abgang des vorherigen CEO Lanthaler stellt der neue CEO Christian Wojczewski das Unternehmen neu auf. Die Hauptprobleme waren, dass an zu vielen Wirkstoffen geforscht wurde und die Ertragskraft dadurch sehr gering war.
Gerade der letzte Aspekt spricht momentan gegen eine Übernahme. Die nächsten Quartalsberichte werden zeigen, wohin die Reise geht.
Höhere Profitabilität erwartet
Das Manko des Hamburger Unternehmens war bisher die geringe Profitabilität. In den ersten sechs Monaten lag der operative Verlust (EBITDA) bei 1,9 Millionen €. Gegenüber dem Vorjahresverlust von 0,6 Millionen € ist das ein deutlicher Anstieg. Wesentlich aussagefähiger ist jedoch, dass im ersten Quartal noch ein positives EBITDA von 3,1 Millionen € erzielt wurde.
Für das Gesamtjahr wird ein bereinigtes EBITDA von 40 bis 50 Millionen € erwartet. Das bedeutet, dass das dritte und vierte Quartal hochprofitabel ausfallen müssen. Die Ertragsprognose wurde bestätigt, obwohl der erwartete Umsatz von 840 bis 880 Millionen € auf 760 bis 800 Millionen € gesenkt wurde.
Der Bericht für das dritte Quartal wird daher sehr spannend werden. Wenn die angestrebten Ertragsziele erreicht werden, könnte eine Übernahme wieder wahrscheinlicher werden.
Eigenständigkeit bleibt im Fokus
Im vergangenen Jahr wollte das US-Unternehmen Halozyme Therapeutics Evotec für zwei Milliarden Dollar übernehmen – zog dann aber zurück, angeblich weil sich Evotec dem Kontaktwerben widersetzte. Mit dem neuen CEO dürfte die Eigenständigkeit des Biotechunternehmens noch stärker ausfallen.
Ein Beleg hierfür könnte auch der Insiderkauf im August sein – Christian Wojczewski kaufte Aktien im Wert von 296.000 € zu einem Preis von je 5,92 €. Dies dürfte ein starkes Signal dafür sein, dass er die Aktie für stark unterbewertet hält. Zudem betont das neue Management immer wieder die angestrebte Eigenständigkeit.
Was für die Eigenständigkeit spricht, sind auch die beiden Großaktionäre Novo Holding mit 8% und Mubadala mit rund 7%. Mit dem Einstieg des Finanzinvestors Triton mit rund 10% wurde eine Übernahme erwartet, diese blieb bisher jedoch aus.
Was bedeutet das für die Aktie?
In der jetzigen Situation halte ich eine Übernahme eher für unwahrscheinlich. Interessenten warten vielmehr ab, bis das Unternehmen wieder hochprofitabel arbeitet. Zudem wird das Betätigungsfeld grundlegend geändert. Der Fokus liegt auf hochwertigen Dienstleistungen und Therapiegebieten; das Geschäftsmodell wird vereinfacht und die Nutzung von KI und Industrialisierung wird gestärkt. Dieser Prozess ist auch mit Personalanpassungen verbunden.
Dennoch ist die Aktie aus meiner Sicht unterbewertet. Ein erstes Kursziel sollte bei 7 € liegen. Wenn der kommende Quartalsbericht ertragsmäßig positiv ausfällt, kann dies sehr schnell eintreten. Allerdings besteht die Gefahr, dass im dritten Quartal die Ertragslage noch nicht den Zielen entspricht.
Die Analysten halten die Aktie mehrheitlich für unterbewertet; deren mittleres Kursziel liegt bei 8,40 €. Lediglich die Deutsche Bank mit ihrem Zielkurs von 6 € hält die Aktie für fair bewertet.
Mein Fazit: Aktuell halte ich eine Übernahme für unwahrscheinlich. Dennoch bietet das jetzige Kursniveau wieder gute Einstiegschancen.
Wer grundsätzliches Interesse am Sektor hat, könnte sich auch registrieren für den kostenlosen Newsletter von Biotech-Profi Maximilian Ruth.
Interessenkonflikt: Der Autor hält Aktien des besprochenen Unternehmens Evotec. Somit besteht konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt. Der Autor beabsichtigt, die Aktien – je nach Marktsituation auch kurzfristig – zu kaufen oder zu veräußern und könnte dabei von erhöhter Handelsliquidität profitieren.
ℹ️ Evotec in Kürze
- Evotec (WKN: 566480) mit Sitz in Hamburg ist ein international tätiges Unternehmen im Bereich der pharmazeutischen Wirkstoffforschung.
- In Forschungs- und Entwicklungspartnerschaften mit Biotech-Unternehmen und Pharmakonzernen weltweit erforscht und entwickelt Evotec Wirkstoffkandidaten für Therapieansätze in verschiedensten medizinischen Richtungen.
- Evotec ist Mitglied im TecDAX und knapp 1,1 Milliarden € wert.