Vertex Pharmaceuticals: Zwischen Höhenflug und Gegenwind

Hoffnungsträger Alyftrek
Redaktion

Vertex Pharmaceuticals ist seit Jahren vor allem durch seine Führungsrolle in der Behandlung von Mukoviszidose bekannt. Doch während die Forschung große Fortschritte zeigt, gerät die Aktie nach außergewöhnlich lukrativen Jahren zunehmend unter Druck – ein Spannungsfeld zwischen wissenschaftlichem Erfolg und Marktunsicherheit.

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Schwächung nach Allzeithoch

Am 14. März 2025 erreichte die Aktie von Vertex Pharmaceuticals ihr Allzeithoch. Doch seither verloren die Bullen an Einfluss und die Bären übernahmen das Ruder. Der Kursverfall von 25,8 Prozent innerhalb von sechs Monaten ist dabei nur teilweise durch fundamentale Gründe erklärbar. Gleichzeitig zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen der skeptischen Haltung der Wall Street und den tatsächlichen Fortschritten im Bereich Mukoviszidose (CF) seit 2022.

Alyftrek als neues Zugpferd

Das wichtigste Aushängeschild ist Alyftrek, das die Attraktivität des Chancen-Risiko-Profils von Vertex deutlich steigert. Am 1. Juli genehmigte die Europäische Kommission den Einsatz bei bestimmten Mukoviszidose-Patienten ab sechs Jahren, da es wirksamer war als sein Quasi-Vorgänger Trikafta. Nur wenige Wochen später folgte eine entscheidende Vereinbarung mit NHS England zur Kostenübernahme, die den Zugang für rund 11.100 Betroffene in England ab Mitte Juli ermöglicht.

Umsatzstärke bleibt bestehen

Im zweiten Quartal 2025 stiegen die Umsätze von Alyftrek um fast 191 Prozent auf 156,8 Millionen US-Dollar. Der Zuwachs resultierte vor allem aus Patientenwechseln von älteren, weniger wirksamen CF-Medikamenten wie Kalydeco, Orkambi und Symdeko. Damit etabliert sich Alyftrek zunehmend als überlegener Nachfolger von Trikafta.

Insgesamt erzielte Vertex im zweiten Quartal einen Umsatz von 2,96 Milliarden US-Dollar und übertraf damit die Prognosen deutlich. Das Wachstum von 11,7 Prozent im Jahresvergleich gelang trotz enttäuschender Verkaufszahlen von Journavx, einem vielversprechenden Schmerzmittelkandidaten. Zwar stiegen die Einnahmen aus diesem Wirkstoff um mehr als 800 Prozent im Quartalsvergleich, dennoch blieben sie hinter den Erwartungen zurück.

Rückschläge in der Schmerztherapie

Die Hoffnungen auf Journavx erhielten im Sommer einen Dämpfer. Vertex verschob nach Rückmeldungen der US-Zulassungsbehörde FDA den Start einer entscheidenden Studie für Rückenschmerzen. Noch schwerer wog die Nachricht, dass der Nachfolger VX-993 in einer Phase-2-Studie nach einer Operation am Fuß die Wirksamkeit nicht unter Beweis stellen konnte.

Gewinnentwicklung und neue Therapien

Trotz steigender Verwaltungskosten konnte Vertex den Non-GAAP-Gewinn je Aktie im zweiten Quartal auf 4,52 US-Dollar steigern. Verantwortlich für den Kostenanstieg war unter anderem die Markteinführung von Journavx sowie die Gentherapie Casgevy, die gemeinsam mit CRISPR Therapeutics entwickelt wird und bereits Zulassungen bei schweren Bluterkrankungen erhalten hat.

Führungsrolle im CF-Markt

Ein Blick auf die Umsatztreiber zeigt klar: Die dominierende Marktstellung im Bereich Mukoviszidose bildet weiterhin das Fundament der Finanzkraft. Während AbbVie mit seinem Hoffnungsträger ABBV-119 bereits 2022 scheiterte und die restlichen Projekte weiterveräußerte, setzte Vertex konsequent auf Trikafta und Alyftrek. Letzteres punktet durch die einmal tägliche Einnahme und zeigte in Studien sogar eine verbesserte Wirkung auf das Schlüsselprotein CFTR.

Streit um Lizenzgebühren

Ein weiterer Aspekt ist der laufende Streit mit Royalty Pharma über Lizenzzahlungen. Während Vertex nur vier Prozent auf die Umsätze von Alyftrek abführt, fordert Royalty Pharma acht Prozent. Da Alyftrek den gleichen Mutationsansatz verfolgt wie Trikafta und der Wirkstoff Deutivacaftor eng mit Ivacaftor verwandt ist, betrachtet Royalty die beiden Medikamente als nahezu gleichwertig. Eine endgültige Klärung wird jedoch erst Ende 2026 erwartet.

Risiken und Unsicherheiten

Trotz der Erfolge bestehen klare Risiken: gescheiterte Studien wie bei VX-993, ungelöste Lizenzstreitigkeiten sowie die starke Abhängigkeit vom CF-Portfolio. Die Pipeline ist noch nicht ausreichend diversifiziert, um das Risiko größerer Rückschläge in anderen Indikationsgebieten abzufedern.

Fazit und Ausblick

Vertex bleibt ein Wachstumswert, reagiert jedoch empfindlich auf Rückschläge in der Forschung. Der aktuelle Kursrückgang verdeckt, dass das Unternehmen seine Umsatzprognose für 2025 mit 11,85 bis 12 Milliarden US-Dollar bestätigt hat. Langfristig zeigt sich zudem ein attraktives Bewertungsniveau: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis dürfte bis 2029 deutlich unter den Fünf-Jahres-Durchschnitt sinken. Damit bleibt Vertex trotz bestehender Risiken ein spannender Titel mit hohem Potenzial.

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