Vodafone-Aktie: Turnaround-Chance oder Value-Trap?
Nach starken Quartalszahlen und einem kräftigen Kurssprung Anfang der Woche bleibt die Vodafone-Aktie eine der spannendsten, aber auch kontroversesten Turnaround-Stories im europäischen Telekomsektor. Nach Jahren der Restrukturierung, enttäuschten Anlegern und einer Kursentwicklung am unteren Ende der historischen Spanne präsentiert sich der britische Telekomriese heute als klassisches Value-Investment – mit erheblichem Potenzial, sofern auch in Deutschland der operative Befreiungsschlag gelingt.
Historisch günstige Bewertung, aber Markt bleibt skeptisch
Trotz 20% Kursplus seit Anfang April notiert die Vodafone-Aktie weiterhin nah dem Dekadentief.
Mit einem EV/EBITDA-Multiple von lediglich 5,3x ist das Papier nicht nur im Vergleich zur eigenen Historie (Durchschnitt der letzten fünf Jahre: über 6x), sondern auch gegenüber den wichtigsten Wettbewerbern wie Telefonica oder Orange (jeweils rund 6,6x) auffällig günstig bewertet. Der Markt preist weiterhin erhebliche Zweifel an der Nachhaltigkeit des Turnarounds ein – und das, obwohl Vodafone zuletzt operative Fortschritte und eine gestärkte Bilanz vorweisen konnte.
Deutschland bleibt das Sorgenkind
Bei aller Euphorie: Die jüngsten Zahlen für das Geschäftsjahr 2025 zeigen ein gemischtes Bild.
Der Umsatz stieg um 2% auf 37,4 Mrd.€, getragen von einem soliden Service-Umsatzwachstum von 2,8% auf 30,8 Mrd.€. Während Europa (ohne Deutschland), Afrika und die Türkei mit Wachstum glänzten, bleibt das Deutschland-Geschäft der große Bremsklotz. Nach regulatorischen Änderungen, die das Bündeln von Miete und TV/Breitband untersagen, verlor Vodafone hier zahlreiche Kunden. Der Service-Umsatz in Deutschland sackte um 5% ab – der schwächste Wert im Konzern. Da Deutschland inzwischen rund 40% zum EBITDAaL beiträgt, ist die Abhängigkeit von einer Trendwende enorm.
Immerhin: Das Management sieht Licht am Ende des Tunnels. Nach mehreren Quartalen mit rückläufigen Umsätzen habe sich die Lage zuletzt stabilisiert. Für das laufende Geschäftsjahr 2026 rechnet Vodafone sogar wieder mit Wachstum im deutschen Markt.
Die Strategie: Verbesserte Kundenangebote und höhere Zufriedenheit sollen die Abwanderung stoppen und mittelfristig wieder für steigende Erlöse sorgen.
Starke Entwicklung in anderen Märkten
Abseits von Deutschland läuft es rund.
In Großbritannien legte der Service-Umsatz um 1,9% zu, die Kundenbasis wächst, die Kündigungsrate ist niedrig. In den übrigen europäischen Märkten stiegen die Service-Umsätze um 2,1%. Das stärkste Wachstum kommt aus Afrika: plus 11,3%, vor allem dank Südafrika und Ägypten.
Hier zeigt sich, dass Vodafone in dynamischen Märkten nach wie vor Marktanteile gewinnt.
Profitabilität und Cashflow: Solides Fundament
In Sachen Profitabilität und Cashflow stehen die Briten wieder auf einem soliden Fundament.
Die gemeldete EBITDA wurde durch eine Wertberichtigung von 4,35 Mrd.€ auf das Deutschland- und Rumänien-Geschäft belastet – eine rein buchhalterische, nicht zahlungswirksame Maßnahme. Aussagekräftiger ist das bereinigte EBITDAaL, das um 0,8% auf 10,9 Mrd.€ sank. Der Rückgang in Deutschland (-12,6%) konnte durch Zuwächse in den anderen Regionen fast vollständig kompensiert werden. Der freie Cashflow erreichte 2,5 Mrd.€ und lag damit leicht über der eigenen Prognose.
Die Nettoverschuldung sank auf das 2,0-fache des EBITDAaL und liegt damit unter dem Zielkorridor von 2,25x bis 2,75x.
Kapitalrückführung: Neues Aktienrückkaufprogramm
Die solide Bilanz erlaubt es Vodafone, nach Jahren des Sparkurses erstmals wieder Kapital an die Aktionäre zurückzugeben.
Ein neues Aktienrückkaufprogramm über 2 Mrd.€ wurde angekündigt, die erste Tranche über 500 Mio.€ soll zeitnah starten. Auch die Dividende bleibt mit 1,8 Mrd.€ pro Jahr stabil. Selbst unter Einbeziehung des geplanten Mergers mit Three in Großbritannien und des Rückkaufprogramms bleibt das Leverage-Ratio mit 2,4x im Zielbereich.
Weitere Rückkäufe sind mittelfristig möglich, ohne die Bilanz zu überdehnen.
Ausblick: 2026 als Jahr der Wahrheit
Für das laufende Geschäftsjahr 2026 hat sich Vodafone eine Menge vorgenommen.
So peilt der Konzern ein bereinigtes EBITDAaL von 11 bis 11,3 Mrd.€ an (nach 10,9 Mrd.€ im Vorjahr). Der freie Cashflow soll auf 2,6 bis 2,8 Mrd.€ steigen – trotz höherer Investitionen im Rahmen der Fusion mit Three. Die erwarteten Synergien von 700 Mio.€ jährlich ab dem fünften Jahr und ein positiver Cashflow-Beitrag ab Jahr vier sprechen für ein langfristig attraktives Setup. Analysten bleiben dennoch vorsichtig: Das Dividendenwachstum wird auf absehbare Zeit als gering eingeschätzt, zu groß ist die Skepsis, ob der Turnaround in Deutschland gelingt.
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Fazit: Value-Case mit Hebel – aber kein Selbstläufer
Vodafone ist heute eine der günstigsten Telekom-Aktien Europas – mit einem klaren Value-Case, aber auch mit operativen Risiken.
Gelingt die Trendwende in Deutschland, dürfte die Aktie erhebliches Aufwärtspotenzial haben. Bleibt der Befreiungsschlag aus, droht die Value-Trap. Für risikobewusste Anleger mit mittelfristigem Horizont bleibt Vodafone eine spannende Turnaround-Wette – mit attraktiver Bewertung, solider Bilanz und sichtbaren Fortschritten, aber auch mit klaren Hausaufgaben im wichtigsten Markt.
ℹ️ Vodafone in Kürze
- Die Vodafone Group ist ein international tätiges britisches Telekommunikationsunternehmen, das sich seit geraumer Zeit im Umbruch befindet.
- Die Konzernzentrale befindet sich in London. Offizieller Sitz des Unternehmens ist Newbury.
- An der Börse ist der Konzern aktuell mit rund 23 Milliarden € bewertet.
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