Thyssenkrupp-Aktie -7%: Die große Ernüchterung
Die Thyssenkrupp-Aktie erfährt am Dienstagmorgen einen herben Dämpfer und rauscht teilweise zweistellig in die Tiefe. Hat der Stahl- und Technologiekonzern mit seinen Jahreszahlen so stark enttäuscht und ist die Aktie nach dem Kurssturz einen Kauf wert?
Rückläufiger Umsatz
Die Enttäuschung lag nicht so sehr an den Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr, sondern an der Prognose. Aber der Reihe nach:
Im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr sank der Konzernumsatz um ca. 6% auf 32,8 Milliarden €. Fast alle Geschäftssparten (Material Services, Steel Europa, Automotive Technology und Decarbon Technologies) des Traditionskonzerns verzeichneten rückläufige Umsätze. Einzig die Marinesparte TKMS konnte ihre Erlöse steigern.
Positives gab es in Sachen Auftragseingang zu berichten. Er stieg im letzten Geschäftsjahr von 32,8 auf 37,7 Milliarden €. Aber auch hier war es ausschließlich die inzwischen ausgegliederte Marinesparte, die durch umfangreiche Auftragserweiterungen im U-Bootbau für das Auftragsplus verantwortlich war. In allen anderen Segmenten ging der Auftragseingang nachfrage- und preisbedingt zurück.
Aber akzeptabler Gewinn und Cashflow
Trotz eines geringeren Jahresumsatzes konnte Thyssenkrupp sein operatives Ergebnis im letzten Geschäftsjahr leicht verbessern. Der bereinigte EBIT stieg von 567 auf 640 Millionen €. Vor allem der Bereich Decarbon Technologies sorgte für einen positiven Ergebniseffekt.
Unter dem Strich machte Thyssenkrupp im vergangenen GJ einen gewaltigen Ergebnissprung. Nach einem Nettoverlust von -1,45 Milliarden € lieferte der Konzern diesmal einen Jahresüberschuss von 532 Millionen €.
Überbetonen sollte man diese Ergebnisverbesserung allerdings nicht, denn sie basiert fast ausschließlich auf Sondereffekten wie Zuschreibungen auf Beteiligungen und Veräußerungserlöse. Das Ergebnis je Aktie erhöhte sich von -2,42 auf 0,75 Euro.
Positiv zu werten ist auch die Entwicklung des Cashflows. Der Free Cashflow vor M&A-Aktivitäten erhöhte sich um satte 253 Millionen € auf 363 Millionen €. Cashflow-Treiber waren die Marinesparte und ein verbessertes Working Capital Management.
Ein unerwartet mieser Ausblick
Die Hauptverantwortung für den heutigen Kurssturz der Thyssenkrupp-Aktie trägt jedoch der miese Ausblick für das laufende Geschäftsjahr 2025/26. Der Konzern rechnet mit einem nahezu stabilen Umsatz (zwischen -2 und +1%).
Beim Nettoergebnis geht der TK-Vorstand jedoch von einem Verlust zwischen -400 und -800 Millionen € aus. Hauptursache für das miese Ergebnis sind erneute Restrukturierungsrückstellungen im Stahlgeschäft.
Auch die Cashflow-Prognose ist eine Katastrophe. Thyssenkrupp peilt einen negative Free Cashflow vor M&A zwischen -300 und -600 Millionen € an. Auch hier schlagen die hohen Cash-wirksamen Restrukturierungszahlungen in den Segmenten Automotive Technology und Steel Europa voll durch.
Charttechnisch kritisch
Das Chartbild der Thyssenkrupp-Aktie befindet sich in einer kritischen Phase. Vor einer Woche scheiterte der MDAX-Titel an seinem 3-Jahreshoch bei 9,70 €.
Durch den heutigen Kurssturz fällt die TK-Aktie wieder deutlich unter die Marke von 9 €. Gleichzeitig wurde die 50-Tage-Linie nach unten durchbrochen. Viel spricht jetzt für eine Wende zu einem Abwärtstrend.
Woher den Optimismus nehmen?
Wie in den letzten drei Jahren dürfen sich Thyssenkrupp-Aktionäre über eine kleine Dividende in Höhe von 0,15 € je Aktie freuen. Das entspricht einer Dividendenrendite von ca. 1,6%.
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Thyssenkrupp wird weiterhin seine Transformation zu einer Finanzholding mit Mehrheitsbeteiligungen an eigenständigen Unternehmen vorantreiben. Die Marinesparte TKMS soll dabei als Blaupause dienen.
Ich mache jedoch ein großes Fragezeichen hinter diese Transformation. Mit Ausnahme von TKMS sind alle anderen Geschäftsbereiche von Thyssenkrupp Sorgenkinder mit rückläufigen Umsätzen, Aufträgen und sehr schwachen Ergebnissen.
Die seit über einem Jahr anhaltende Kursrallye der Thyssenkrupp-Aktie entbehrt meiner Meinung nach jeglicher Grundlage. Der Konzern ist ein Sammelsurium an Geschäftsbereichen, die allesamt keine großartige Zukunft haben. Die positive Ergebnis- und Cashflow-Entwicklung der letzten Monaten ruht einzig und alleine auf den Schultern der Marinesparte.
Seit drei Jahren geht der Konzernumsatz von Thyssenkrupp zurück. Unter dem Strich verdient der Konzern kein Geld und verliert weiterhin an Liquidität. Wie diese desaströse Kombination für einen steigenden Kurs der Thyssenkrupp-Aktie sorgen soll, ist mir ein vollkommenes Rätsel.
ℹ️ Thyssenkrupp in Kürze
- Thyssenkrupp mit Hauptsitz in Essen ist ein diversifizierter Industrie- und Technologiekonzern mit Schwerpunkt in der Stahlherstellung.
- Der Konzern ging 1999 aus der Fusion der beiden Traditionsunternehmen Friedrich Krupp AG und Thyssen AG hervor.
- Thyssenkrupp ist im Nebenwerteindex MDAX notiert und ist aktuell rund 5,4 Milliarden € wert.