Rivian-Aktie: Kann sie Tesla attackieren?
Die Aktie von Rivian steht nach dem ersten Autonomy & AI Day des Unternehmens exemplarisch für die Unsicherheit des Marktes gegenüber ambitionierten Zukunftsversprechen. Zwar präsentierte der Elektroautohersteller bedeutende technologische Fortschritte, doch fehlten kurzfristig umsatzrelevante Impulse, was den jüngsten Kursanstieg anfällig für Rückschläge macht.
Ambitionierter Einstieg in den Wettlauf um autonome Systeme
Angesichts der Positionierung von Rivian als Anbieter hochpreisiger Premium-SUVs und der Technologiepartnerschaft mit Volkswagen war klar, dass das Unternehmen auf seinem Autonomy & AI Day substanzielle technologische Pläne vorstellen würde. Ohne eine solche Perspektive hätte es kaum einen Anlass für eine derartige Veranstaltung gegeben.
Rivian kündigte die Entwicklung eines eigenen KI-Chips an und stellte zugleich seine Strategie für automatisiertes Fahren vor, einschließlich eines neuen Abonnementmodells. Herzstück ist der sogenannte Rivian Autonomy Processor, ein speziell entwickelter Chip der dritten Generation, der vollständig aus eigener Entwicklung stammt.
Beim autonomen Fahren peilt Rivian langfristig die Automatisierungsstufe vier für den Individualverkehr an. Dafür setzt das Unternehmen auf einen multimodalen Sensoransatz mit elf Kameras, fünf Radarsystemen und zusätzlicher LiDAR-Technologie.
Autonomie als Abo mit begrenztem Erlöspotenzial
Das einzige unmittelbar vermarktbare Produkt der Veranstaltung war die Ankündigung der Plattform Rivian Autonomy Plus. Der Start ist für Anfang 2026 geplant. Angeboten wird der Dienst entweder gegen eine einmalige Zahlung von 2.500 US-Dollar oder als monatliches Abonnement für 49,99 US-Dollar. Zum Marktstart erhalten Kunden eine kostenlose Testphase von 60 Tagen, zunächst für Fahrzeuge der zweiten R1-Generation.
Das Modell orientiert sich klar an Teslas Full-Self-Driving-Strategie. Dort werden 8.000 US-Dollar für den Kauf oder 99 US-Dollar pro Monat fällig. Allerdings zeigt sich bislang, dass die Nachfrage nach solchen Angeboten begrenzt ist. Tesla selbst bezifferte den Anteil zahlender FSD-Kunden zuletzt auf rund zwölf Prozent seiner Fahrzeugflotte. Umfragen deuten ebenfalls darauf hin, dass autonomes Fahren für viele Käufer kein ausschlaggebendes Kaufargument darstellt.
Vor diesem Hintergrund bleiben die Umsatzchancen für Rivian überschaubar. Bei einem Absatz von etwas mehr als 50.000 Fahrzeugen im laufenden Jahr würde Autonomy Plus selbst bei vollständiger Ausschöpfung nur rund 15 Millionen US-Dollar erlösen. Auch bei einer geplanten Steigerung auf etwa 200.000 Fahrzeuge jährlich mit dem Start des R2-Modells würde selbst eine ähnliche Durchdringung lediglich Einnahmen im Bereich von 60 Millionen US-Dollar generieren.
Enttäuschung über fehlende Robotaxi-Perspektive
Als größte Enttäuschung bewerteten Marktbeobachter, dass Rivian keine konkreten Pläne für ein Robotaxi-Geschäft präsentierte. Wettbewerber wie Tesla arbeiten aktiv an eigenen autonomen Mobilitätsdiensten, während Lucid eine umfangreiche Kooperation mit Uber für den Einsatz selbstfahrender Fahrzeuge ab 2026 angekündigt hat.
Zwar deutete Rivian-Chef RJ Scaringe an, dass autonome Fahrzeuge künftig eine Rolle spielen könnten, konkrete Details blieben jedoch aus. Damit befindet sich Rivian in einer schwierigen Ausgangslage, da andere Anbieter bereits mit spezialisierten Partnern an marktfähigen Lösungen arbeiten.
Unterm Strich markiert die Veranstaltung dennoch einen klaren Einstieg Rivians in den globalen Wettbewerb um autonome Fahr- und KI-Technologien. Die vorgestellten Entwicklungen sind technologisch relevant, dürften aber in den kommenden Jahren kaum kursbewegende Umsätze liefern.
Ein nervöser Markt und ein volatiler Kursverlauf
Die Börse reagierte entsprechend widersprüchlich. Während der Veranstaltung fiel die Aktie zeitweise auf 15,73 US-Dollar. Am Folgetag kam es jedoch zu einer kräftigen Gegenbewegung mit einem Tageshoch bei 19,60 US-Dollar. Am Ende schloss das Papier allerdings wieder unterhalb der wichtigen Widerstandszone bei 18,50 US-Dollar.
Positiv werten Investoren, dass verbesserte autonome Funktionen das Vertrauen in den Markterfolg des kommenden R2-Modells stärken könnten. Rivian plant, die Produktion im Werk Illinois auf 215.000 Fahrzeuge auszuweiten und mit dem neuen Standort in Georgia langfristig eine Gesamtkapazität von bis zu 615.000 Einheiten pro Jahr zu erreichen.
Aktuell wird Rivian mit rund 22,5 Milliarden US-Dollar bewertet. Mittelfristig rechnen Analysten mit einem deutlichen Umsatzanstieg auf über 30 Milliarden US-Dollar jährlich, sobald das Werk in Georgia vollständig in Betrieb ist.
Hohe Erwartungen und anhaltende Risiken
Auf Basis langfristiger Schätzungen ergibt sich bei voller Auslastung eine Umsatzperspektive von knapp 34 Milliarden US-Dollar bei durchschnittlichen Verkaufspreisen von rund 55.000 US-Dollar pro Fahrzeug. Bei einer angenommenen Bruttomarge von 20 Prozent und einer EBITDA-Marge von zehn Prozent ließe sich daraus ein deutlich höherer Unternehmenswert ableiten als der aktuelle Börsenwert.
Dennoch bleibt das zentrale Risiko bestehen. Sollte der Absatz des R2-Modells hinter den Erwartungen zurückbleiben, während der Cashburn hoch bleibt, könnte sich das Investment deutlich verzögern. Die neuen KI- und Autonomie-Funktionen reduzieren dieses Risiko, ersetzen jedoch keine klare Strategie im Robotaxi-Bereich. Ein erfolgreicher Markteintritt von Tesla in diesem Segment könnte die Wettbewerbsposition zusätzlich verschärfen.
Fazit für Anleger
Rivian hat eine Vielzahl technologisch vielversprechender Neuerungen vorgestellt, die jedoch kurzfristig kaum zusätzliche Erlöse generieren. Der jüngste Kursanstieg hat die Aktie auf Jahreshöchststände geführt, was eine Konsolidierung wahrscheinlich macht. Für langfristig orientierte Anleger bleibt Rivian eine spannende Wette auf die nächste Generation von Elektrofahrzeugen, Geduld und Rücksetzer dürften jedoch bessere Einstiegsgelegenheiten bieten.
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ℹ️ Rivian in Kürze
- Rivian Automotive (WKN: A3C47) ist ein US-Hersteller von Elektrofahrzeugen.
- Neben dem R1-Modell in einer Pick-up- und einer SUV-Version baut Rivian elektrische Lieferfahrzeuge für Amazon. Mit rund 17% der Anteile ist Amazon auch Großaktionär von Rivian.
- 2026 soll mit dem R2 ein zweites Automodell von Rivian auf den Markt kommen.
- Das 2009 gegründete Unternehmen hat seinen Sitz in Plymouth im US-Bundesstaat Michigan.
- Rivian notiert an der US-Technologiebörse Nasdaq und ist ca. 22,5 Milliarden US$ wert.
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