Oracle-Aktie: Jetzt in den Prügelknaben investieren?
Die Oracle-Aktie war in den letzten Wochen der größte Prügelknabe unter allen Big Tech-Konzernen. Innerhalb von drei Monaten hat der Kurs des Datenbank-Cloud-Anbieters um über -40% nachgegeben. Auch am Mittwoch ging es mit dem Kurs um über -5% bergab. Warum prügelt der Markt so stark auf die Oracle-Aktie ein und können Anleger hier inzwischen ein Schnäppchen machen?
Partystimmung im Sommer
Im Sommer schien noch die Sonne für die Oracle-Aktie. Von Anfang Juni bis Ende September verdoppelte sich der Aktienkurs des Technologiekonzerns. Der Grund: Anleger feierten die KI-Cloud-Offensive von Oracle.
Nachdem der Konzern über viele Jahre als sehr solider, aber eher langweiliger Datenbankanbieter galt, gab Oracle in den Sommermonaten eine Investitionsoffensive für KI-Rechenzentren bekannt. Die Börse feierte neue Milliardendeals, vor allem mit OpenAI, über die Bereitstellung von gewaltigen Rechenkapazitäten.
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Katerstimmung im Herbst
Doch auf die Partystimmung folgte seit Oktober ein gewaltiger Kater. Der Grund: Die gigantischen Investitionen in neue Rechenzentren sind im Wesentlichen kredit- bzw. leasingfinanziert. Das hat zu einer enormen Steigerung der Verschuldung bzw. der Leasing-Verbindlichkeiten von Oracle geführt.
An sich ist das in einer dynamisch wachsenden Industrie kein Problem, solange die Geldgeber mitspielen. Aber nun hat einer der wichtigsten Projektfinanzierer von Oracle bei einem wichtigen Projekt die Reißleine gezogen.
Medienberichten zufolge konnten sich der renommierte Infrastrukturfinanzierer Blue Owl Capital, der bereits zahlreiche andere Rechenzentren finanziert hat, und Oracle nicht über die Finanzierung des Baus eines neuen Zentrums im US-Bundesstaat Michigan einigen. Das Projekt besitzt ein Investitionsvolumen von ca. 10 Milliarden US$. Mit einer Leistung von 1 Gigawatt soll es eines der größten KI-Rechenzentren der USA werden.
Offenbar treibt Blue Owl Capital die Sorge um, dass Oracle das Rechenzentrum langfristig nicht profitabel betreiben und damit möglicherweise die Leasingzahlungen nicht stemmen kann. Während sich Blue Owl nicht zu dem Vorgang äußerte, gab Oracle bekannt, dass das Projekt weiterhin im Zeitplan sei und die Gespräche mit einem neuen Finanzierungspartner planmäßig verliefen.
Ein katastrophaler Chart
Die jüngste Chartentwicklung der Oracle-Aktie ist eine einzige Katastrophe. Seit Ende September befindet sie sich im größten Abwärtstrend ihrer Börsengeschichte. Bei 155 US$ erwartet den Tech-Titel der nächste größere Support. Diesen darf Oracle keinesfalls durchbrechen.
Kann man mit Rechenzentren Geld verdienen?
Vor einigen Wochen äußerte sich ein Experte zum Thema Rechenzentrumsausbau, der sehr viel von dieser Materie versteht - IBM-Chef Arvind Krishna. Er hat große Bedenken, dass sich die meisten Rechenzentren langfristig nicht gewinnbringend betreiben lassen, weil der technische Fortschritt bei der Hardware so groß ist, dass diese innerhalb von fünf Jahren komplett ausgetauscht werden muss. Kunden, die die Rechenkapazität in den Zentren für teuer Geld mieten, wollen schließlich nicht mit veralteter Hardware abgespeist werden.
Für KI-Rechenzentrumsbetreiber wie Oracle bedeutet das gewaltige und vor allem wiederkehrende Investitionskosten. Die Entscheidung von Blue Owl Capital bestätigt in meinen Augen die Sorge des IBM-Chefs. Offenbar kam der Infrastrukturfinanzierer zum Ergebnis, dass sich das Oracle-Projekt nicht mit einer vernünftigen Rendite betreiben lässt.
Eine gigantische finanzielle Belastung
Die finanzielle Belastung von Oracle hat inzwischen gigantische Ausmaße erreicht. Die Verpflichtungen aus langfristigen Leasingverträgen sind von 97 Milliarden US$ im Vorjahr auf 248 Milliarden US$ angestiegen. Sollte es der Tech-Konzern nicht schaffen, seine Zentren langfristig gut auszulasten, droht ihm ein finanzielles Desaster.
Dieses Desaster hat die Börse bereits vorweg genommen. Die Oracle-Aktie notiert inzwischen wieder auf dem Kursniveau von Anfang Juni. Im Klartext heißt das, dass der Markt nicht mehr damit rechnet, dass die KI-Rechenzentrumsoffensive von Oracle irgendeinen Mehrwert schafft.
Anleger halten sich deshalb besser von diesem Prügelknaben fern. Kurzfristig könnte Oracle zwar einen Rebound an der Börse erleben, aber mittelfristig hat die Aktie in meinen Augen wenig Potenzial.
Bessere Investmentideen als die Oracle-Aktie findest du hier: No Brainer Club
ℹ️ Oracle in Kürze
- Oracle (WKN: 871460) ist ein US-Soft- und Hardwarekonzern mit Hauptsitz in Austin im US-Bundesstaat Texas.
- Bekannt ist der Konzern vor allem als Betreiber eines Datenbanksystems. Darüber hinaus bietet Oracle seinen Kunden Cloud-Infrastruktur und zahlreiche Anwendungen an.
- Gegründet im Jahre 1977 und mit einem Jahresumsatz von 50 Milliarden US$ zählt Oracle zu den ältesten und größten Tech-Konzernen weltweit.
- Oracle notiert an der New York Stock Exchange und gehört mit einem Börsenwert von rund 635 Milliarden US$ zu den 20 wertvollsten Unternehmen der Welt.