Netflix-Aktie im Übernahmekampf: Ist jetzt wieder Einstiegszeit?
Die Aktie von Netflix steht sinnbildlich für den strukturellen Wandel der globalen Unterhaltungsindustrie. Während Übernahmespekulationen kurzfristig für Volatilität sorgen, rücken langfristig vor allem Marktführerschaft, Margenstärke und Wachstumsperspektiven in den Mittelpunkt der Bewertung.
Vom Streaming-Pionier zum globalen Medienkonzern
Netflix unterscheidet sich grundlegend von Wettbewerbern wie Warner Bros. Discovery, Paramount Skydance oder Disney. Das Unternehmen war nicht der Erfinder des Streamings, wohl aber dessen konsequentester Innovator. Als einer der ersten Anbieter erkannte Netflix das Potenzial internetbasierter Ausspielung audiovisueller Inhalte und setzte dieses Modell um, lange bevor es zum Branchenstandard wurde.
Der entscheidende Erfolgsfaktor lag jedoch nicht allein im frühen Markteintritt, sondern im Aufbau einer außergewöhnlich starken Kundenbindung. Mit dem Übergang vom DVD-Verleih zum Streaming ging Netflix einen weiteren strategischen Schritt und etablierte sich als Produzent eigener Inhalte. Serien wie Orange Is the New Black, Lilyhammer oder House of Cards markierten den Wendepunkt, an dem Netflix vom reinen Distributionskanal zu einem vollwertigen Hollywood-Studio avancierte.
Kennzahlen belegen nachhaltigen Erfolg
Die wirtschaftliche Entwicklung unterstreicht diese Transformation. Der durchschnittliche Umsatz pro Nutzer stieg von 8,20 US-Dollar im Jahr 2014 auf 11,70 US-Dollar im Jahr 2024. Besonders ausgeprägt war das Wachstum im Heimatmarkt, wo der Wert im selben Zeitraum von 8,14 auf 17,20 US-Dollar zulegte, was einem Erlösanstieg von 111 Prozent entspricht. Parallel dazu wuchs die Zahl der Abonnenten von 57 Millionen auf 301 Millionen.
Ab dem laufenden Jahr verzichtet das Unternehmen auf die Veröffentlichung einzelner Nutzermetriken und richtet den Fokus stärker auf Umsatzentwicklung und operative Marge. Dieser Strategiewechsel unterstreicht den Anspruch, Netflix zunehmend als reifen, hochprofitablen Medienkonzern zu positionieren.
Langfristige Outperformance an der Börse
Die Börsenhistorie bestätigt die außergewöhnliche Entwicklung. Eine Investition von 1.000 US-Dollar in Netflix-Aktien im Jahr 2005 hätte heute einen Wert von rund 281.780 US-Dollar. Im Vergleich dazu wären aus derselben Summe im breiten Marktindex SPY lediglich etwa 5.370 US-Dollar geworden. Diese Differenz verdeutlicht die langfristige Wertschöpfung des Unternehmens.
Bewertung und Einstiegsfrage
Angesichts der erwarteten Gewinnsteigerungen von rund 27 Prozent bis 2026 und 20 Prozent bis 2027 stellt sich weniger die Frage nach dem Ob, sondern nach dem Wann eines Einstiegs. Historisch lag das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis der vergangenen fünf Jahre bei 46,5, das Kurs-Umsatz-Verhältnis bei 7,7 und das Kurs-Cashflow-Verhältnis bei 111. Diese Bewertungsniveaus galten für einen führenden Streaming-Anbieter als angemessen.
Aktuell notiert die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 38,7 und damit etwa 16 Prozent unter dem Fünfjahresdurchschnitt. Diese Bewertungssituation hat das Interesse vieler Investoren erneut geweckt.
Starke Zahlen im dritten Quartal
Besonders überzeugend fielen die Ergebnisse des dritten Quartals aus. Der Umsatz stieg auf 11,51 Milliarden US-Dollar, was einem Plus von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Für 2025 wird ein Jahresumsatz von rund 45 Milliarden US-Dollar erwartet, etwa 15 Prozent mehr als 2024.
In den ersten neun Monaten des Jahres erhöhte sich das operative Ergebnis um 27 Prozent auf 10,37 Milliarden US-Dollar. Die operative Marge lag in den vergangenen zwölf Monaten bei 29 Prozent und damit mehr als 800 Basispunkte über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Der Nettogewinn wuchs im selben Zeitraum um 25 Prozent auf 8,56 Milliarden US-Dollar.
Besonders auffällig ist die Entwicklung des freien Cashflows, der bereits 7,6 Milliarden US-Dollar erreichte und damit den Gesamtwert des Vorjahres übertraf. Für 2025 werden rund 9 Milliarden US-Dollar erwartet. Zusätzlich verbleiben nach Aktienrückkäufen im dritten Quartal noch 10,1 Milliarden US-Dollar für weitere Rückkäufe.
Der Gewinn je Aktie blieb dennoch unter den Markterwartungen, was auf einen einmaligen Steueraufwand in Brasilien zurückzuführen war. Die Prognose für das vierte Quartal wurde leicht angehoben.
Übernahmefantasie rund um Warner Bros. Discovery
Belastend für den Aktienkurs wirkte das Übernahmeangebot von Netflix für Warner Bros. Discovery. Das Angebot bewertet das Zielunternehmen mit 72 Milliarden US-Dollar zuzüglich Schulden, was einen Gesamtwert von rund 82 Milliarden US-Dollar ergibt. Der Kaufpreis je Aktie liegt bei 27,75 US-Dollar, bestehend aus einem Baranteil und Aktien von Netflix.
Solche Großakquisitionen werden an den Märkten häufig kritisch gesehen, da sie kurzfristig Cashflow und Verschuldung belasten. Hinzu kommen regulatorische Unsicherheiten, Integrationsrisiken und mögliche kartellrechtliche Hürden. Besonders im Fokus steht die Verschuldung, da Netflix zur Finanzierung einen erheblichen zusätzlichen Kredit aufnehmen müsste.
Trotzdem bliebe die Verschuldung im Verhältnis zum operativen Ergebnis auf einem moderaten Niveau. Kombiniert man die prognostizierten EBITDA-Werte beider Unternehmen, ergäbe sich eine Verschuldungsquote, die zwar steigt, aber nicht als existenzbedrohend gilt. Zudem werden jährliche Kostensynergien von bis zu drei Milliarden US-Dollar erwartet.
Paramount als Herausforderer mit höheren Risiken
Ein konkurrierendes Angebot von Paramount bewertet Warner Bros. Discovery noch höher und setzt vollständig auf Barzahlung. Damit würde Paramount jedoch auch die rückläufigen klassischen Fernsehaktivitäten übernehmen, was die Risiken deutlich erhöht.
Die finanzielle Ausgangslage von Paramount gilt als deutlich schwächer. Sinkende Umsätze, anhaltende Verluste und ein negativer freier Cashflow stehen einer deutlich höheren Verschuldung gegenüber. In einem solchen Szenario würde sich die Verschuldungsquote auf ein Niveau erhöhen, das langfristig schwer tragfähig erscheint.
Unabhängig vom Ausgang der Übernahmespekulationen ergeben sich für Netflix zwei Szenarien. Kommt es zur Übernahme, steigt die Verschuldung vorübergehend, während Marktanteile und langfristige Wachstumsperspektiven zulegen. Scheitert der Deal, bleibt die starke Cashflow-Position erhalten, während ein Wettbewerber mit erheblichen finanziellen Belastungen konfrontiert wäre. Beide Varianten stärken langfristig die Position von Netflix als Branchenführer.
Bewertungschance durch Marktverunsicherung
Der jüngste Rückgang wichtiger Bewertungskennzahlen ist vor allem auf Sondereffekte und die Unsicherheit rund um Warner Bros. Discovery zurückzuführen. Historisch lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis deutlich höher als aktuell. Gleichzeitig liegen Wachstumsraten und Margen über den Durchschnittswerten der vergangenen Jahre.
Auch die Profitabilität überzeugt mit deutlich höheren operativen, Netto- und Bruttomargen. Die Liquiditätsposition übertrifft den langfristigen Durchschnitt klar. Der Kursrückgang reflektiert daher weniger Zweifel am Geschäftsmodell als vielmehr Unsicherheit über eine mögliche Übernahme.
Regulatorische Risiken und Marktmacht
Ein zentrales Risiko bleibt die zunehmende Marktkonzentration. Eine Übernahme von Warner Bros. Discovery würde Netflix zur dominierenden Plattform mit potenziell über 400 Millionen Abonnenten machen. Erste kartellrechtliche Klagen deuten an, dass regulatorische Hürden nicht zu unterschätzen sind.
Zudem bestehen Befürchtungen, dass eine weitere Konsolidierung langfristig zu höheren Preisen führen könnte, was Abonnenten kosten würde. Netflix hat jedoch betont, dass Plattformen zunächst getrennt weitergeführt und später flexible Kombimodelle angeboten werden sollen.
Fazit: Langfristig attraktives Investment
Netflix hat sich als führender Akteur der Streaming-Branche etabliert und verfügt über robuste Wachstums- und Margenstrukturen. Unabhängig vom Ausgang der Übernahmekampf um Warner Bros. Discovery bleibt die finanzielle Position im Branchenvergleich stark. Auf dem aktuellen Kursniveau erscheint die Aktie vor allem für langfristig orientierte Anleger attraktiv.
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ℹ️ Netflix in Kürze
- Mit über 300 Millionen Kunden ist Netflix (WKN: 552484) der weltgrößte Streaming-Anbieter für Filme und Serien.
- Das 1997 gegründete Unternehmen hat seinen Sitz im kalifornischen Los Gatos.
- Netflix ist Mitglied in den US-Leitindizes Nasdaq 100 und S&P 500. Mit einem Börsenwert von ca. 403 Milliarden US$ zählt Netflix zu den wertvollsten Unternehmen der Welt.