Gerresheimer-Aktie: Gute Einstiegschance?
Aktionäre von Gerresheimer mussten im laufenden Jahr erhebliche Verluste hinnehmen. Der Kurs sank von 70 € zum Jahresbeginn bis auf 23,50 €. Zuletzt konnte er sich wieder berappeln und steht am Montag aktuell bei 27 €. Ist damit das Schlimmste überstanden?
Bill-and-hold-Umsätze korrigiert
Nachdem die BaFin eine Untersuchung einleitete, wurden die bisherigen Bill-and-hold-Umsätze als nicht IFRS-konform bewertet. Das Düsseldorfer Unternehmen will diese Methode rückwirkend ändern und zukünftig einhalten.
Bill-and-hold-Umsätze bezeichnen eine spezielle Form des Umsatzgeschäfts. Hierbei werden dem Kunden Waren in Rechnung gestellt (bill), aber die physische Lieferung (hold) der Produkte bis zu einem späteren, vom Kunden gewünschten, Zeitpunkt, ausgeliefert. Gerresheimer verbuchte diese Umsätze in dem Jahr der Rechnungsstellung, sie dürfen jedoch erst nach Auslieferung verbucht werden.
Im Geschäftsjahr 2023 betrugen diese fehlerhaften Umsätze 10 Millionen € und im Jahr 2024 28 Millionen €. Die vergangenen Geschäftsabschlüsse werden dementsprechend korrigiert. In Bezug auf die damaligen Umsätze liegen die Korrekturen im Bereich von rund 1%.
Vertrauen verloren
Obwohl es hier um kleine Summen handelt, ging das Vertrauen dadurch verloren, dass die BaFin sich einschaltete. Das kommt bei den Anlegern, insbesondere bei den institutionellen Anlegern, nicht gut an.
Das neue Management um den Interim-CEO Uwe Röhrhoff sowie den neuen CFO Wolf Lehmann wird alles daran setzen, das Vertrauen wiederzugewinnen. Bei dem Austausch der Konzernspitze spielte der aktivistische Investor Activ-Ownership-Capital eine wesentliche Rolle.
In solch schwierigen Situationen ist dieser Schritt immer sinnvoll.
Dr. Axel Herberg, Aufsichtsratsvorsitzender von Gerresheimer, kommentierte die Neubesetzung so:
Wir freuen uns sehr, dass wir mit Uwe Röhrhoff einen ausgewiesenen Branchenexperten als Interims-CEO gewinnen konnten.
Eigene Erwartungen verfehlt
Die angespannte Lage zeigt sich darin, dass die Jahresprognosen mehrfach gesenkt wurden. Hier wäre eine sehr konservative Jahresprognose zu einem frühen Zeitpunkt besser gewesen.
Beim Umsatz wird jetzt mit einem Rückgang von 2 bis 4% gegenüber dem Vorjahreswert mit rund 2 Milliarden € gerechnet. Die EBITDA-Marge wurde von 20 auf 18,5 bis 19% reduziert. Es bleibt abzuwarten, ob diese Werte erreicht werden.
Potenzial vorhanden
Für die weitere Kursentwicklung zählt jetzt die Zukunft. Hierbei kommt es wesentlich darauf an, welche Schritte das neue Management ergreift. Die nächste Jahresprognose dürfte sehr konservativ ausfallen.
Die Umsetzungen der BaFin-Untersuchungen werden sich ebenfalls positiv auswirken. Materiell handelt es sich jedoch um Kleinigkeiten. Meiner Meinung nach besitzt die Aktie Potenzial. Der Tiefpunkt mit 23,50 € wurde mit dem jüngsten Kursanstieg bereits deutlich überschritten. Den fairen Wert sehe ich bei 30 €.
Die Einschätzungen der Analysten sind sehr unterschiedlich. Die Berenberg Bank mit ihrem Zielkurs von 30 € sowie Jefferies mit 34,10 € sind ebenfalls zuversichtlich. Die DZ Bank mit 23 € sowie Bernstein Research mit 25,68 € sind weiterhin sehr vorsichtig.
Mein Fazit: Für etwas risikofreudigere Anleger bietet das jetzige Kursniveau gute Einstiegschancen.
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ℹ️ Gerresheimer in Kürze
- Die Gerresheimer AG (WKN: A0LD6E) stellt Spezialprodukte in den Bereichen Glas und Kunststoff insbesondere für die Pharma- sowie Healthcare-Industrie her und gilt als weltweit führender Schlüssellieferant für diese Branchen. Die Produkte reichen vom Insulin-Pen bis zu Ampullen, aber auch schnöde Parfümflakons gehören zum Portfolio.
- Der Hauptsitz ist in Düsseldorf, daneben ist der Konzern weltweit mit Standorten in Europa, Asien und Amerika vertreten.
- Die Aktie ist im MDAX gelistet, die Marktkapitalisierung beträgt aktuell 934 Millionen €.