Börsenjahr 2026: Chancen und Risiken

Interview mit Profi

Wer hätte nicht gerne eine Glaskugel, um die wichtigsten Trends des kommenden Börsenjahres zu identifizieren und entsprechend zu investieren? Auch Börsenfuchs Marco Messina hat keine – aber jahrzehntelange Erfahrung an den Kapitalmärkten, um Chancen und Risiken für 2026 zu benennen.

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Bilanz und Ausblick

Wie ist es im zu Ende gehenden Börsenjahr 2025 gelaufen? Was kommt 2026 auf uns zu? Börsenfuchs Marco Messina, Chefanalyst des Aktien Navigator, zieht im Interview mit SD-Chefredakteur Frank Giarra Bilanz und wagt einen Ausblick.

Wie fällt Ihre Bilanz des ablaufenden Börsenjahres aus – welche Entwicklungen haben die Märkte besonders geprägt, wo wurden die Erwartungen der Anleger erfüllt oder enttäuscht?

Marco Messina: 2025 war ein Börsenjahr mit zwei Gesichtern. Auf der einen Seite standen starke Indexentwicklungen, getragen von wenigen Schwergewichten, KI-Narrativen und der Hoffnung auf geldpolitische Lockerungen. Auf der anderen Seite war es für viele Anleger ein anstrengendes Jahr: hohe Volatilität, geopolitische Unsicherheiten, fragile Lieferketten und immer wieder abrupte Richtungswechsel an den Märkten.

Erwartungen wurden dort erfüllt, wo Unternehmen echte operative Fortschritte gezeigt haben – etwa bei Infrastruktur, Energie, Rüstung und ausgewählten Technologie-Segmenten. Enttäuschungen gab es vor allem dort, wo Bewertungen schneller gestiegen sind als Fundamentaldaten oder wo politische Risiken unterschätzt wurden. Insgesamt war 2025 kein Jahr für blinden Optimismus, sondern für selektives, diszipliniertes Investieren. 

Marco Messina, Chefanalyst Aktien Navigator.

Starke Performance

Wie bewerten Sie als Chefanalyst die Performance des Aktien Navigator?

Marco Messina: Sehr positiv – und zwar aus zwei Gründen. Zum einen haben wir mit einer Wertsteigerung von rund +32% ein starkes absolutes Ergebnis erzielt. Zum Vergleich: Der S&P 500 liegt bei etwa +16%, der Nasdaq 100 bei rund +20% und der DAX bei etwa +21%. Das ist eine deutliche Outperformance.

Mindestens genauso wichtig ist für mich aber der zweite Punkt: der deutlich geringere Drawdown, wenn es an den Märkten geknallt hat. Genau hier zeigt sich, dass unser Money-Management, die Risikostreuung und das bewusste Vermeiden von Klumpenrisiken funktioniert haben. Die Performance beweist, dass Sicherheit und Disziplin nicht zwangsläufig zulasten der Rendite gehen müssen – im Gegenteil.

Ein klarer Stabilitätsanker

Welche Rolle spielten Investitionen in die europäische Infrastruktur bislang an den Börsen, und welche Sektoren konnten besonders profitieren?

Marco Messina: Europäische Infrastrukturinvestitionen waren 2025 ein klarer Stabilitätsanker. Gerade in einem Umfeld politischer Unsicherheit und schwankender Konjunkturerwartungen haben Investoren zunehmend reale, planbare Cashflows gesucht.

Besonders profitieren konnten:

Diese Sektoren stehen weniger für kurzfristige Fantasie, sondern für langfristige Notwendigkeit – und genau das honorieren die Märkte zunehmend.
Wir sind hier bei einigen Titeln im Aktien Navigator sehr frühzeitig eingestiegen, um von der sich anbahnenden Entwicklung zu profitieren. Das war so erfolgreich, dass wir zwischenzeitlich eine Position mit einem Gewinn von +130% deutlich abrunden mussten, da uns die Positionsgröße zu groß geworden ist.

Aber wir setzen hier weiter voll auf die zukünftige Entwicklung und sind mit Werten investiert, wo wir derzeit bei +3%, +93% und bei +94 % voll im Soll liegen und in den kommenden Jahren hier sicherlich weitere Kurszuwächse sehen könnten.

Investitionen in Infrastruktur

Welche Bedeutung wird der Ausbau der EU-Infrastruktur im Jahr 2026 für langfristig orientierte Investoren haben, und wie sollten sich Anleger strategisch darauf einstellen?

Marco Messina: Der Bundestag hat im Oktober 2025 das Gesetz zur Einrichtung des Sondervermögens „Infrastruktur und Klimaneutralität“ sowie das „Länder- und Kommunal-Infrastrukturfinanzierungsgesetz“ verabschiedet, mit dem ein großer Infrastruktur-Investitionsrahmen und spezifische Regeln für die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen geschaffen wurden.

Der EU-Infrastrukturausbau wird meiner Meinung nach ab 2026 eine tragende Rolle für langfristige Kapitalanlagen spielen. Viele Programme wirken zeitverzögert: Genehmigungen, Ausschreibungen und Projektstarts brauchen Zeit – die großen Investitionswellen kommen oft später als erwartet.

Für Anleger bedeutet das:

Ab 2027 in den Bilanzen sichtbar

Wenn die Länder hier die Gelder vernünftig investieren und nicht zweckentfremden oder wie in Bremen für 10 Millionen Euro eine öffentliche Toilette bauen, dann wird hier viel Geld bei den Unternehmen ankommen, welches wir vermutlich dann ab 2027 in den Bilanzen sehen werden.

Wer frühzeitig Positionen in gut geführten Infrastruktur-, Energie- und Technologietiteln aufbaut und Schwächephasen nutzt, kann sich strategisch sehr gut für die zweite Hälfte dieses Jahrzehnts positionieren.

Mal außerhalb des Aktien Navigator-Universum gesprochen, kaufe ich zum Beispiel eine Friedrich Vorwerk-Aktie in der Schwäche nach, obwohl ich mit der Aktie in diesem Jahr schon mal über +100% Kursgewinn realisiert hatte. Auch eine Strabag bei Kursen von knapp über 70 € hatten mich vor paar Wochen zum Kauf animieren können.

Chancen 2026: Energie, Infrastruktur

Welche Chancen und Risiken sehen Sie mit Blick auf 2026 für die Kapitalmärkte?

Marco Messina: Die Chancen liegen klar in strukturellen Themen: Infrastruktur, Energieunabhängigkeit, Verteidigung, Digitalisierung und ausgewählte Rohstoffe. Hier treffen politischer Wille, wirtschaftliche Notwendigkeit und Investitionsdruck aufeinander.

Die Risiken bleiben jedoch real: Wir sehen viele geopolitische Eskalationen und politische Fehlentscheidungen, wo wir auf der Hut bleiben müssen. Zu hohe Erwartungen an schnelle Zinssenkungen könnten schnell auch wieder die Stimmung an den Märkten vermiesen und im Allgemeinen sehe ich Risiken von Überbewertungen in einzelnen Marktsegmenten.

Für 2026 gilt daher mehr denn je: Aktives Management schlägt passives Mitlaufen. Wer Risiken steuert, flexibel bleibt und sich auf Fundamentaldaten konzentriert, wird auch in einem anspruchsvollen Umfeld Chancen finden. 

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