Assembly Biosciences: Nächster Herpes-Wirkstoff übertrifft Erwartungen

Kommt jetzt die Übernahme?

Assembly Biosciences hat mit neuen Zwischenergebnissen aus zwei Phase-1b-Studien einen beeindruckenden Fortschritt im Kampf gegen rezidivierenden Genitalherpes erzielt. Die beiden Wirkstoffkandidaten ABI-1179 und ABI-5366, sogenannte langwirksame Helicase-Primase-Inhibitoren, zeigten in ersten klinischen Tests eine außergewöhnlich starke antivirale Wirkung – und könnten die bisherige Therapie des weltweit verbreiteten Virus grundlegend verändern.

Quelle: assemblybio.com

Besonders eindrucksvoll schnitt ABI-1179 ab, zu dem nun erstmals konkrete Wirksamkeitsdaten vorliegen: In der einmal wöchentlich verabreichten oralen Niedrigdosis reduzierte der Kandidat die Virusausscheidung von HSV-2 nahezu vollständig um 98 Prozent. Auch die Häufigkeit bestätigter genitaler Läsionen ging drastisch zurück. Der Wirkstoff wurde zudem gut vertragen, ohne schwerwiegende Nebenwirkungen zu verursachen.

Der zweite Kandidat, ABI-5366, erreichte in der nun evaluierten monatlichen oralen Dosierung ebenfalls starke Effekte. Mit einer Reduktion des viralen Sheddings um 76 Prozent und einem deutlichen Rückgang symptomatischer Ausbrüche zeigte auch dieser Ansatz, dass er weit über das hinausgehen könnte, was bisher verfügbare Therapien leisten. Die Stabilität der antiviralen Wirkung über einen ganzen Monat hinweg unterstreicht das Potenzial für komfortable, langfristige Behandlungsregime.

Insgesamt wurden die Wirkstoffe in den Studien an rund 100 Patienten verabreicht. Die Ergebnisse dürften somit als stark indikativ für einen späteren Zulassungserfolg gelten.

Assembly Bio „übernimmt“ riesiges Therapiefeld

Über 500 Millionen Menschen sollen weltweit das HSV-2-Virus in sich tragen. Bei mehr als acht Millionen Patienten in den USA und Europa wird jährlich Genitalherpes diagnostiziert. Für Bettroffene bedeuten die Symptome hohe körperliche und psychische Belastungen.

Während bestehende, über 20 Jahre alte Medikamente vor allem akute Ausbrüche lindern und mindestens einmal täglich eingenommen werden müssen, bieten die neuen Assembly-Kandidaten die Aussicht, Virusaktivität und Ansteckungsrisiko nachhaltig zu unterdrücken – bei minimalem Einnahmeaufwand.

Assembly Bio sieht bereits in der Leitindikation des wiederkehrenden Genitalherpes ein jährliches Umsatzpotenzial von mehr als 2 Milliarden US-Dollar und darüber hinaus Luft nach oben durch mögliche Folgeindikationen und eine Injektionsformulierung.

Klar ist: Das Unternehmen positioniert sich als „Herpes-Player“ der Zukunft, hat bereits einen dritten Kandidaten gegen transplantationsassoziierte Herpesviren vor dem Eintritt in eine erste klinische Studie stehen.

Gilead vor Entscheidung

Mit den nun vorgelegten Ergebnissen rückt erstmals eine neue Generation oraler, langwirksamer Herpesmedikamente in greifbare Nähe. Sollten sich die Effekte in größeren Studien bestätigen, könnte dies eine der bedeutendsten therapeutischen Weiterentwicklungen im Bereich chronischer Virusinfektionen seit Jahren werden.

Assembly Biosciences bereitet bereits die nächsten Schritte vor: ABI-5366 soll Mitte 2026 in eine Phase-2-Studie übergehen, während für ABI-1179 ebenfalls weitere Studienoptionen geprüft werden. Gleichzeitig besitzt Kooperationspartner Gilead die Möglichkeit, die Programme zu übernehmen und weiterzuentwickeln. Das Gleiche gilt für die weiteren klinischen Produktkandidaten ABI-4334 und ABI-6250 in den Bereichen Hepatitis B und D, die zuletzt ebenfalls starke Resultate in Phase-1-Studien erzielten.

Sämtliche Assembly-Programme passen wie die Faust aufs Auge in Gileads innovationsbedürftige Virologie-Pipeline. Mit der Übernahme von Assemblys Herpes-Franchise könnte sich Gilead zudem ein großes neues Standbein neben seines HIV-Geschäfts sichern, das sich zunehmendem Patentdruck ausgesetzt sieht.

Ausblick für die Aktie

Auch nach einer zwischenzeitlichen Kursrallye von fast +400% in den letzten Monaten bleibt das aktuelle Chance-Risiko-Profil für die Assembly-Aktie positiv. Während klinische Risiken aktuell so gut wie vom Tisch sind, stellen Gileads potenzielle Entscheidungen einen bedeutenden Phantasie-Faktor dar. Selbst wenn der Konzern sich gegen die Einlizenzierung einzelner Programme oder eine Gesamtübernahme zum gegenwärtigen Zeitpunkt entscheidet, müsste er im kommenden Jahr weitere 75 Millionen US-Dollar an Assembly leisten, nur um sich weiterhin der Kooperation zu bewahren.

Für Assembly-Aktionäre bedeutet diese Position der Stärke einen entspannten Ausblick. Das sieht anscheinend auch der britische Investmentfonds Janus Henderson so, der seinen Anteil am Unternehmen laut gestrigem Filing auf über 8% erhöht hat.

Interessenkonflikt: Der Autor hält Aktien des besprochenen Unternehmens Assembly Biosciences in signifikantem Umfang. Somit besteht konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt. Der Autor beabsichtigt, die Aktien – je nach Marktsituation auch kurzfristig – zu veräußern und könnte dabei von erhöhter Handelsliquidität profitieren.