Amrize-Aktie: Baustoff-Riese analysiert
Seit dem Börsengang im Juni zeigt sich die Aktie von Amrize vergleichsweise richtungslos und liegt bislang nur moderat im Plus. Gerade diese verhaltene Kursentwicklung steht jedoch im Kontrast zu den strukturellen Chancen eines auf Nordamerika fokussierten Baukonzerns.
Verhaltene Entwicklung trotz operativer Fortschritte
Die Kursentwicklung von Amrize seit dem Börsendebüt fällt bislang unspektakulär aus. Der Titel konnte seit dem Listing lediglich rund acht Prozent zulegen. Dabei ist das Unternehmen als reiner Bauzulieferer für den nordamerikanischen Markt positioniert und deckt zentrale Zukunftsbereiche wie Infrastruktur, Energie und Rechenzentren ab. Die operative Ausgangslage deutet darauf hin, dass das Potenzial deutlich größer ist als es der Aktienkurs derzeit widerspiegelt.
Margendruck und steigende Finanzierungskosten
In den vergangenen Jahren war die operative Entwicklung von schwierigen Marktbedingungen geprägt. Zwar stiegen die Umsätze seit 2022 leicht an, gleichzeitig legten jedoch Verwaltungs- und sonstige Kosten kontinuierlich zu und belasteten die Margen. Besonders deutlich zeigt sich dies bei den Zinsaufwendungen, die von 252 Millionen US-Dollar im Jahr 2022 auf zuletzt etwas mehr als 500 Millionen US-Dollar angestiegen sind. Damit machen die Zinskosten inzwischen rund 4,4 Prozent des Umsatzes aus und drücken stärker auf die Nettomarge als noch vor zwei Jahren. Positiv zu werten ist jedoch der deutliche Rückgang der Nettoverschuldung um rund 500 Millionen US-Dollar gegenüber dem Vorquartal, was perspektivisch für Entlastung sorgen dürfte.
Verbesserte Bruttomargen als Stabilitätsanker
Dem Kostenanstieg stehen kontinuierliche Fortschritte auf der Bruttomargenseite gegenüber. Seit 2021 konnte Amrize die Bruttomarge von 22,4 Prozent auf zuletzt rund 25,8 Prozent steigern. Diese Entwicklung unterstreicht die Fähigkeit des Unternehmens, Kosten zu senken und Preise effizient durchzusetzen. Damit konnten zumindest Teile der Belastungen aus höheren operativen Aufwendungen und Zinskosten kompensiert werden.
Schwache Ergebnisse durch Sondereffekte
In den vergangenen neun Monaten stiegen die Erlöse lediglich leicht um 1,4 Prozent. Der Nettogewinn ging hingegen deutlich zurück. Hauptursache waren niedrigere Margen im Segment Baustoffe, insbesondere im Zementgeschäft, das unter hohen Kosten und Preisdruck litt. Zusätzlich belastete ein Produktionsausfall im dritten Quartal das Ergebnis mit Sonderkosten von rund 50 Millionen US-Dollar.
Baustoffe unter Druck, Gebäudehüllen mit solider Entwicklung
Innerhalb der Segmente zeigt sich ein klares Bild. Das Geschäft mit Baustoffen entwickelte sich in den vergangenen Monaten schwach. Die bereinigte EBITDA-Marge ging um 220 Basispunkte zurück, was vor allem auf geringere Absatzmengen zurückzuführen ist. Sowohl Zement als auch Zuschlagstoffe verzeichneten Rückgänge von rund zwei Prozent. Während Zuschlagstoffe von deutlichen Preiserhöhungen profitierten, blieb Zement der größte Belastungsfaktor.
Deutlich stabiler präsentierte sich das Segment Gebäudehüllen. Trotz nur verhaltenen Umsatzwachstums legte das EBITDA um neun Prozent zu, die bereinigte EBITDA-Marge verbesserte sich auf über 24 Prozent. Treiber waren vor allem gewerbliche Dachsanierungen sowie Reparatur- und Modernisierungsprojekte, während der Wohnungsneubau schwächer ausfiel. Das Segment trägt rund 28 Prozent zum Konzernumsatz bei und sorgt durch seine höhere Profitabilität für eine bessere Ergebnismischung.
Nachfrageimpulse aus Energie, Rechenzentren und Infrastruktur
Auf Ebene der Endmärkte zeigt sich, dass insbesondere das gewerbliche Geschäft, das etwa die Hälfte des Umsatzes ausmacht, von Investitionen in Energieprojekte und Rechenzentren profitiert. Hyperscaler treiben die Nachfrage nach Bauleistungen spürbar an. Der Wohnungsbau bleibt dagegen schwach. Der Infrastrukturbereich profitiert weiterhin von staatlichen Förderprogrammen auf Bundes- und Landesebene.
Hohe Investitionen als strategische Weichenstellung
Amrize hat sein Geschäftsmodell in den vergangenen Jahren deutlich kapitalintensiver ausgerichtet. Der Anteil der Investitionen am Umsatz stieg von knapp fünf Prozent auf zuletzt rund sechs Prozent. Die nahezu verdoppelten Investitionsausgaben seit 2021 sind Teil einer bewussten Strategie, Kapazitäten auszubauen und in moderne, effiziente Anlagen zu investieren. Diese Investitionen tragen bereits zur Verbesserung der Bruttomargen bei und sind ein zentraler Bestandteil der langfristigen Unternehmensstrategie.
Konkret baut Amrize zusätzliche Zementkapazitäten von rund 150.000 Tonnen auf und sichert sich Zuschlagstoffreserven von rund 23 Millionen Tonnen, was einer Versorgung über mehrere Jahrzehnte entspricht. Ziel ist es, künftige Nachfrage zuverlässig bedienen zu können.
Starker freier Cashflow trotz hoher Investitionen
Ein positiver Höhepunkt des dritten Quartals war die deutliche Verbesserung des freien Cashflows, der sich im Jahresvergleich um 221 Millionen US-Dollar erhöhte. Haupttreiber war der Abbau des Working Capitals um mehr als 200 Millionen US-Dollar. Zwar belasten die gestiegenen Investitionen den freien Cashflow, dennoch liegt die Quote des freien Cashflows zum Umsatz mit rund zwölf Prozent weiterhin auf einem attraktiven Niveau.
Angehobene Prognose und solide Analystenerwartungen
Das Management hob zuletzt die Umsatzprognose für das Geschäftsjahr 2025 an und bestätigte die übrigen Zielwerte. Die Schätzungen der Analysten liegen nahe an der Unternehmensprognose. Für die kommenden Jahre wird ein Umsatzwachstum von vier bis sechs Prozent erwartet. Während die Umsatzschätzungen überwiegend nach oben revidiert wurden, zeigen sich die Analysten bei den Gewinnschätzungen noch uneinheitlich. Im Durchschnitt wird jedoch ein Gewinnwachstum von rund elf Prozent pro Jahr erwartet.
Strukturelle Wachstumstreiber bleiben intakt
Für die kommenden Jahre spricht vieles für eine steigende Nachfrage. Investitionen in Infrastruktur, Energieversorgung, Rechenzentren und perspektivisch auch eine Erholung im Wohnungsbau dürften das Geschäft stützen. Sinkende Zinsen gelten dabei als wichtiger Impulsgeber sowohl für den privaten als auch für den gewerblichen Bau. Aktuelle Projekte im Bereich Energieinfrastruktur, industrielle Fertigung, öffentliche Einrichtungen und Rechenzentren unterstreichen den robusten Auftragsfluss.
Effizienzprogramm als Gewinnhebel
Ein zentraler Bestandteil der langfristigen Strategie ist das ASPIRE-Programm. Bis 2028 sollen Synergien von mehr als 250 Millionen US-Dollar realisiert werden. Ziel ist eine jährliche Margenverbesserung von über 50 Basispunkten. Erste Einsparungen werden ab der zweiten Jahreshälfte 2025 erwartet, die volle Wirkung soll ab 2026 zum Tragen kommen.
Bewertung mit attraktivem Chance-Risiko-Profil
Die Bewertung basiert auf einem diskontierten Gewinnmodell mit mehreren Szenarien. Im Basisszenario ergibt sich bei moderatem Gewinnwachstum ein fairer Wert, der in etwa dem aktuellen Kursniveau entspricht. Bei stärkerem Wachstum und höherer Bewertung wäre jedoch ein deutlich höherer Aktienkurs gerechtfertigt. Selbst ein konservatives Szenario deutet darauf hin, dass die Abwärtsrisiken begrenzt sind, sofern sich der Markt nicht deutlich schlechter entwickelt als erwartet.
Ab 2026 plant das Management zudem die Einführung einer Dividenden- und Aktienrückkaufpolitik, was die Attraktivität der Aktie für langfristig orientierte Investoren weiter erhöhen könnte.
Überschaubare Risiken und solide Bilanz
Die Risiken liegen vor allem in einer möglichen länger anhaltenden Schwäche im Bauzyklus. Sollte sich die erwartete Nachfrageerholung verzögern, könnten Prognosen angepasst werden müssen. Operative Risiken wie Produktionsausfälle bleiben ebenfalls ein Faktor, sind jedoch branchenüblich. Die finanzielle Situation gilt als solide. Die Verschuldungskennzahlen sind stabil, die Zinsdeckung ausreichend und die Nettoverschuldung zuletzt deutlich gesunken.
Fazit
Amrize bietet als fokussierter Anbieter für den nordamerikanischen Baumarkt ein attraktives langfristiges Profil. Staatliche Infrastrukturprogramme, Investitionen in Energie und Rechenzentren sowie eine mögliche Belebung des Wohnungsbaus sprechen für anhaltende Nachfrage. In Kombination mit Effizienzsteigerungen und einer soliden Bilanz ergibt sich ein überzeugendes Chancenpotenzial, das vom Aktienkurs bislang nur unzureichend reflektiert wird.
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