Adobe-Aktie: Stimmungsumschwung in Sicht?
Die Adobe-Aktie zählt trotz solider Zahlen zu den großen Enttäuschungen des Börsenjahres. Während der Markt das Vertrauen verliert, zeichnen die Fundamentaldaten ein Bild, das kaum zu diesem Pessimismus passt.
Software-Schwergewichte im Gegenwind
Salesforce und Adobe gehörten lange zu den Lieblingen der Anleger, doch in diesem Jahr haben beide deutlich an Glanz verloren. Im Fall von Salesforce zeigte sich bereits, dass die Story undurchsichtiger geworden ist als noch vor wenigen Jahren. Bei Adobe stellt sich ein ähnliches Gefühl ein: Die Geschäftsaussichten wirken für viele Investoren zweifelhaft, obwohl die Zahlen eine andere Sprache sprechen. Beide Unternehmen könnten sich entweder als die attraktivsten Softwarekäufe der Gegenwart erweisen – oder als zwei Werte, deren Abschwung unausweichlich ist und sich lediglich noch nicht vollständig in den Finanzen niederschlägt. Das Rätsel wird dadurch verschärft, dass die Fundamentaldaten stabil bleiben, während der Markt die Zukunft beider Firmen zunehmend skeptisch bewertet.
Ausblick auf Adobes Zahlen zum Geschäftsjahresabschluss
Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse am morigen Mittwoch schließt Adobe sein viertes Geschäftsquartal und zugleich das Jahr ab. Besonders interessant wird, wie das Unternehmen den Ausblick für das kommende Geschäftsjahr setzt. Der Erfolg der vergangenen Dekade fußt vor allem auf dem Wechsel zum Abo-Modell, über das inzwischen rund 97 Prozent der Umsätze generiert werden. Die drei Geschäftsbereiche Digital Media, Digital Experience sowie Publishing and Advertising teilen das operative Geschäft auf, wobei Ersterer knapp drei Viertel zum Gesamtumsatz beiträgt. Für 2024 meldete Adobe Erlöse von 21,5 Milliarden Dollar, im laufenden Jahr peilt das Unternehmen mindestens 23,65 Milliarden Dollar an. Dank eines konstant wachsenden Abo-Geschäfts dürfte erstmals in der Firmengeschichte ein Quartalsumsatz von mehr als sechs Milliarden Dollar erreicht werden. Mit einer erwarteten Nettomarge von über 30 Prozent ergibt sich ein Jahresgewinn je Aktie zwischen 16,53 und 16,58 Dollar – der Markt bewertet die Aktie damit aktuell mit einem KGV von rund 20,5.
Verbesserte Prognosen und robuste Entwicklung
Auffällig ist, dass Adobe seine Prognosen im Jahresverlauf mehrfach angehoben hat. Ein Blick auf die Finanzkennzahlen der vergangenen zehn Jahre zeigt eine stetige Verbesserung ohne Hinweise darauf, dass künstliche Intelligenz das Geschäftsmodell in irgendeiner Weise aushöhlt. Auch die wichtigsten Produkte verzeichneten in den letzten drei Geschäftsjahren jährliche Wachstumsraten von mindestens zwölf Prozent; Document Cloud legte sogar um 23 Prozent pro Jahr zu. Die Frage drängt sich auf, ob die Befürchtung eines Niedergangs nicht überzeichnet ist.
Die Angst vor der KI-Disruption
Trotz stabiler Zahlen hält sich am Markt die Sorge, KI könne Inhalteproduktion radikal vereinfachen und dadurch die Nachfrage nach Adobes Software schwächen. Neue KI-native Wettbewerber rücken in den Fokus, vor allem für Hobbyanwender. Das Management versucht, diesem Narrativ entgegenzuwirken und bezeichnet KI als größte Chance seit Jahrzehnten. Aus professioneller Sicht ist diese Einschätzung nachvollziehbar: Steigt die Produktionsgeschwindigkeit, wächst auch der Bedarf an hochwertiger Nachbearbeitung – ein Bereich, in dem Adobe traditionell stark ist.
Adobes Strategie im Umgang mit KI
Adobe verfolgt einen modellunabhängigen Ansatz und integriert KI über die gesamte Produktpalette hinweg – von Photoshop über Illustrator bis hin zu Premiere und After Effects. Das eigene KI-Modell Firefly wurde ausschließlich mit lizenzierten Datensätzen trainiert und bietet damit Rechtssicherheit, ein entscheidender Vorteil im professionellen Umfeld. Zudem sind Anwender im Creative-Cloud-Ökosystem tief verankert, da ihre Arbeitsprozesse dort vollständig abgebildet werden. Die Einführung agentischer Workflows erhöht die Bindung zusätzlich und schafft Effizienzgewinne für Unternehmenskunden. Während der Markt auf Disruption setzt, zeigen die Zahlen das Gegenteil: Rund fünf Milliarden Dollar der Jahreserlöse gelten mittlerweile als KI-beeinflusst, gegenüber 3,5 Milliarden im Vorjahr. Retentionsraten steigen, und die Einführung von Firefly stärkt sowohl das Pro-Segment als auch das Geschäft mit Unternehmenskunden.
Bewertung und Perspektiven
Mit einem KGV von 20 erscheint Adobe für ein Technologieunternehmen günstig bewertet. Die erwartete PEG-Ratio von 1,16 und ein voraussichtliches EV/EBITDA von 12,4 lassen die Aktie fast wie einen Industrietitel wirken – dabei erreicht Adobe Bruttomargen von nahezu 90 Prozent, EBITDA-Margen um 40 Prozent und Nettomargen über 30 Prozent. Selbst gängige Bewertungsmodelle spiegeln das Potenzial kaum wider. Ein konservativ angesetztes DCF-Modell mit fünf Jahren FCF-Wachstum von sechs Prozent und einem Terminalwachstum von 2,5 Prozent ergibt einen fairen Wert von etwa 500 Dollar je Aktie – ein Aufwärtspotenzial von rund 47 Prozent. Das Unternehmen unterstreicht diese Einschätzung durch massive Aktienrückkäufe im Volumen von zwölf Milliarden Dollar innerhalb eines Jahres und einer laufenden Ermächtigung über 25 Milliarden Dollar bis 2028.
Fazit: Fundamentale Stärke gegen schwaches Narrativ
In einem insgesamt hoch bewerteten Markt wirkt Adobe wie eine seltene Gelegenheit. Die Fundamentaldaten widersprechen dem vorherrschenden Pessimismus deutlich und erinnern an die Situation von Alphabet, das noch vor wenigen Quartalen unterbewertet war, bis die Wahrnehmung drehte. Ein ähnlicher Wendepunkt könnte 2026 auch bei Adobe anstehen. Aus heutiger Sicht erscheint die Aktie als ein überzeugender Kauf mit attraktivem Chance-Risiko-Profil.
ℹ️ Adobe in Kürze
- Adobe (WKN: 871981) mit Sitz im kalifornischen San José einer der weltweit wichtigsten und bekanntesten Software-Konzerne.
- Das Unternehmen ist Marktführer bei Software für die Erstellung und Veröffentlichung eines breiten Spektrums von Inhalten, darunter Grafik, Fotografie, Illustration, Animation, Multimedia, Video und Druck.
- Zu den wichtigsten Produkten von Adobe gehören die Bildbearbeitungssoftware Adobe Photoshop, die Illustrationssoftware Adobe Illustrator sowie die Dokumenten-Managementsoftware Adobe Acrobat Reader.
- Adobe ist Mitglied in den US-Leitindizes S&P 500 und Nasdaq 100 und an der Börse aktuell ca. 144 Milliarden US$ wert.